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Bayern: Gesundheitsbericht: Wie geht es Senioren im Freistaat?

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Gesundheitsbericht: Wie geht es Senioren im Freistaat?

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    Senioren sind heutzutage gesundheitlich fitter als noch in der vorangegangenen Generation.
    Senioren sind heutzutage gesundheitlich fitter als noch in der vorangegangenen Generation. Foto: Marcus Merk

    „30 Prozent unserer Kunden sind Senioren“, sagt Dieter Strohhecker. Er ist Geschäftsführer von sieben Fitnessstudios in Südbayern und hat in den vergangene Jahren einen Paradigmenwechsel beobachtet – und darauf reagiert. Mittlerweile bietet er Kurse wie Wirbelsäulengymnastik für Ältere an, an manchen Standorten gibt es extra Verträge für Rentner. In seiner „Fit und Fun Factory“ in Durach bei Kempten hat er kürzlich gezählt: 38 Aktive sind über 80 Jahre alt. Also: Bayerns Senioren sind fit – oder doch nicht?

    Noch nie konnten Menschen im Freistaat auf ein so langes Leben hoffen wie heute. Und, so steht es zumindest in einem kürzlich erschienenen Bericht des bayerischen Gesundheitsministeriums zur Seniorengesundheit: Die Lebenszufriedenheit ist dabei in vielen Fällen sehr hoch. Doch obwohl ein Großteil der bayerischen Senioren sich fit fühlt, nehmen mit dem Alter auch die Krankheiten zu.

    85 Prozent der über 65-Jährigen sind krank

    Im Jahr 2015 wurden bei 85 Prozent der über 65-jährigen Bayern Herz-Kreislauferkrankungen diagnostiziert. Darunter fallen zum Beispiel Herzinfarkte, koronare Herzkrankheiten und Bluthochdruck. Neben Herz-Kreislauferkrankungen, so zeigt der Bericht, sind es vor allem auch Muskel-Skeletterkrankungen, mit denen Senioren klarkommen müssen. Jeder dritte Bayer über 65 erhält eine solche Diagnose, vor allem Arthrose, Arthritis und Osteoporose. Ebenso hat jeder Dritte eine leichte oder schwere Beeinträchtigung beim Hören, jeder Vierte beim Sehen.

    Dennoch sagt über die Hälfte der Generation 65+: Uns geht es gesundheitlich „gut“ oder sogar „sehr gut“. Noch dazu sind über 60 Prozent mit ihrem Leben hoch zufrieden, teils sogar noch zufriedener als jüngere Menschen. Ist das nicht ein Widerspruch?

    In diesem Zusammenhang wird vom „Paradox der Lebenszufriedenheit im Alter“ gesprochen. Ein Grund, dass diese trotz altersbedingter Einschränkungen steigt, könnte laut Bericht sein, „dass sich mit dem Alter die Bewertungsmaßstäbe für die Zufriedenheit mit sich und dem eigenen Leben ändern.“ Außerdem heißt es aus dem Ministerium: „Nicht alle, bei denen eine Krankheit diagnostiziert wird, sind schwer krank.“

    Das Alter 70 ist das neue 60

    Auch Prof. Dr. Eva Grill, Altersexpertin der Ludwig-Maximilians-Universität in München, erklärt: „Die meisten erfahren zwar mit zunehmendem Alter Einschränkungen, können damit aber umgehen.“ Und das ginge auch, weil sie trotz allem aktiv im Alltag mitmischen können. Da sind das Internet, der öffentliche Nahverkehr, der es Senioren erlaubt, mobil zu bleiben und die hohe Barrierefreiheit. „So lange die Teilhabe funktioniert, ist es einfacher, mit dem Leben zufrieden zu sein“, sagt Grill. Ganz generell hätten sich zudem viele Krankheitsbilder nach hinten verschoben. „Salopp ausgedrückt könnte man sagen: 70 ist das neue 60.“

    Und doch: Die hohe Zahl an Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat Grill überrascht. Ebenso wie die Tatsache, dass die Zahl Älteren, die Herzinfarkte oder Schlaganfälle erleiden, in den vergangen Jahren konstant hoch geblieben ist. 2015 wurden in Bayern bei den über 65-Jährigen 20.000 Herzinfarkte gezählt: „Die Sterblichkeitsrate bei diesen Krankheitsbildern geht zurück, da liegt der Schluss nahe, dass auch die Fälle weniger werden“, sagt sie. Da dies nicht so ist, müsse man sich die einschlägigen Risikofaktoren genauer ansehen. Die gesunkene Sterblichkeit könnte unter anderem an der verbesserten Notfall- und Nachversorgung liegen.

    Junge Alte sind gesünder als alte Alte

    Trotz allem heißt es in dem Bericht ganz klar: Heute 60 Jährige sind körperlich und geistig deutlich gesünder als Gleichaltrige früherer Generationen. Pauschal sagen, die bayerischen Senioren sind fit, könne man aber nicht, erklärt Professor Johannes Zacher, von der Fachhochschule Kempten: „Man muss unterscheiden zwischen den ,jungen Alten’ und den ,alten Alten’“, erklärt er. Die 65- bis 85-Jährigen seien zwar oft gesund, selbstsicher, tatkräftig und finanziell gut aufgestellt, wer über 90 ist, habe aber eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass er pflegebedürftig wird. „Es gibt also mehr gesunde und rüstige Rentner, aber auch mehr pflegebedürftige und kranke“, sagt er.

    Was ist nun die Konsequenz aus dem Bericht? Die Ergebnisse, gerade im Bereich der Lebenszufriedenheit, empfindet Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) als ermutigende Nachricht: „Sie zeigt, das wir Altersbilder hinterfragen müssen, die das Alter ausschließlich als Abbau von Fähigkeiten und der Lebensqualität sehen.“

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