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Bayern vs. Österreich: "Pickerlstreit" eskaliert: Jetzt droht die Totalsperre der Inntalautobahn

Bayern vs. Österreich

"Pickerlstreit" eskaliert: Jetzt droht die Totalsperre der Inntalautobahn

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    Wegen zweier Protestkundgebungen werden Lkw- und Autofahrer am kommenden Sonntag, 1. Dezember, mit Verkehrsbehinderungen auf der Inntalautobahn rechnen müssen.
    Wegen zweier Protestkundgebungen werden Lkw- und Autofahrer am kommenden Sonntag, 1. Dezember, mit Verkehrsbehinderungen auf der Inntalautobahn rechnen müssen. Foto: Roland Mühlanger, imago

    Finden die Bundesregierung in Wien und die bayerische Staatsregierung nicht in letzter Minute zueinander, droht am Sonntag die Totalblockade der Inntalautobahn - auf bayerischer und auf Tiroler Seite.

    Österreich beharrt darauf, vom 1. Dezember an die Vignettenpflicht zwischen der Grenze in Kiefersfelden und der Anschlussstelle Kufstein-Süd der A12 zu kontrollieren. Den bisherigen Verzicht darauf, von dem vor allem Wintersportler aus Bayern auf ihrem Weg in die Tiroler Skigebiete profitieren, soll es dann nicht mehr geben.

    Blockaden auf beiden Seiten der Inntalautobahn geplant

    Bleibt Wien unnachgiebig, wird es am Sonntag die wohl erste Demonstration auf einer bayerischen Autobahn geben. Das Landratsamt in Rosenheim hat eine Protestaktion der Bürgerinitiative "Keine Maut ab Grenze" auf der A93 zugelassen. Um 10.00 Uhr soll auf den Fahrbahnen Richtung Süden eine Kundgebung stattfinden.

    Behördensprecher Michael Fischer betont allerdings, dass die Demo auf bayerischer Seite nur möglich sei, weil auch Tiroler Anlieger die Autobahn am Sonntag blockieren wollen - und zwar zwischen 9.00 und 12.00 Uhr in beiden Richtungen. Der Verkehr Richtung Süden wird währenddessen an der Abfahrt Kiefersfelden ausgeleitet - lange Staus sind am ersten Sonntag im Advent also programmiert.

    Inntalautobahn: Am Sonntag droht die Totalblockade

    Maut in Europa

    Derzeit werden in über 20 europäischen Ländern Autobahngebühren verlangt.

    Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Systeme unterschieden: Entweder wird jeder gefahrene Kilometer einzeln abgerechnet oder der Fahrer muss eine Zeit-Vignette kaufen.

    Zusätzlich zur Streckenmaut werden in vielen Ländern Gebühren für die Benutzung von Tunneln und Brücken bzw. für Fahrten durch die Innenstädte erhoben.

    In Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Portugal, Serbien und Spanien ist eine streckenabhängige Mautgebühr zu entrichten.

    Vignettenpflicht herrscht in diesen Ländern: Bulgarien, Österreich, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

    Deutschland: Die deutsche Lkw-Maut wurde 2005 für Autobahnen eingeführt und hatte massive Startschwierigkeiten. Mittlerweile hat sich das deutsche System der Toll Collect GmbH bewährt. Dabei werden alle Güterfahrzeuge ab zwölf Tonnen berücksichtigt.

    Italien: Auf einem Großteil der italienischen Autobahnen wird für alle Fahrzeuge eine streckenabhängige Maut erhoben. Die Höhe der Gebühren ist an den Fahrzeugtyp sowie an den Bau- und Unterhaltungsaufwand der Strecke gekoppelt. In den meisten Fällen wird an der Autobahnauffahrt eine Karte gezogen, über die beim Verlassen der Autobahn der fällige Betrag abgerechnet wird.

    Österreich: Die Autobahn-Maut in Österreich wird für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen durch die Vignette geregelt. Das so genannte Pickerl muss gut sichtbar am Auto bzw. Motorrad angebracht werden und ist preisbedingt bis zu einem Jahr gültig.

    Schweiz: In der Schweiz gibt es schon seit 1985 eine Vignette für die Benutzung der Autobahnen. Der Beschluss wurde im Rahmen einer Volksabstimmung gefasst.

    Frankreich: 1955 wurde in Frankreich ein Gesetz zur Einführung eines Mautsystems erlassen, das den privaten Ausbau des Autobahnnetzes fördern sollte. Heute wird beim Verlassen der Autobahn eine streckenabhängige Gebühr verlangt, die außerdem an die Wegbaukosten und die Höhe des Fahrzeuges gebunden ist.

    An diesem Freitag soll es in Kufstein einen letzten Einigungsversuch geben. Dann wollen sich Vertreter des Wiener Verkehrsministeriums, der Tiroler Landesregierung und Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) mit örtlichen Abgeordneten und Kommunalpolitikern an einen Tisch setzen. 

    Bisher hat Bures aber keinerlei Signale in Richtung einer Annäherung ausgesandt. Die Asfinag riet stattdessen am Dienstag in einer Zeitungsanzeige: Frühzeitig Vignette kleben, Ausnahme vorbei.

    Inntalautobahn: Österreich verzichtete bislang auf die Vignette

    16 Jahre lang hatte die Alpenrepublik auf dem wenige Kilometer langen Autobahnabschnitt auf die Vignette verzichtet, um den Verkehr nicht durch die Orte entlang der Fernstraße zu lenken. Genau das befürchten die Bürger zwischen Oberaudorf und Kufstein aber nun. "Kommt die Maut, werden wir künftig an jedem Wochenende mit Ausweichlern überflutet", schimpfte Kiefersfeldens Bürgermeister Erwin Rinner am Mittwoch im Münchner Merkur.

    Unterstützung bekommen die Bewohner der betroffenen Gemeinden im Inntal von hoher Stelle. "Ich bedauere die Uneinsichtigkeit der österreichischen Bundesregierung sehr", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schon vor zwei Wochen, als sich seine Wiener Kollegin Bures erneut geweigert hatte, die Ausnahmeregelung bis zum Sommer 2015 zu verlängern.

    Bis dahin solle eine Lösung des Problems für Bayern und das österreichische Bundesland Tirol gefunden werden, so das Argument Herrmanns. Auch die Tiroler Nachbarn sind auf der Seite der Bayern. Die dortige Verkehrsministerin Ingrid Felipe (Grüne) befürwortet die eineinhalbjährige Übergangsfrist. dpa

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