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Bayerisches Kabinett: Staatsregierung uneins: Wird der Ladenschluss zur Streitfrage?

Bayerisches Kabinett

Staatsregierung uneins: Wird der Ladenschluss zur Streitfrage?

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    Staatskanzleichef Florian Herrmann (links) ist in der Debatte um die Ladenöffnungszeiten anderer Meinung als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (vorne rechts).
    Staatskanzleichef Florian Herrmann (links) ist in der Debatte um die Ladenöffnungszeiten anderer Meinung als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (vorne rechts). Foto: Peter Kneffel, dpa

    Die bayerische Staatsregierung spricht gerne mit einer Stimme. In der Corona-Krise gilt das ganz besonders. Aber das gelingt CSU und Freien Wählern nicht immer. An diesem Dienstag waren es einmal mehr die umstrittenen Ladenöffnungszeiten, die für Dissonanzen sorgten. Weitgehend Einigkeit herrscht dagegen bei den Regeln zur Wiedereröffnung der Gastronomie und zu den Konsequenzen, die aus den Demonstrationen vom Wochenende für den Vollzug des Versammlungsrechts zu ziehen sind.

    Lockerung der Sonntagsregeln in Bayern? Staatsregierung uneins

    Beim Ladenschluss aber hakt es zwischen den Koalitionspartnern. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) äußerte sich sehr wohlwollend zu der Forderung nach einer Lockerung der Sonntagsregeln, die der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern, Wolfgang Puff, im Gespräch mit unserer Redaktion gestellt hatte. „Da ist mit Sicherheit das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagte Aiwanger in der Pressekonferenz nach der Sitzung des Kabinetts.

    Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU), der direkt neben ihm stand, konterte umgehend: „Was den Sonntag betrifft, ist meiner Meinung nach das letzte Wort schon gesprochen.“ Eine Debatte über den Ladenschluss sei zum jetzigen Zeitpunkt „fragwürdig, ich würde sie fast als unredlich bezeichnen“, sagte Herrmann und fügte hinzu: „Die Staatsregierung hat eine klare Haltung. Dieses Thema steht nicht auf der Tagesordnung.

    Der Handelsverband hatte sich für „Corona-Sonntage“ ausgesprochen. „Wir müssen den Kunden ein Einkaufserlebnis bieten, um die Geschäfte und die Innenstädte zu beleben“, sagte Hauptgeschäftsführer Puff und schlug vor, die rechtlichen Auflagen für verkaufsoffene Sonntage für eine vorübergehende Zeit zu lockern.

    Wirtschaftsminister Aiwanger will längere Öffnungszeiten erlauben

    Unterstützung bekam der Handelsverband von den Parteien, die schon immer für längere Ladenöffnungszeiten plädieren. Aiwanger zum Beispiel brachte erneut seinen Vorschlag ins Spiel, wenn schon nicht an Sonntagen, so doch zumindest an Werktagen abends eine längere Öffnung zu erlauben. Prinzipiell begrüßt hat den Vorstoß auch der Fraktionsvize der Freien Wähler, Johann Häusler. Er verstehe die Ausweitung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage „als zeitweise Regelung während der Corona-Pandemie“ – allerdings dürfe es weder zu Konflikten mit den üblichen Gottesdienstzeiten kommen, noch zu einer „Aushöhlung des freien Sonntags zulasten der Arbeitnehmer führen“.

    Auch die FDP springt dem Handel zur Seite. Fraktionschef Martin Hagen erklärte: „Wenn die Coronakrise nicht zu verödeten Innenstädten führen soll, müssen wir den Einzelhandel stärken.“ Die FDP fordere schon länger eine Regelung für bis zu sechs verkaufsoffene Sonntage. Kommunen sollten sie unabhängig von bestimmten Anlässen genehmigen dürfen. „Wir unterstützen deshalb die Idee des Handelsverbands. Das würde auch die Kundenströme entzerren“, sagte Hagen.

    Die CSU-Fraktion, die sich wie SPD und Grüne einer Ausweitung der Öffnungszeiten bisher mehrheitlich widersetzte, bleibt dagegen bei ihrem Nein. Zwar mache es Sinn, die bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, sagte der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Huber. Er betonte aber: „Uns als CSU ist der Sonntag im Sinne der Beschäftigten und ihrer Familien heilig. Zusätzliche Sonntagsöffnungen sehen wir daher kritisch, zumal gerade der kleine und mittlere Einzelhandel davon unterm Strich oft nicht so stark profitiert.“

    Öffnung der Gastronomie: Am Biertisch gelten 1,5 Meter Abstand

    Abgesehen von diesem Disput waren sich CSU und Freie Wähler am Dienstag einig. Das betrifft sowohl die Regeln für die Wiedereröffnung der Gastronomie, als auch die Handhabung des Versammlungsrechts. Wenn am kommenden Montag die Außen- und eine Woche später die Innengastronomie wieder öffnen dürfen, müssen die Gäste an den Tischen 1,5 Meter Abstand halten. Kellnerinnen und Kellner sind verpflichtet, Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Für Gäste gilt das auch, aber nicht am Tisch. So hat es die Staatsregierung beschlossen.

    Im Übrigen gilt, wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nach der Kabinettssitzung sagte, „eins zu eins die Situation, wie man sich ansonsten auch treffen darf.“ Das heißt, dass Mitglieder einer Familie oder eines Hausstands sowie ein weiterer Hausstand miteinander Platz nehmen dürfen. Den Wirten wird die Pflicht auferlegt, spezielle Hygiene-Regeln zu beachten. Dazu gehören unter anderem die Desinfektion der Gasträume und des Bestecks. Eine Beschränkung der Gästezahl wie im Handel – nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter – soll es in Biergärten und Gaststätten aber nicht geben.

    Corona-Demonstrationen in Bayern: Konzept ist in Planung

    Die Lockerungen im Hotel und Gaststättengewerbe gehen schrittweise voran. Für die Außengastronomie ist zunächst um 20 Uhr, für die Innengastronomie um 22 Uhr Schluss. Auch für die Öffnung von Hotels und Campingplätzen, die für 30. Mai geplant ist, soll zeitnah ein Konzept vorgelegt werden.

    Nach den ausufernden Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen will die Staatsregierung Regeln für Versammlungen in Corona-Zeiten erarbeiten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) werde zusammen mit den Kreisverwaltungsbehörden ein Konzept entwickeln, wie Versammlungen möglich sind, ohne Dritte zu gefährden oder „dem Rechtsstaat auf der Nase herumzutanzen“, sagte Florian Herrmann.

    Hier können Sie die Pressekonferenz von Aiwanger, Huml und Herrmann nachträglich im Video anschauen

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