„Es kommen harte Zeiten auf uns zu.“ Der schwäbische Regionalbischof Axel Piper meint damit nicht nur die erwartbaren finanziellen Einbußen der Evangelischen Landeskirche, sondern auch ihre personelle Situation. Denn die Pfarrer werden allmählich knapp. Die Augsburger St.-Thomas-Gemeinde erlebt es hautnah. Seit fast einem Jahr wartet sie auf einen neuen Seelsorger. Als sich nach der zweiten Ausschreibung der Stelle im kirchlichen Amtsblatt immer noch niemand gemeldet hat, entschied sich der Kirchenvorstand, selbst aktiv zu werden und auf der Homepage der Gemeinde für das Amt zu werben. Allerdings hat sich bislang niemand auf St. Thomas beworben.
Der theologische Nachwuchs macht sich rar
„Wir haben zunehmend Vakanzen von ein bis zwei Jahren auf Pfarrstellen. Es ist leider so“, bedauert Regionalbischof Piper. „Es gibt Gegenden, die leichter zu besetzen sind, vor allem die städtischen Ballungsräume. Aber kein Kirchenkreis ist davon nicht betroffen.“ Der theologische Nachwuchs macht sich rar, die Studierendenzahlen sinken, der Berufsstand wird weiblicher. In den nächsten 15 Jahren wird sich nach Prognosen der bayerischen Landeskirche ihr Personalstand von 2435 auf dann 890 oder gar 754 Pfarrerinnen und Pfarrverwalter reduzieren. Im Kirchenkreis Augsburg-Schwaben sind in den 156 Kirchengemeinden derzeit 312,25 sogenannter Vollzeitäquivalente im theologischen und religionspädagogischen Bereich ausgewiesen.
Weil der Kirche das Problem bewusst ist, wird die bayerische Landessynode auf ihrer online abgehaltenen Frühjahrstagung vom 21. bis 25. März eine neue Landesstellenplanung beschließen. Es soll dann keine starre Zuweisung mehr geben, sondern die Dekanate sollen künftig entscheiden, wie sie die Stellen der Pfarrer, Religionspädagogen, Diakone und Kirchenmusiker in ihrem Bezirk verteilen. Ein Fünftel der Stellen soll außerdem in Zukunft berufsübergreifend besetzt werden können. Auch ein Diakon kann dann eine Pfarrstelle ausfüllen oder ein Pfarrer übernimmt eine pädagogische Stelle, weil seelsorgerliche Arbeit dort besonders wichtig ist. Insgesamt werde der Personaleinsatz der Landeskirche flexibler, resümiert Regionalbischof Piper. Gleichzeitig werde die Kirche für pfarrliche Aufgaben mehr Fortbildungen für die anderen Berufsgruppen anbieten, etwa für die Gestaltung von Trauergottesdiensten oder für Gemeindeleitung.
Seit Jahren verändert sich das Berufsbild des Pfarrers und der Pfarrerin
Im Hintergrund steht der landeskirchliche Reformprozess „Profil und Konzentration“. Er sieht eine Bündelung der Aufgaben in der Fläche vor, dass beispielsweise ein Diakon die Seniorenarbeit für drei Gemeinden macht. „Eine Stelle auf mehrere Gemeinden immer weiter zu teilen, das geht nicht gut“, sagt Piper. Besser sei es, übergreifende Angebote dort zu machen, wo man sie besonders gut erledigt. Zudem wird die Landeskirche die Zahl der Stellen bayernweit an die veränderten Zahlen ihrer Kirchenmitglieder anpassen und um zehn Prozent reduzieren. Regionalbischof Piper betont jedoch: „Der neue Landesstellenplan sollte kein generelles Sparprogramm sein. Wir wollen damit inhaltliche Akzente setzen.“
Seit Jahren verändert sich das Berufsbild des Pfarrers und der Pfarrerin. War bisher eine Sechs-Tage-Woche die Regel, wird nun stärker auf die Bedürfnisse von Familien Rücksicht genommen, es wird mehr Urlaub und Ruhezeit gewährt. Die Residenzpflicht ist nicht mehr unbedingt gefordert. „Kirche muss weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sein“, so Piper. Er hält das Pfarrersein für „den schönsten Beruf“. Davon müsse die Kirche die jungen Menschen überzeugen. „Wer sonst hat so viel Gestaltungsfreiheit?“
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