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Besuch: Joachim Gauck in München: Allseits hofiert

Besuch

Joachim Gauck in München: Allseits hofiert

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    Der Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, wird im Maximilianeum in München von den Landtagsfraktionsvorsitzenden, Markus Rinderspacher (SPD, von links), Margarete Bause (Grüne), Thomas Hacker (FDP), Georg Schmid (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zur Begrüßung erwartet.
    Der Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, wird im Maximilianeum in München von den Landtagsfraktionsvorsitzenden, Markus Rinderspacher (SPD, von links), Margarete Bause (Grüne), Thomas Hacker (FDP), Georg Schmid (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zur Begrüßung erwartet. Foto: dpa/lby

    Einen kleinen Seitenhieb kann sich Joachim Gauck dann doch nicht verkneifen: Rund eine Stunde hatte sich der Bundespräsidenten-Kandidat bei der CSU in München vorgestellt. Parteichef Horst Seehofer hatte Gauck danach vor den Mikrofonen und Kameras die volle Unterstützung der

    Vor allem in der CSU gibt es an diesem Tag einen gewissen Erklärungsbedarf zu der Frage, warum der Kandidat, der vor knapp zwei Jahren nicht die Zustimmung bei Union und FDP fand, nun in den Reihen der Christsozialen auf so große Begeisterung stößt. CSU-Chef Seehofer hat dafür eine griffige Erklärung: „Über mich hat man in der CSU auch schon mal anders geredet“, sagt er – und meint den Wettstreit, in dem er 2007 Erwin Huber im Kampf um den Parteivorsitz unterlag. Erst abgelehnt zu werden und dann doch noch zu obsiegen – das gehört in der Politik zur Normalität, findet zumindest Seehofer.

    Diesmal darf der Kandidat vor allen Abgeordneten sprechen

    Und doch ist gerade der anschließende Besuch des Kandidaten im Bayerischen Landtag nicht ohne Brisanz: Vor zwei Jahren, als sich Gauck als Kandidat der Opposition im Maximilianeum präsentierte, wagte es nur eine Handvoll Liberale und Christsoziale, dem Vortrag im Plenarsaal zuzuhören. Diesmal darf Gauck vor Abgeordneten aller fünf Fraktionen im Landtag sprechen.

    Zitate von Joachim Gauck

    "Unsäglich albern" (16.10. 2011, zur Finanzmarkt-Debatte)

    "Das wird schnell verebben." (16.10.2011, zur internationalen Protestbewegung "Occupy")

    "Wir träumten vom Paradies und wachten auf in Nordrhein-Westfalen." (24.06.2010, über die Ernüchterung vieler Ostdeutscher über das Leben im wiedervereinigten Deutschland)

    "Ich würde in der Tradition all derjenigen Bundespräsidenten stehen, die sich gehütet haben, die Politik der Bundesregierungen zu zensieren. Mancher wünscht sich ja einen Bundespräsidenten wie einen Kaiser, als letzte Instanz über allem - das darf er nicht sein." (25.6.2010, bei seinem ersten Anlauf zur Präsidentschaft im Fernsehsender n-tv über sein Amtsverständnis.)

    "Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten." (3.10.2010 bei einer Feierstunde im Berliner Abgeordnetenhaus zum Einheits-Jubiläum)

    "Denn als Bürger der DDR haben ich und viele andere Menschen im ganzen Osten Europas Ohnmacht erlebt und trotz Ohnmacht Ähnliches geschafft: Es gibt ein wahres Leben im falschen.". (10.10.2010 bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an den israelischen Schriftsteller David Grossmann)

    «Verantwortung ist dem Untertan meistens fremd. Was er am besten kann, ist Angst haben.» (1999 über Furcht vor der Freiheit bei Menschen in Ostdeutschland)

    "Wir sind nicht dazu da, vor dem Verbrechen zu kapitulieren und vor dem Unheil zu flüchten." (29.11.2010, vor der Entgegennahme des Geschwister-Scholl-Preises)

    „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik.“ (2011 über Thilo Sarrazin und sein Buch über Migrationspolitik.

    «Es schwächt die Schwachen, wenn wir nichts mehr von ihnen erwarten.» (3.10.2010 bei einer Feierstunde zum Einheits-Jubiläum)

    "Wir dürfen uns von den Fanatikern und Mördern nicht unser Lebensprinzip diktieren lassen." (27.7.2011, bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten aus Sicherheitsaspekten als Reaktion auf Terror)

    "Geben Sie mir einfach noch ein wenig Zeit." (17.2.2012, auf die Frage eines Reporters, ob er bereit für eine Kandidatur als Bundespräsident sei)

    CSU-Fraktionschef Georg Schmid kann daran nichts Ungewöhnliches finden: „In der Politik kann man es sich nicht immer aussuchen – damals war die Situation eben so.“ Und FDP-Fraktionschef Thomas Hacker weist darauf hin, dass Gauck 2010 ja auch ein Kampfkandidat von Rot-Grün gegen Wulff gewesen sei: „Die Person Gauck war immer präsidiabel“, sagt der Liberale: „Und jetzt ist er aus unserer Sicht sicher die Idealbesetzung.“

    Die Opposition mag sich bei solchen schwarz-gelben Klimmzügen ein wenig Schadenfreude nicht verkneifen: „Wir hätten uns einen Haufen Zeit und Ärger sparen können, wenn wir es schon damals gemacht hätten“, findet etwa Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause mit Blick auf Gaucks anstehende Wahl zum Bundespräsidenten. „Ich bin sicher nicht der, der nun sagt: Ich habe es schon immer gewusst“, stichelt Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, „trotzdem ist es schon lustig, wie sie sich jetzt bei der CSU rückwärts überschlagen.“

    Seehofer hatte bereits am Nachmittag erklärt, Gauck sei schon Mitte der 90er Jahre als Gast der CSU in Wildbad Kreuth gewesen: „Allein das ist ausreichendes Rüstzeug für das hohe Amt, das er jetzt antreten wird.“ Und 1999 habe Edmund Stoiber Gauck als möglichen Bundespräsidenten ins Spiel gebracht, wusste Seehofer zu berichten.

    Gauck selbst hält sich von solchen parteipolitischen Scharmützeln fern. Er lobt lieber die „offenen Begegnungen“ mit den Vertretern aller Parteien. Er sei überall „auf große bayerische Liberalität getroffen“, sagt er nach seiner Rede im Landtag. „Auch an Orten, wo ich sie gar nicht vermutet habe.“

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