In Bayern hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein dramatisches Bauernhof-Sterben stattgefunden. Im Gegenzug sind die verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe immer größer geworden und halten immer mehr Tiere. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage des bayerischen Grünen-Abgeordneten Stefan Schmidt aus Regensburg hervor, die unserer Zeitung vorliegt.
Gab es im Freistaat 1999 noch 66.008 Haupterwerbs- und 84.569 Nebenerwerbsbetriebe, waren es nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2016 nur noch 40.130 Haupt- und 44.630 Nebenerwerbsbetriebe, das ist ein Rückgang um fast 42 Prozent. Bundesweit sank im gleichen Zeitraum die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um fast 200.000 auf derzeit 275.000. Von der Entwicklung vor allem betroffen waren kleine Betriebe, die weniger als zehn Hektar Land bewirtschaften. Im Gegenzug sind die verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe immer größer geworden.
Bauernhöfe brauchen häufig zweites Standbein
Eine Entwicklung, die auch dem Bayerischen Bauernverband längst bekannt ist. Der technische Fortschritt mache auch vor der Landwirtschaft nicht halt und führe zu mehr wirtschaftlicher Effizienz und Wachstum. Gerade im Freistaat, dem „Agrarland Nummer eins“, sei es aber gelungen, das Höfe-Sterben abzubremsen, erklärt Verbandssprecher Markus Peters und spricht von einer Abnahmequote von zuletzt etwa 1,1 Prozent jährlich. Das liege unter anderem daran, dass mittlerweile der Großteil der bayerischen Betriebe längst nicht mehr nur ein wirtschaftliches Standbein habe, von dem sie abhängig seien. „Urlaub auf dem Bauernhof, ein Hofladen, Tierhaltung oder erneuerbare Energien – da gibt es viele Möglichkeiten, um sich breiter aufzustellen“, sagt Peters. Dennoch sehe man die Entwicklung der Höfe-Zahlen kritisch und versuche, ihr entgegenzuwirken. Auch, weil die Bauernhöfe in ländlichen Bereichen und kleinen Ortschaften für ein funktionierendes Dorfleben wichtig seien. „Breit angelegte Fördermaßnahmen in der Agrarpolitik“ würden der „bäuerlich strukturierten Landwirtschaft in Bayern Stabilität und Zukunftsperspektive“ geben, sagte kürzlich auch Bauernpräsident Walter Heindl.
Fokus auf Tierwohl, Qualität und Regionalität
Der Grünen-Abgeordnete Stefan Schmidt sieht angesichts der von ihm erfragten Zahlen dennoch auch im Freistaat großen Nachholbedarf. „Bayern ist nicht die Insel der Glückseligkeit, in der die Landwirtschaft noch in bäuerlichen Strukturen verankert ist“, sagt der Oberpfälzer. Die Industrialisierung der Landwirtschaft schreite auch in Bayern mit großen Schritten voran. Nötig sei eine radikale Veränderung in der Agrarpolitik: „Subventionen müssen viel stärker an den gesellschaftlichen Mehrwert geknüpft werden“, so Schmidt. Der Mehrwert der Landwirtschaft liege nicht darin, immer größer zu werden und immer größere Mengen zu produzieren. Vielmehr müssten „Tierwohl, Qualität und Regionalität“ eine viel größere Rolle spielen“, sagt Schmidt. (mit bmi)