Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Bildung: Lehrermangel: Berufsschulen suchen dringend Quereinsteiger

Bildung

Lehrermangel: Berufsschulen suchen dringend Quereinsteiger

    • |
    Auch im Berufsschulzentrum in Kempten unterrichten Quereinsteiger. Vor allem in den technischen Fächern sind Lehrer Mangelware.
    Auch im Berufsschulzentrum in Kempten unterrichten Quereinsteiger. Vor allem in den technischen Fächern sind Lehrer Mangelware. Foto: Ralf Lienert (Archivfoto)

    Rainer Müller wagte den Schritt. Er wurde Berufsschullehrer. Dabei hatte der Elektroingenieur in der freien Wirtschaft gutes Geld verdient. Im Auftrag seines Unternehmens war er durch ganz Bayern gereist, um namhafte Firmen im Umgang mit 3D-Messsystemen zu schulen. Doch 2009 war Schluss. „Das Unterrichten machte mir Spaß. Und in meinem alten Job musste ich extrem flexibel sein“, sagt der 40-Jährige. „Ich wollte aber nach sechs Jahren ein geregelteres Leben führen und mehr Zeit für meine Familie haben.“ Also ließ sich Müller zum Berufsschullehrer umschulen. Er ging an die Uni, machte das Staatsexamen im Fach Elektrotechnik und begann, statt Firmenkunden Schüler zu unterrichten. Seit 2012 arbeitet Müller als verbeamteter Lehrer an der Berufsschule in Lauingen, Landkreis Dillingen.

    Immer mehr Quereinsteiger an Berufsschulen

    Müller ist kein Einzelfall. In den vergangenen Jahren haben immer mehr bayerische Berufsschulen auf sogenannte Quereinsteiger zurückgegriffen, um den Mangel an klassisch ausgebildeten Berufsschullehrern auszugleichen. Doch noch immer fehlen vielen Berufsschulen in Bayern Lehrer. Allein 2016 standen 780 offenen Stellen ein Angebot von 470 frisch ausgebildeten Berufsschullehrern gegenüber, wie die Lehrerbedarfsprognose des Bayerischen Bildungsministeriums zeigt. In dieser Statistik werden eventuelle Bewerber aus anderen Bundesländern und bayerische Bewerber aus früheren Prüfungsjahrgängen nicht berücksichtigt.

    Die Folgen der Flüchtlingskrise haben den Lehrermangel verschärft. Viele der Geflüchteten werden nun in Berufsschulen unterrichtet. Auch deshalb setzte das Bildungsministerium in den beiden vergangenen Jahren ein Umschulungsprogramm für Realschul- und Gymnasiallehrer auf.

    Zusätzliche Lehrer sind gefragt

    Seit Jahren gefragt sind zudem Masterabsolventen und Diplom-Ingenieure in den Fachrichtungen Metalltechnik, Elektro- und Informationstechnik sowie Druck- und Medientechnik. All diese Fächer bietet die Staatliche Berufsschule I in Kempten an. Der Pflichtunterricht sei auch dieses Jahr gewährleistet, sagt Schulleiter Hanns Deniffel. Dennoch könnte er zusätzliche Lehrer gut brauchen. Auch Deniffels Schule beschäftigt Quereinsteiger. „Die haben sich sehr gut integriert“, lobt er. „Trotzdem muss ich sagen, dass eine bodenständige Berufsschulausbildung noch immer der ideale Weg ist.“

    Manfred Güll, der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, ist überzeugt, dass auch künftig Quereinsteiger gebraucht werden. Die derzeitigen Maßnahmen des Bildungsministeriums gehen dem SPD-Politiker aber nicht weit genug. Man müsse mehr machen, um Quereinsteigern den Wechsel an die Berufsschule schmackhaft zu machen, fordert er. „Wir müssen klipp und klar sagen, dass wir die Leute brauchen.“

    Ministerium rechnet bald wieder mit mehr Bewerbern

    Das Bildungsministerium ist anderer Meinung. Der Beruf des Berufschullehrers sei „attraktiv“, heißt es auf Nachfrage. Das Ministerium verweist auf die vielen Bewerber aus der freien Wirtschaft. Auch der Anteil an klassisch ausgebildeten Berufsschullehrern in Bayern sei vergleichsweise hoch.

    Der neue Arbeitsplatz des Elektroingenieurs Rainer Müller: Die Berufsschule in Lauingen.
    Der neue Arbeitsplatz des Elektroingenieurs Rainer Müller: Die Berufsschule in Lauingen. Foto: Stephanie Sartor (Archiv)

    Womöglich könnte es an bayerischen Berufsschulen bald wieder mehr Lehrer geben. Laut Bildungsministerium könnte es bereits 2020 wieder mehr Bewerber als Stellen geben. Vielleicht sind dann weniger Quereinsteiger gefragt. Rainer Müller kann das egal sein. Er hat seinen Wunschjob gefunden. Feste Stundenpläne haben volle, unberechenbare Terminkalender abgelöst. Zudem kann Müller nun die kompletten Wochenenden mit seiner Familie verbringen. „Ich habe einen tollen Beruf“, sagt er. „ Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit.“

    Einen aktuellen Bericht zum Lehrermangel an Grundschulen lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden