Wenn am Freitag die Sommerferien in Bayern und Baden-Württemberg beginnen, müssen sich die Urlauber auf lange Staus einstellen, wenn sie über den Brenner in Richtung Süden wollen. Ein Transit-Gipfel der Verkehrsminister Deutschlands, Österreichs und Bayerns mit dem Tiroler Landeshauptmann Günther Platter in Berlin brachte zwar eine atmosphärische Verbesserung im hitzigen Streit um die Überlastung der Strecke, an der Sache ändert sich aber erst einmal nichts. Tirol macht weiter dicht und hält an seinen Fahrverboten fest.
„Das bleibt unverrückbar, da habe ich keinen Millimeter nachgeben“, sagte Platter nach dem Treffen. Erst wenn eine Entlastung der Tiroler zu spüren sei, werde er die „Notmaßnahmen“ aufheben. „Seit Jahrzehnten ist nichts passiert“, kritisierte Platter die zahlreich gebrochenen Zusagen, die Blechkarawane kleiner zu machen. Bis Mitte September dürfen Reisende an Wochenenden nicht mehr von der Autobahn abfahren, um sich auf Landstraßen durchzuschlagen.
Auch die Brummi-Fahrer, die ihre tonnenschwere Fracht Richtung Österreich und Italien transportieren, werden weiter viel Geduld mitbringen müssen. Am Grenzübergang Kufstein wird die Polizei den Schwerlastverkehr wie bisher bremsen und nur 350 Lkw pro Stunde passieren lassen. Blockabfertigung lautet das Reizwort aller Fuhrunternehmer. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte schon vor Wochen angekündigt, eine Klage gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof zu prüfen.
Scheuer nennt die Blockabfertigung "Blödsinn"
Immerhin verabredeten die Minister und der Landeshauptmann, dass Österreich früher ankündigen wird, wann in die freie Fahrt für Lastwagen eingegriffen wird. Die Einigung ist Teil eines Zehn-Punkte-Plans, den die vier Politiker verabschiedeten. Mit intelligenten Verkehrsleitsystemen soll die Masse der Lkw ab Anfang 2020 außerdem besser gesteuert werden, sodass weniger am Flaschenhals auflaufen.
Scheuer nannte die Blockabfertigung „Blödsinn“, die für Staus auf der Inntalautobahn von teilweise über 30 Kilometer Länge verantwortlich ist. Davon abgesehen waren er und seine Gäste sichtlich darum bemüht, ihre gute Gesprächsgrundlage nicht zu zerreden. „Sie brauchen sich keine Sorgen, um die guten nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich zu machen“, meinte der CSU-Politiker.
Dabei hatte im Vorfeld des Treffens Bayerns Ministerpräsident für deutliche Worte gesorgt: „Wenn die österreichischen Freunde sagen: ,Wir wollen keine bayerischen Autofahrer und Touristen bei uns‘, dann muss man das schweren Herzens respektieren. Zum Glück kann man im Allgäu, in Garmisch oder in Berchtesgaden genauso Skisport betreiben wie in Kitzbühel“, sagte Markus Söder.
Bayern und Tirol wollen Zugverkehr stärken
Einigkeit herrschte hingegen darüber, dass viel mehr Güter und Reisende mit der Bahn transportiert werden müssten. Deutschland hängt aber beim Ausbau der Gleise gen Österreich zehn Jahre hinterher. Der Bundesverkehrsminister versprach, dass so rasch wie möglich mehr Züge über die bestehende Strecke rollen sollen. Statt für 186 am Tag ist ihm zufolge Platz für bis zu 260 Züge. Scheuer machte aber deutlich, dass selbst die optimierte Bestandsstrecke in Zukunft nicht ausreichen wird und eine neue im Inntal gebaut werden muss.
Bei der EU-Kommission wollen Wien und Berlin ferner erreichen, dass die Maut auf dem Brennerkorridor so weit erhöht werden kann, damit „eine deutliche Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene“ erreicht und ein „Umweg-Transit“ verhindert werden könne.
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