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Bayerische Grenzpolizei: Wie der Chef der Grenzpolizei Opfer eines Verbrechens wurde

Bayerische Grenzpolizei

Wie der Chef der Grenzpolizei Opfer eines Verbrechens wurde

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    Alois Mannichl wird Chef der neuen bayerischen Grenzpolizei. 2008 wurde er von einem Unbekannten vor seinem Haus niedergestochen.
    Alois Mannichl wird Chef der neuen bayerischen Grenzpolizei. 2008 wurde er von einem Unbekannten vor seinem Haus niedergestochen. Foto: Armin Weigel, dpa (Archivfoto)

    Wenn an diesem Wochenende die bayerische Grenzpolizei ihren Dienst aufnimmt, dann gibt es nicht nur Rätsel darum, welche Aufgaben sie eigentlich genau hat. Das größte Rätsel umgibt den Chef der neuen Truppe. Denn Alois Mannichl, 62, wurde vor knapp zehn Jahren Opfer eines mysteriösen Messer-Attentats. Der spektakuläre Fall ist nicht geklärt und wirft bis heute Fragen auf.

    Ab 1. Juli, also ab Sonntag, ist die Grenzpolizei offiziell im Einsatz. Zunächst soll sie mit 500 Beamten und 160 Fahrzeugen ausgestattet sein, bis 2023 soll auf 1000 Beamte aufgestockt werden. Das Ziel, das das CSU-geführte Innenministerium ausgibt, ist „mehr Sicherheit durch engmaschigere Kontrollen im grenznahen Raum“. Doch die eigentliche Sicherung der Grenze bleibt eine bundeshoheitliche Aufgabe und damit Sache der Bundespolizei.

    Neuer Chef der bayerischen Grenzpolizei wurde vor zehn Jahren Opfer eines Attentats

    Es besteht der Verdacht, dass die CSU diese Grenztruppe vor allem aufstellt, um Härte in der Asylpolitik zu zeigen. Am Montagabend wird die Gründung der Grenzpolizei-Direktion in Passau mit einem Festakt gefeiert. Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) werden Alois Mannichl den Schlüssel für das Direktionsgebäude übergeben. Das Rätsel um den Chef der Grenzpolizei wird bei den Festreden wahrscheinlich nicht vorkommen.

    Samstag, 13. Dezember 2008, gegen 17.30 Uhr: Der damalige Polizeichef von Passau wird vor seinem Reihenhaus in Fürstenzell niedergestochen. Mit einem Küchenmesser aus dem eigenen Haushalt. Mannichl selbst liefert die erste Spur: Der Täter sei ein etwa 1,90 Meter großer Unbekannter mit Glatze gewesen. Bevor er zustach, habe er noch gesagt: „Du linkes Bullenschwein, du trampelst nicht mehr auf den Gräbern unserer Kameraden herum.“

    Das Entsetzen war groß, während Mannichl notoperiert wurde. Eine Attacke auf einen ranghohen bayerischen Polizisten – Politiker sprachen von einer Eskalation der Gewalt und einer neuen Dimension rechter Verbrechen in Bayern. Ein Verbot der NPD wurde gefordert. Doch die Ermittler waren zuversichtlich, der Fall schien klar: Ein Racheakt von Neonazis, gegen die Mannichl immer hart vorgegangen war. Dazu eine Zeugenaussage, dass der Täter mit einer grünen Schlange hinter dem Ohr tätowiert gewesen sei. Bis zu 70 Beamte arbeiteten in einer Sonderkommission an dem Fall.

    Bis heute ist der Messerstecher nicht gefasst

    Motiv scheinbar klar, Täterbeschreibung gut – die Aufklärung schien eine Frage von Tagen. Aber sie blieb aus. Bis heute. Der Fall Mannichl ist ein tiefer Stachel im Fleisch der erfolgsverwöhnten bayerischen Polizei. Die allermeisten Gewaltdelikte dieser Art klären die Beamten auf. Ausgerechnet der Angriff auf einen der ihren blieb ungelöst. Und nicht nur das.

    Denn mit der Zeit kamen immer mehr Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten ans Licht. Die Ermittler mussten sich bohrende Fragen gefallen lassen. Warum wurde nicht sofort DNA-Material unter Mannichls Fingernägeln gesichert, obwohl er nach eigenen Worten mit dem Täter gerangelt hat? Warum ermittelten drei Wochen lang Kripobeamte von Mannichls eigener Dienststelle? Warum wurde zunächst nur in Bayern gefahndet, obwohl der Tatort nur 15 Autominuten von der österreichischen Grenze entfernt liegt und Mannichl gesagt hatte, der Messerstecher habe „mit österreichischer Einfärbung“ gesprochen? Wenn es ein geplanter Racheakt eines Neonazis war, warum benutzte er kein eigenes Messer, sondern eines aus Mannichls Haushalt, das zufällig auf dem Fensterbrett lag?

    Alois Mannichl kehrt zurück zur Grenzpolizei

    Die unbeantworteten Fragen mündeten in einen schlimmen Verdacht: Könnte die Tat ein Familiendrama gewesen sein? Die Ermittler mühten sich, jedem noch so vagen Gerücht über eine mögliche enttäuschte Geliebte des Polizeichefs nachzugehen. Und sie mühten sich, diesen Verdacht zu zerstreuen. Doch es gelang ihnen ebenso wenig wie die Aufklärung des Falles.

    2011 schloss das Landeskriminalamt vorläufig die Ermittlungsakten. Ein halbes Jahr nach dem Messerangriff wurde Alois Mannichl von Passau ins rund 90 Kilometer entfernte Straubing versetzt, als Leiter der Verbrechensbekämpfung. Mit dem neuen Posten schließt sich nun ein Kreis: Mannichl – verheiratet, zwei erwachsene Kinder – hatte Ende der 70er Jahre seine Laufbahn bei der bayerischen Grenzpolizei begonnen.

    Um die bayerische Polizei geht es auch in unserem Podcast:

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