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Bayern: Sonderkontrollen bei Schlachthöfen: Metzger aus der Region am Pranger

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Sonderkontrollen bei Schlachthöfen: Metzger aus der Region am Pranger

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    In Großbetrieben sind Schweine oft nicht richtig betäubt, bevor sie geschlachtet werden. Das Fleisch aus ihren Kühlräumen wird meist an mehrere Metzgereien im Umkreis ausgeliefert.
    In Großbetrieben sind Schweine oft nicht richtig betäubt, bevor sie geschlachtet werden. Das Fleisch aus ihren Kühlräumen wird meist an mehrere Metzgereien im Umkreis ausgeliefert. Foto: Jens Büttner, dpa

    Jedes vierte Schwein ist nicht ordnungsgemäß betäubt, wenn es geschlachtet wird. Als eine Studie des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vergangenes Jahr diesen Missstand in 20 bayerischen Schlachthöfen enthüllte, kündigte Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) umgehend Sonderkontrollen an. Ersten Ergebnissen zufolge verstößt der Großteil der kontrollierten Betriebe aber noch immer gegen die Vorschriften.

    Metzger aus Pöttmes im Visier

    Bei bisher zwölf Sonderkontrollen in elf bayerischen Schlachthöfen gab es nur in zwei Fällen keine Betäubungsverstöße. Bei sieben besonders intensiven Prüfungen in sechs Betrieben wurden 17 Betäubungsmängel festgestellt – zwölf davon in einem einzigen Schlachthof, wie das LGL am Dienstag mitteilte. Nach Berichten des Bayerischen Rundfunks und der Süddeutschen Zeitung wurden teils die Betäubungszangen zum Verabreichen eines starken Stromschlages nicht fachgerecht angesetzt, teils wurde die Wirksamkeit der Betäubung nicht überprüft. Unter den angeprangerten Schlachtbetrieben ist den Berichten zufolge auch die Hofmetzgerei Ottillinger aus Pöttmes (Kreis Aichach-Friedberg). Das LGL nennt keine Details zu den einzelnen Kontrollen. Entsprechend wurde am Dienstag auch nicht öffentlich, ob anderswo in Schwaben Mängel festgestellt wurden.

    Bei der Überprüfung der Metzgerei Ottillinger im Januar waren auch Kontrolleure des Veterinäramts im Landkreis dabei. Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamts, berichtet, dass das LGL Mängel bei der Anlieferung und der Betäubung der Tiere festgestellt habe. Jedoch sei die vorgeschriebene Nachkontrolle der Betäubung erfolgt. Die Tierschutzschlachtverordnung legt fest, dass ein Mitarbeiter des Betriebs während des Schlachtens die Reflexe der Schweine überwacht und sie noch einmal betäubt, wenn es notwendig ist.

    „Die Tiere haben letzten Endes nichts mitbekommen“, sagt Müller über den Fall in Pöttmes. Es war die Aufgabe des Veterinäramts, Konsequenzen aus der Kontrolle zu ziehen. Das Amt schickte dem Betrieb eine Anordnung. Dieser habe sich von Anfang an kooperativ und einsichtig gezeigt und die Anordnung vorbildlich umgesetzt, so Müller. Bei einer Nachkontrolle im März „war alles in Ordnung“. Ein Bußgeld verhängte die Behörde nicht.

    Je nach Art des Verstoßes kann die Strafe bei bis zu 25.000 Euro liegen. Wie schwer ein Fehler wiegt und wie er geahndet wird, entscheidet jede Behörde im Einzelfall. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung stellten die LGL-Kontrolleure 2014 und 2015 bayernweit 400 Verstöße fest. Ein Bußgeld wurde nur in elf Fällen erhoben.

    Ottillinger räumt Verstöße ein

    Franz Ottillinger, Seniorchef der angeprangerten Pöttmeser Hofmetzgerei, fühlt sich derweil selbst wie „eine Sau, die durchs Dorf getrieben wird“. Er räumt gegenüber unserer Redaktion offen ein, dass es Verstöße in seinem Betrieb gegeben hat. Es habe sich allerdings um Fehler gehandelt, wie sie im Tagesablauf geschehen könnten. Verbesserungsvorschläge habe man umgesetzt. Dass die Hofmetzgerei mit acht Läden und 160 Mitarbeitern noch selbst schlachtet, sieht er als Beitrag zum Tierschutz. Die Tiere würden nur über kurze Distanzen transportiert und müssten nicht über 50 Kilometer oder mehr zu einem Schlachthof gebracht werden. Ottillinger sieht deshalb seinen Betrieb zu Unrecht an den Pranger gestellt. Er schlachtet an zwei Tagen pro Woche insgesamt 100 Schweine.

    Experten der Kreisverwaltungsbehörden überwachen die Schlachttage in bayerischen Metzgereien. Das Problem: Bei Schlachtungen im Akkord können sie ihre Augen nicht überall haben. Um einheitliche Standards zu garantieren, schafft das Verbraucherschutzministerium bis 2018 eine zentralisierte Kontrollbehörde, die die 800 größten Lebensmittelbetriebe im Freistaat stetig überprüfen soll. Darunter fällt wohl auch der Schlachthof Augsburg, bei dem in den vergangenen Jahren mehrfach Verstöße dokumentiert worden sind. Die Kontrolle von mehreren tausend kleineren Betrieben bleibt bei den Kommunen.

    Besonders gravierende Mängel registrierten die Kontrolleure zuletzt im Schlachtbetrieb Fürstenfeldbruck, der auch Biofleisch ausliefert. Heimliche Filmaufnahmen einer Tierschutzorganisation zeigen Schweine, die japsend und zappelnd am Schlachthaken hängen. Ein Mitarbeiter tritt ein Schaf mit voller Wucht ins Gesicht. Wie der Betreiber gestern mitteilte, bleibt der Schlachthof bis auf Weiteres geschlossen, alle Mitarbeiter werden freigestellt.(mit dpa)

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