Wie schon während der ersten Wellen der Pandemie, so ist es auch dieses Mal: Bayern ist beim Anstieg der Corona-Neuinfektionen im bundesweiten Vergleich ganz vorne dabei. Aktuell liegt der Freistaat hinter Thüringen und Sachsen auf Platz Drei. Und mehr noch: Wieder einmal sind es – mit wenigen Ausnahmen – Landkreise und Städte im Osten und Süden, die als erste besonders hohe Sieben-Tage-Inzidenzen melden.
Das südliche Oberbayern ist mit Werten über 300 besonders betroffen. Der Landkreis Mühldorf am Inn liegt sogar schon fast bei 600. Aber auch im Südwesten Schwabens liegen die Werte vielerorts bereits über 200. Die regionale Ausbreitung des Virus scheint einem Muster zu folgen. Über die Ursachen dieses Phänomens aber wird mehr denn je gerätselt.
„Es gibt kein einheitliches Bild“, sagte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts, an der auf Einladung der Staatsregierung auch zehn Landräte und Oberbürgermeister aus Südostbayern teilnahmen. Mal seien mehr jüngere Menschen betroffen, mal würden mehr Neuinfektionen von Menschen mittleren Alters gemeldet, mal sei der Anstieg der Corona-Fälle auf „kleine Cluster“ wie Hochzeiten oder Partys zurückzuführen, sagte Herrmann. Zu beobachten sei allerdings eine gewisse Korrelation zwischen Impfquote und Ausbruchsgeschehen.
Oft gilt die Formel: Weniger Geimpfte, mehr Infektionen
Nicht selten stiegen die Inzidenzzahlen dort besonders schnell an, wo die Impfquote vergleichsweise niedrig sei. Und noch eine weitere Ursache für die regionale Ausbreitung ist nach den Aussagen von Herrmann und Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zu vermuten: Möglicherweise spielen auch die Nähe zur Grenze und die Mobilität über die deutsch-österreichische Landesgrenze hinweg eine gewisse Rolle.
Bekräftigt werden diese Vermutungen auf Nachfrage unserer Redaktion von den Regierungen in Ober- und Niederbayern. Unterdurchschnittliche Impfquoten und reger Grenzverkehr – sowohl von Berufspendlern wie von Urlaubern – werden als mutmaßliche Hauptfaktoren für die schnellere Ausbreitung der Pandemie genannt.
Mehrfach sei es so gewesen, dass ein Anstieg der Corona-Zahlen in Salzburg und Oberösterreich sich zunächst im bayerischen Grenzgebiet fortsetzte.
Wird das Virus über die Grenzen nach Deutschland eingeschleppt?
Das Ursprungsland müsse aber, wie es bei der Regierung von Niederbayern hieß, nicht unbedingt Österreich sein. Es gebe Hinweise, dass auch Rückkehrer aus Balkanländern, in denen noch wenig geimpft wurde, das Virus nach Österreich und Deutschland mitbringen. Und auch der Zusammenhang mit den Impfquoten sei nicht zwingend. Nicht überall, wo die Impfquoten niedrig sind, seien die Inzidenzen ungewöhnlich hoch.
Die Behörden in Schwaben beobachten, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergab, ein „diffuses Infektionsgeschehen“ und bringen die stark steigenden Zahlen auch mit den regelmäßigen Tests in Schulen und Kitas in Verbindung. Besondere Schwerpunkte gebe es nicht.
Ein Sprecher des Landratsamtes im Ostallgäu, wo der Inzidenzwert aktuell bei 261 liegt, sagte: „Es ist zu vermuten, dass der Anstieg auf die zunehmenden Lockerungen, die hohe Ansteckungsgefahr der Virusmutationen und die relativ geringe Impfquote zurückzuführen ist.“
Corona-Zahlen in Bayern: Staatsregierung sieht keinen Grund für schärfere Maßnahmen
Die Staatsregierung sieht aktuell keinen Grund für schärfere Corona-Maßnahmen. Zwar schlagen einige Krankenhäuser bereits Alarm, insgesamt aber liege die Auslastung der Intensivbetten noch im „grünen Bereich“.