Die Lindauer haben am Sonntag in einem Bürgerentscheid wider Erwarten für die Verlegung ihres Hauptbahnhofs gestimmt. 53,13 Prozent der Abstimmungsberechtigten votierten dafür, den Hauptbahnhof der Bodenseestadt von der Insel in den Stadtteil Reutin auf dem Festland zu verlegen und die Insel nur noch über ein Gleis anzubinden. "Die Lindauer haben ihre Meinung total geändert. Das war jetzt schon überraschend", sagte der stellvertretende Hauptamtsleiter Peter Sternbeck.
Der Entscheid werde das Verfahren wohl um Jahre verzögern, weil nun neu verhandelt werden müsse, sagte Sternbeck. Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) bezeichnete die Entscheidung als "Herausforderung für alle Beteiligten".
Rund 8500 der gut 19 200 Abstimmungsberechtigten gaben ihre Stimme ab. Damit wurde das notwendige Quorum erreicht. Das Votum ist für den Stadtrat bindend. Bei einem ersten Entscheid vor drei Monaten hatten sich die Bürger noch für eine Kombilösung ausgesprochen: Demnach hätte neben dem Bahnhof auf der Insel ein zusätzlicher Halt für Fern- und Nahverkehrszüge in Reutin eingerichtet werden sollen.
"Ich gebe offen zu, dass mir ein anderes Resultat besser gefallen hätte", teilte Zeil mit und kündigte an, schon bald Gespräche mit der Stadt Lindau und der Deutschen Bahn zu führen. Einfach würden die Verhandlungen nicht, resümierte der Minister mit Blick auf mehrere Prüfungen in den vergangenen Jahren. Dabei habe sich im Gegensatz zur Kombilösung weder eine Finanzierung, noch ein überzeugendes Betriebskonzept für den jetzigen Antrag gefunden.
Seit Jahren wird in Lindau über einen neuen Bahnhof gestritten. Bisher müssen die Züge über einen langen Bahndamm fahren, um den Kopfbahnhof am westlichen Ufer der Insel zu erreichen. Die Bahn wollte den Hauptbahnhof von der Insel auf das Festland verlegen, um die Fahrtzeit auf der Strecke München-Zürich zu verkürzen.
Die Stadträte um die parteilose Oberbürgermeisterin Petra Seidl wehrten sich zunächst dagegen, den Insel-Bahnhof aufzugeben. Nach langen Diskussionen sprach sich der Stadtrat schließlich für den vom bayerischen Verkehrsministerium vorgeschlagenen Kompromiss aus.
Beim ersten Bürgerentscheid am 11. Dezember hatten gut 61 Prozent der Lindauer für die Kombilösung gestimmt. Doch eine Bürgerinitiative um den Ex-Oberbürgermeisterkandidaten Rainer Rothfuß (CSU) hatte einen zweiten Entscheid angestrengt und für Stimmen geworben. dpa-lby