Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat zu einer weniger aufgeregten Debatte über ein umstrittenes Papier aus dem Vatikan aufgerufen. Am Dienstagabend sagte er während einer Online-Fragerunde auf Facebook: „Die Diskussion ist zu emotionalisiert.“
Augsburgs Bischof Meier ruft zu einer weniger aufgeregten Debatte über Vatikan-Papier auf
Damit spielte Meier auch auf Äußerungen seiner Mitbrüder an. In den vergangenen Tagen hatten sich gleich mehrere Bischöfe ungewöhnlich kritisch zu der Instruktion mit dem – wenig spannend klingenden – Titel „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ geäußert. Die am 20. Juli veröffentlichte Instruktion, eine Art Verwaltungsanweisung an die katholischen Diözesen, birgt Diskussions- und Sprengstoff. Denn in ihr werden, unter anderem, Leitungsteams für Gemeinden aus Pfarrern und Laien ausgeschlossen – auch und gerade „im Falle des Priestermangels“.
Engagierte Katholiken und einige deutsche Bischöfe sehen darin ein verheerendes Signal. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte etwa, das Schreiben der Kleruskongregation sorge dafür, dass „neu Misstrauen gesät, Gräben vertieft werden“. Bertram Meier äußerte sich erstmals bereits am vergangenen Donnerstag dazu – und erschien danach als einer der wenigen deutschen Bischöfe, die das Vatikan-Papier positiv bewerten. Seine Diözese könne „mit den Vorgaben aus Rom gut leben“, sagte er, und ergänzte: „Die wahre Erneuerung der Kirche setzt weniger auf eine Veränderung von Strukturen, sie muss tiefer an die Substanz gehen: Ziel ist eine geistliche Reform.“
Die Instruktion stößt Gläubige und einige Bischöfe vor den Kopf
Am Dienstagabend nun wurde Meier etwas konkreter. „Die Instruktion will nicht eine Entmachtung der Laien“, sagte er. Er selbst trete für eine „kooperative Gemeindeleitung“ ein, für die sich Pfarrer mit kompetenten Laien, Frauen wie Männern, umgeben sollten. „Der Pfarrer ist kein Solist.“ Er wolle, betonte Meier, auch kein „katholisches Kastenwesen“ pflegen, nicht die Entrückung von Klerikern in eine Kaste. „Der Kleriker steht im Dienst des Volkes Gottes“, erklärte der Bischof, und führte aus: „Der Pfarrer ist Hirte, aber nicht der Platzhirsch. Er ist inmitten der Herde – und die besteht nicht aus blökenden Schafen.“ Ihm gehe es nicht darum, Konkurrenzen zwischen Laien und Klerikern aufzubauen. Zugleich betonte der Augsburger Bischof, dass Priestern die letzte Entscheidung etwa bei Fragen der Leitung von Gemeinden vorbehalten bleiben müsse. Ein Pfarrer dürfe nicht von der Kirchenverwaltung „heruntergestimmt“ werden, sagte er.
In den vergangenen Tagen hatten gleich mehrere deutsche Bischöfe das Vatikan-Papier massiv kritisiert. Zuletzt sagte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige, dass die Instruktion „neben Ratlosigkeit und Verärgerung auch großen Schaden“ hinterlasse. „Manche wird sie demotivieren, sich für unsere Kirche überhaupt noch einzusetzen.“ Die römische Kongregation für den Klerus habe die Instruktion, so Feige, „mitten im ‚Sommerloch‘ ohne vorherige Konsultation mit uns Bischöfen oder Ankündigung“ veröffentlicht. Als Bischof lasse er sich „von deren restriktiven Anordnungen aber nicht lähmen und blockieren, da vieles darin ziemlich wirklichkeitsfern ist – besonders was unsere extreme Diaspora-Situation betrifft, die man sich offenbar gar nicht vorstellen kann“. In dem Schreiben würden „auch keinerlei positive Lösungsmöglichkeiten angesichts des noch größer werdenden Priestermangels aufgezeigt“.
Bischof Bertram Meier: "Wir dürfen keine Leichen im Keller haben"
Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte dazu, allerdings etwas grundlegender, dass sich in der Deutschen Bischofskonferenz, dem Zusammenschluss der 27 deutschen Diözesen, „sehr unterschiedliche Leute“ befänden. Die Bischöfe – die er als „27 Fürsten“ bezeichnete – seien aber auch in unterschiedlichen Gebieten in Deutschland tätig, „und diese prägen auch einen Bischof“. Meier meinte damit, dass ein Bischof wie Feige, der in der katholischen Diaspora wirkt, über bestimmte Fragen anders denkt als beispielsweise ein Bischof in Bayern, wo es noch volkskirchliche Strukturen gibt. Öffentliche Kritik an einem seiner Mitbrüder wolle er nicht üben, erklärte der Augsburger Bischof. „Einheit ist ein hohes Gut“, sagte er. Innerhalb der Kirchenmauern könne man Tacheles reden, in der Öffentlichkeit wolle er das vermeiden.
Mit der „Pastoralen Raumplanung 2025“, die maßgeblich von Meiers Vorgänger Konrad Zdarsa auf den Weg gebracht wurde, habe das Bistum Augsburg eine „gute strukturelle Reform“, sagte der Bischof. In den vergangenen Jahren wurden wegen sinkender Priester- und Katholikenzahlen unter anderem Pfarreien zu Pfarreiengemeinschaften zusammengeführt. Künftig werde man aber „sicher schauen müssen, ob die Strukturen noch passen“, sagte Bertram Meier. Erst kürzlich war die Kirchenstatistik für 2019 veröffentlicht worden. Demnach traten im Bistum Augsburg 15.532 Katholiken aus der Kirche aus, ein Negativ-Rekord. Im Vorjahr waren es 12.981. Nur drei Diözesanpriester wurden 2019 neu geweiht. Vor diesem Hintergrund sieht Meier auch sein Amtsverständnis: „Transparenz und Konsequenz“. Was auf der einen Seite und mit Blick auf kirchliche Skandale für ihn bedeutet: „Wir dürfen keine Leichen im Keller haben.“ Auf der anderen Seite müsse immer danach gefragt werden: „Was ist unser Kerngeschäft?“ Die klare Antwort Meiers: die Pastoral, also die Seelsorge. Um diese auch in Zeiten eines drastischen Priestermangels gewährleisten zu können, denkt Meier unter anderem an eine Ausweitung bei den Gottesdienstformen. So kann er sich von Laien durchgeführte Wortgottesfeiern, auch an Sonntagen, oder ein verstärktes Angebot an Andachten vorstellen.
Meier: Mundkommunion nicht besser als Handkommunion
Grundsätzlich gilt für ihn dabei, dass die „Form nicht so wichtig sein sollte“. Wie bei der Frage: Hand- oder Mundkommunion? Mundkommunion sei nicht besser als Handkommunion, stellte Meier am Dienstagabend bei der Online-Fragerunde auf Facebook klar. „Handkommunion ist genauso, wie wenn ich mir die Hostie in den Mund legen lasse“, sagte er.
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