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Beerdigung: Sag beim Abschied leise Servus...

Beerdigung

Sag beim Abschied leise Servus...

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    Johannes Heesters beigesetzt
    Johannes Heesters beigesetzt

    München Der Münchner Nordfriedhof ist ein ehrwürdiger, aber kein besonders heimeliger Ort. An diesem Vormittag schon gar nicht. Eine graue Wolkendecke hängt über der Stadt. Vor der Aussegnungshalle an der vierspurigen Ungererstraße warten Fotografen und Kamerateams, Fans und Schaulustige in der Kälte. Polizisten und Ordner halten den Zugang frei. Nach und nach treffen die 200 Gäste ein, die zur Trauerfeier für Johannes Heesters eingeladen wurden. Simone Rethel (62), die Witwe des Schauspielers, Sängers und Entertainers, der an Heiligabend im Alter von 108 Jahren in Starnberg gestorben ist, wollte es so: Nur die Familie, enge Freunde und Kollegen sollten in der Kirche dabei sein.

    Es war, wie Teilnehmer berichteten, eine würdige und bewegende, sehr nachdenkliche und phasenweise sogar fröhliche Trauerfeier. Der frühere Starnberger Pfarrer Konrad Schreiegg gestaltete die Zeremonie. Die weiteren Reden hielten der frühere Leiter der Berliner Komödie am Kurfürstendamm, Jürgen Wölffer, der Düsseldorfer Theaterdirektor René Heinersdorff, Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle und der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel.

    Pfarrer Schreiegg nannte es beeindruckend, dass Heesters trotz seiner jahrzehntelangen Berühmtheit sich „seine Einfachheit und Schlichtheit“ bewahrt hat. Er habe seine Grenzen gekannt, habe sein Metier nicht überschritten und sei authentisch geblieben. In seinem wirklichen Leben sei er nie der Sunnyboy gewesen, den er auf der Bühne so überragend gegeben habe.

    Der CSU-Politiker Spaenle würdigte Heesters als faszinierenden Künstler und Menschen. „Ich bin überzeugt: Die Erinnerung an Johannes Heesters wird fest wie ein Denkmal stehen“, sagte Spaenle, „in den Herzen seiner Familie und in den Millionen Herzen all derer, die ihn als Künstler und Mensch bewundert und verehrt haben.“

    Einen besonderen Trost konnte Ex-Wissenschaftsminister Thomas Goppel der Witwe und den Kindern Heesters spenden. Auch sein Vater, der frühere Ministerpräsident Alfons Goppel, sei vor 20 Jahren an Heiligabend gestorben. Dies sei in der Familie zunächst mit Erschrecken aufgenommen worden, weil dieser Tag für Christen ein Tag der Geburt und der Hoffnung sei. Doch Christen wüssten auch, dass der Tod nicht das Ende sei. „Jetzt fängt das Leben erst richtig an, das wünschen wir ihm“, sagte Goppel und sprach in seiner Rede auch den schwierigsten Punkt in Heesters Biografie an: seine Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus. Hitler habe die „fröhliche Unbefangenheit“ des Künstlers für seine politische Propaganda „entdeckt, gebucht und damit bald unbemerkt eingesackt“. Goppel zitierte Heesters späteres Eingeständnis, dass er sich ein Leben lang dafür geschämt habe, im Konzentrationslager Dachau gesungen zu haben, und er sagte: „Johannes Heesters war in dieser Zeit nicht konform, sondern wie seine Theaterwelt insgesamt missbraucht.“

    Anrührender Höhepunkt der Trauerfeier war nach Aussage von Teilnehmern der Auftritt von Heesters Tochter Nicole. Sie trug ein Gedicht für ihren Vater vor, das mit den Worten begann: „Als ob der Himmel die Erde küsst...“

    Bis kurz nach 12 Uhr sind schon mehrere Hundert Fans und Schaulustige auf dem Friedhof eingetroffen. Sie warten hinter der Aussegnungshalle und am offenen Grab, das von einer mannshohen Steinmauer umgeben in einer Ecke unter Bäumen liegt. Viele Frauen haben weiße Rosen in der Hand. Als sich die Tür der

    Heesters Sarg ist mit weißen und gelben Blumen geschmückt. Der Trauerzug mit Simone Rethel, den Heesters-Töchtern Wiesje und Nicole, Angehörigen, Freunden und Kollegen – viele von ihnen tragen einen weißen Schal, Heesters Markenzeichen – nimmt nicht den kürzesten Weg zum Grab, sondern macht einen großen Bogen um die Friedhofswiese. Die Menschen bilden eine lange Gasse. Einige Dutzend von Kränzen liegen am Wegesrand und rund ums Grab.

    Es wird gebetet. Pfarrer Schreiegg spricht letzte tröstende Worte. Simone Rethel, die ihren Jopie bis zuletzt gepflegt hat, vergießt bittere Tränen, lässt einen Strauß roter Rosen auf den Sarg fallen und verstreut darüber noch weiße Rosenblätter. Währenddessen kommt – als wär’s bestellt – für wenige Minuten auch noch die Sonne raus.

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