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Bayern: Letztes Wort für den Angeklagten vergessen

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Letztes Wort für den Angeklagten vergessen

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    Unterlaufen vor Gericht Verhandlungsfehler, muss unter Umständen der gesamte Prozess neu verhandelt werden. Das passiert auch in Augsburg.
    Unterlaufen vor Gericht Verhandlungsfehler, muss unter Umständen der gesamte Prozess neu verhandelt werden. Das passiert auch in Augsburg. Foto: Ulrich Wagner

    Vor Gericht sind Formalien und Fristen penibel einzuhalten. Geschieht dies nicht, platzen Prozesse und der Justizapparat gerät ins Stottern. Dies zeigen jüngste Fälle in München und Augsburg.

    Letztes Wort für den Angeklagten einfach vergessen

    Vor deutschen Gerichten ist es ein bekanntes Ritual: Noch vor dem Urteil – Staatsanwalt und Verteidiger haben soeben plädiert – wendet sich der Richter noch einmal an den Angeklagten. „Sie haben das letzte Wort.“ Aus Versehen ist dies in einem Prozess vor dem Landgericht München I unterblieben.

    Richter Anton Winkler, vor dem auch schon der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer auf der Anklagebank saß, hat das Schlusswort des Angeklagten schlichtweg vergessen. Weshalb der Augsburger Rechtsanwalt Michael Weiss – das Urteil liegt inzwischen vor – für seinen Mandanten Revision eingelegt hat. Der Verteidiger rechnet sich beim Bundesgerichtshof gute Chancen aus, dass der Prozess neu angesetzt werden muss.

    Mehr als ein Dutzend Zeugen werden wohl neu geladen

    Dann müssten mehr als ein Dutzend Zeugen und mehrere Sachverständigen neu geladen werden. Insgesamt waren es fünf angeklagte Männer, die im März nach sechs Verhandlungstagen zu Haft- oder Bewährungsstrafen verurteilt worden waren. Sie haben nach Überzeugung des Gerichts bundesweit in Fitnessstudios mit Anabolika gehandelt. Die drei Drahtzieher des Geschäfts waren bereits in einem früheren Prozess zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

    In der vergangenen Woche sind in Augsburg vor dem Landgericht gleich zwei Prozesse geplatzt. In einem Fall ist der Justiz kein Vorwurf zu machen, Schuld hat die Post. Wegen des Streiks in ihren Briefverteilzentren haben die Berliner Rechtsanwälte prozesswichtige Unterlagen nicht rechtzeitig bekommen.

    Auch in Augsburg muss in zwei Fällen neu verhandelt werden

    So muss die Verhandlung gegen die Heimleitung des Kursana-Altenheims in Bobingen (Landkreis Augsburg), wo 2011 Heimbewohner und Mitarbeiter monatelang an Krätze litten, neu angesetzt werden. Der Heimleiter und die Pflegedienstleiterin sind 2013 wegen mehrfacher Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt worden. Beide haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.

    Neu terminiert werden muss auch ein Prozess vor einer Wirtschaftsstrafkammer. Am 2. Juli hätte dort das Verfahren gegen einen italienischen Gastwirt und seinen Steuerberater beginnen sollen. Beide sind der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe angeklagt. Zu Prozessbeginn haben ihre Verteidiger erfolgreich die falsche Besetzung des Gerichts gerügt. Die Strafkammer hatte sich entschieden, den Prozess mit Schöffen und mit zwei Berufsrichtern zu führen. Den Verteidigern waren aber die Namen dreier Berufsrichter genannt worden. Ein „Büroversehen“. Den Anwälten ging bereits ein korrigiertes Schreiben zu, sodass der Prozess schon morgen neu startet.

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