In Bayern wird viel gebaut, oft allerdings an der falschen Stelle. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls Forscher des Instituts der Deutschen Wirtschaft, die bundesweit die Bautätigkeit und den Baubedarf in den Jahren von 2011 bis 2015 verglichen haben. Dabei kam heraus, dass es in Städten viel zu wenige Wohnungen gibt, während auf dem Land mehr Einfamilienhäuser gebaut werden als sinnvoll wäre – gemessen an den sinkenden Bevölkerungszahlen und der Tatsache, dass schon jetzt vielerorts Häuser leer stehen. „In der Summe hätten wir eigentlich genug Wohnraum in Deutschland – wenn er an der richtigen Stelle wäre“, sagt Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland Süd.
Die "Über-Bebauung" birgt Gefahren
Beispielhaft zeigt sich das Missverhältnis zwischen Stadt und Land in Bayerisch-Schwaben. Dort wurde nach Ansicht der Wissenschaftler in sämtlichen Landkreisen mehr gebaut als rein rechnerisch nötig gewesen wäre. Spitzenreiter war demnach der Kreis Dillingen an der Donau. Dort errechneten die Forscher einen Bedarf von 135 neuen Wohnungen – gebaut wurden 219, was einer Deckung von 163 Prozent entspricht. Gleichzeitig wurde in den kreisfreien Städten Augsburg, Kempten, Kaufbeuren und Memmingen deutlich zu wenig Wohnraum geschaffen. In Augsburg etwa seien nur 77 Prozent der eigentlich 1466 nötigen Wohnungen entstanden. Die Wissenschaftler des Instituts warnen vor diesem Trend, da eine Reihe negativer Folgen drohten. Angesicht sinkender Bevölkerungszahlen würden Immobilien im ländlichen Raum künftig erheblich an Wert verlieren, Dörfer zersiedeln und Dorfzentren veröden.
Ursachen für die „Über-Bebauung“ des ländlichen Raums gebe es mehrere, sagen die Forscher. So bauten viele Familien auf dem Land lieber etwas Neues, als sich etwas Altes zu kaufen. Das liege unter anderem an den Bedingungen auf dem Finanzmarkt. Niedrige Zinsen machten das Häuslebauen heute erschwinglicher als noch vor einigen Jahren.
Gleichzeitig würden viele Bürgermeister neue Baugebiete ausweisen, um neue Einwohner anzulocken und so dem prognostizierten Bevölkerungsschwund entgegenzuwirken. Doch das sei kontraproduktiv, argumentieren die Forscher. Durch die Zersiedelung könne die bestehende Infrastruktur nicht mehr effizient genutzt werden, was auf Dauer höhere Kosten bedeute. Die Experten empfehlen Kommunen mit ausuferndem Neubau daher ein rigoroses Vorgehen: Keine neuen Baugebiete mehr ausweisen, Neubauten an den Abriss von Altbauten koppeln und die Ortskerne attraktiver gestalten. (mit dpa)