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Bayern: Dürfen Kühe angebunden sein?

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Dürfen Kühe angebunden sein?

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    Armin Amberger aus Türkheim hält seine Kühe angebunden im Stall. Schlecht geht es seinen Tieren deswegen nicht, sagt er.
    Armin Amberger aus Türkheim hält seine Kühe angebunden im Stall. Schlecht geht es seinen Tieren deswegen nicht, sagt er. Foto: Ulrich Wagner

    Vroni reckt den Kopf nach vorne. Erst ein bisschen. Und dann ganz weit, so weit es eben geht. Armin Amberger hat verstanden. Er streichelt Vroni über den Kopf, dann ist Teresa an der Reihe und natürlich Katrin, die Braune. Seine „Mädels“, wie sie der Landwirt nennt, kennt er alle beim Namen. „Unsere Tiere haben so etwas wie Familienanschluss“, sagt der 46-Jährige. 29 Milchkühe stehen hier, in Türkheim im Unterallgäu, im Stall – allesamt angebunden.

    Doch schon in einigen Jahren könnte das nicht mehr zulässig sein. Geht es nach der Mehrheit des Bundesrats, soll die ganzjährige Anbindehaltung verboten werden, weil sie „kein tiergerechtes Haltungssystem in Sinne des Tierschutzgesetzes“ darstellt. Eine „angemessene Übergangsfrist von zwölf Jahren „soll den Betrieben bleiben, um sich darauf einzustellen. So steht es im Beschluss des Bundesrates. Amberger ist sich sicher: „Für meinen Hof würde es das Ende bedeuten.“

    Und damit dürfte Amberger nicht allein sein. In etwa der Hälfte der gut 30.000 Milchviehställe im Freistaat sind die Kühe nach wie vor angebunden. Im Oberallgäu waren es zuletzt 58 Prozent, im Kreis Neuburg-Schrobenhausen fast zwei Drittel der Betriebe.

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    Ein Anbindeverbot wäre der Todesstoß für die kleinbäuerliche Landwirtschaft, sagt Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl. Denn es träfe vor allem die kleineren und mittleren Höfe, für die sich die Investition in einen Laufstall nicht lohnt. Oder jene Betriebe, die mitten im Dorf liegen und daher keine Möglichkeit zur Weidehaltung haben. Die Folgen wären dramatisch, sagt Heidl: „Es droht ein kräftiger Schub in Richtung Strukturwandel.“

    Armin Amberger, der Landwirt aus Türkheim, hat versucht, seinen Stall zu optimieren. Die Kühe auf die Weide zu führen, das geht nicht – nicht hier, mitten im Ort, wo er mit seiner Herde einen Kilometer bis zur nächsten Wiese zurücklegen müsste, auf einer viel befahrenen Straße, vorbei an einem Autohaus. Darum wollte Amberger einen neuen Stall bauen, der den heutigen Anforderungen entspricht. Am Ortsrand, wo heute schon seine Maschinenhalle, die Silos und sein Wohnhaus stehen, hatte er einen Laufstall für 50 Kühe geplant.

    Doch die staatliche Beratung am Amt für Landwirtschaft spielte nicht mit. Er müsse den Betrieb auf 100 Kühe aufstocken, nur dann werde der Neubau entsprechend gefördert, hieß es. Amberger schüttelt noch immer den Kopf. „Ich wollte nie so groß bauen“, sagt er. Er wollte einen Hof, den er vernünftig umtreiben kann; das Futter noch auf eigenen Flächen anbauen; die Arbeit weitgehend allein bewältigen, wo seine Frau doch berufstätig ist und die Mutter, die mit ihren 68 Jahren noch mit anpackt, auch nicht jünger wird. Amberger plante eine Investition, die er stemmen kann. 500.000 Euro. Der Stall, wie ihn sich die Betriebsberatung vorstellte, hätte das Doppelte gekostet, sagt er.

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    Amberger hat den Plan längst verworfen. Acht Jahre ist das jetzt her. Heute ist er froh darum. Weil viele seiner Kollegen, die neu gebaut haben, jetzt unter den Krediten ächzen – wo der Milchpreis zum Teil unter 25 Cent gerutscht und die Bauern seit Monaten nicht mehr kostendeckend arbeiten.

    In dieser Situation ein Verbot der Anbindehaltung zu beschließen und von den Bauern Investitionen in Laufställe zu fordern, die sie in dieser Krise gar nicht schultern können, dafür hat man beim Bauernverband kein Verständnis. Günther Felßner, Milchpräsident des Verbands, sagt: „Damit schafft man doch genau die Betriebe ab, die man eigentlich halten will.“ Kleine Höfe mit 15 oder 20 Kühen, die häufig noch im Nebenerwerb betrieben werden. Übrig, ist Amberger überzeugt, bleiben nur noch die großen.

    Doch inzwischen gibt es Hoffnung für die Bauern – in Person von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt. Der CSU-Politiker hat zuletzt erklärt: „Ich werde diesen Beschluss des Bundesrates nicht umsetzen. Ich bin dafür, dass die Regelungen so bleiben, wie sie sind.“ Gut möglich also, dass sich das Bundeskabinett gar nicht mehr – wie vom Bundesrat gefordert – in dieser Legislaturperiode mit dem Thema befasst.

    Das hofft auch Armin Amberger. Ein Anbindestall, sagt er, müsse nicht automatisch schlecht sein für die Tiere. „Meine Kühe haben ein glänzendes Fell, sie sind gesund und haben weniger Stress als in einer großen Herde.“

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