Etwas traurig liegt der Maibaum da. Keine Schnitzereien, keine Kränze, keine bunten Bänder, die im Wind flattern. Schon vor Weihnachten hatte der Heimat- und Trachtenverein in Dießen am Ammersee (Landkreis Landsberg) die Fichte gefällt, die in diesen Tagen nun festlich geschmückt und aufgestellt werden sollte. Doch daraus wird nichts. Wieder nicht.
Schon im vergangenen Jahr waren wegen der Corona-Pandemie Maifeste abgesagt worden und auch dieses Jahr sieht das Landratsamt praktisch keine Möglichkeit für derlei Brauchtumsaktivitäten. Dazu zählt das gemeinsame Schmücken des Baumes und erst recht das traditionelle Aufstellen mit bloßer Muskelkraft. Selbst das Aufstellen per Kran wurde untersagt – aus Sorge, auch dabei könnte es zu Menschenaufläufen kommen.
Maifeier verboten: In Dießen ist die Enttäuschung groß
Die Enttäuschung beim dortigen Heimat- und Trachtenverein ist deshalb groß – die Hoffnung aber noch nicht ganz aufgegeben. „Wir warten jetzt erst einmal ab, sagt Claudia Huber, die zweite Vorsitzende des Vereines, mit Blick auf die Infektionszahlen. „Vielleicht können wir den Baum heuer ja noch aufstellen.“ Und wenn nicht? „Dann eben nicht.“
Bayernweit gibt es keine einheitlichen Regelungen zur Maibaumthematik – die Landratsämter betonen jedoch unisono, dass die Kontaktbeschränkungen weiterhin gelten, das heißt: Keine Menschenansammlungen, keine privaten Feiern mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt. Michael Ritter bekommt diesbezüglich immer wieder Anfragen. „Viele hatten wohl auf Lockerungen gehofft, weil der Maibaum Tradition hat“, sagt der Fachbereichsleiter beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Doch auch er könne nicht mehr tun, als die geltenden Beschränkungen verweisen.
Maibaum im Sommer? "Es wäre einfach nicht dasselbe"
Mancherorts führt das zu Resignation. So wie in Donauwörth. „Wir dürfen praktisch nichts machen, vermissen die Vereinsaktivitäten“, klagt Claudia Krau, Vorsitzende des hiesigen Trachtenvereins. „Wir haben kurz überlegt, uns kleine Maibäume zuhause zu schmücken“, erzählt Kraut, die aber schnell von der Idee Abstand genommen hat: „Es wäre einfach nicht dasselbe.“ Auch eine Verschiebung auf den Sommer sei daher keine Option: „Das wäre dann eben nicht der 1. Mai.“ Im vergangenen Jahre hatten manche Orte im Spätsommer oder gar Herbst „Maibäume“ aufgestellt – mitunter bei Regen und Herbstwetter.
Nicht ganz auf einen Maibaum verzichten will man derweil in Altusried (Landkreis Oberallgäu). Dort stellte man zumindest eine etwa ein Meter hohe Nachbildung auf. Der eigentliche Maibaum der Gemeinde ist etwa 27 Meter hoch – mit ihm musste sich zuletzt sogar das Amtsgericht beschäftigen. Ein Nachbar hatte geklagt, weil er den Maibaum als Grund für eine übermäßige Verschmutzung mit Vogelkot auf seinem eigenen Grundstück ausgemacht hatte. Der Vorsitzende des Altusrieder Trachtenvereins, Franz Merk, hat daran so seine Zweifel: „Das muss mir mal einer zeigen, dass so ein Vogel acht oder zehn Meter quer scheißt“, sagt er. Bei der aktuellen Miniatur-Variante gebe es aber ohnehin keine Probleme.
Mini-Maibäume in Gilching
Stichwort Miniatur: Eine Gemeinde im Landkreis Starnberg hat sich in Sachen Maibaum eine alternative Lösung ausgedacht. Als sich abzeichnete, dass es dieses Jahr keine Maifeier geben werde, griff der Vorsitzende des Gilchinger Brauchtumsvereins René Weber zu Holzplatten, Schaschlikspießen und Zahnstochern. Daraus stellte er gemeinsam mit neun weiteren Helfern Mini-Maibäume her, etwa 30 Zentimeter hoch, zunächst etwa 50. „Das musste eigentlich reichen“, habe sich Weber damals gesagt – und wurde prompt eines Besseren belehrt. „Es kamen plötzlich unglaublich viele Anfragen, und das bis heute“, erzählt der Vereinsvorsitzende und machte sich dann mit seinen Mitstreitern wieder an die Arbeit. Um die 260 Maibäume im Miniformat habe er mittlerweile gefertigt, „an einem Tag haben wir etwa 100 Stück geschafft.“
Die Idee war es, die Bauteile lediglich zusammenstecken zu müssen, die Materialien aus dem lokalen Baumarkt seien dabei sehr hilfreich gewesen. „Einen kleinen Gewinn haben wir aus dem Verkauf dann schon erzielt“, sagt Weber, „auch wenn die Aktion nicht darauf ausgelegt war.“ Das Geld floss dann in die Vereinskasse. Mit Steckerlfisch und Schweinshaxn vom Dorfmetzger werde die „Maibaumfeier dahoam“ dennoch ein Erfolg, ist sich Weber sicher.
Maibaum fürs Wohnzimmer aus Niederbayern
Eine ähnliche, wenn auch etwas größere Idee hatte Andrea Bugl mit ihrer Schwester Karin in Train im niederbayerischen Landkreis Kelheim. Aus Pflöcken, die normalerweise junge Bäume nach dem Umpflanzen stützen, haben sie einen etwa 2,50 Meter hohen Maibaum zusammengestellt: für den Garten, oder – im Christbaumständer – fürs Wohnzimmer. Auch diese Kreation finde Anklang: „Wir sind jetzt bei guten 200. Jeden Tag kommen neue Bestellungen rein“, sagt Bugl. Mitgeliefert werden je nach Wunsch Wappen, Farben, Bänder und Fahne.
In der niederbayerischen Stadt Deggendorf wird die Maifeier derweil ins Internet verlegt. Dort können Interessierte am Vorabend des 1. Mai online in einem Video den Weg des neuen Maibaums aus dem Wald bis zum Stadtplatz verfolgen – und sehen, wie der Baum hergerichtet wird. Für Volksfeststimmung sorgt online die Deggendorfer Stadtkapelle, und die Brotzeit dazu gibt’s aus einer Gaststätte to go – mit Freibier. (mit dpa)
Lesen Sie dazu auch:
- Wieda koa Wiesn? Absage des Münchner Oktoberfest scheint wahrscheinlich
- Klosterbeurerin will Bayerische Bierkönigin werden: Voting ist gestartet
- Trotz geplanter Spende: Augsburg lehnt Luftfilter für alle Schulklassen ab