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Bahn: Pendlerleid in vollen Zügen

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Pendlerleid in vollen Zügen

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    bahn Foto: DPA

    Von Stefan Krog Augsburg (AZ) - Bei manchen braucht es inzwischen gar nicht mehr viel, um sie wütend zu machen. Es reicht die Durchsage am Bahnsteig, dass ein Zug mit Verspätung kommen wird, und schon gehen einige der dort wartenden Fahrgäste innerlich an die Decke.

    Bei den Bahnpendlern in Bayern kocht es. Im Raum Nürnberg gibt es Probleme, besonders aber in der Region Augsburg. Speziell auf der Strecke nach München, einer der am dichtestbefahrenen in Deutschland, hakt es seit dem Fahrplanwechsel im Dezember massiv. Auch der S-Bahn-ähnliche Verkehr im Raum Augsburg funktioniert nicht. Der Freistaat als Zuschussgeber hat der Bahn deswegen sogar Zahlungen gekürzt. "Derzeit überwiegt leider der Ärger", so der bayerische Verkehrsminister Martin Zeil (FDP).

    Die Probleme sind alle für sich erklärbar, aber in dieser Massierung werfen sie kein gutes Licht auf die Bahn. Für einen Konzern, der irgendwann an die Börse möchte, ist das ein Problem. Pannen wie die mit ICE-Achsen, die auch in unserer Region Auswirkungen haben, schaden dem Image und kosten Geld.

    Dabei dürfte gerade die Privatisierung der Bahn für manche Punkte des momentanen Desasters mitverantwortlich sein. Denn die frühere Behörde, die als Bundesbahn noch Rekorddefizite einfuhr, hat im vergangenen Jahrzehnt Tausende Jobs gestrichen. Gleichzeitig transportiert sie heute mehr Güter und Passagiere. Nach Meinung vieler Kunden gebricht es nun am Service und an ausreichend Informationen.

    Gestern Morgen, 7.30 Uhr am Augsburger Hauptbahnhof. Vom Warnstreik der Zugbegleiter in Nürnberg und München ist nicht viel zu spüren. Einige Züge fahren verspätet, der Intercity um 7.31 Uhr nach München fällt ganz aus, der Zug um 7.41 Uhr ist dafür überfüllt (es fehlt außerdem ein Waggon), der folgende Regionalexpress ist ebenfalls übervoll. Bei den Zubringerzügen nach Augsburg ist es nicht anders. "Das ist heute so wie sonst auch", sagt Pendlerin Petra Fischer lakonisch. Im Zug stehen Kunden in den Großraumabteilen und vor den Räumen an den Zugtüren.

    Als andere Fahrgäste hören, worum es geht, bildet sich schnell eine Gruppe, vereint durch die Abneigung gegen die Bahn. Egal, wen man fragt: Jeder kann etwas von Verspätungen, mieser Informationspolitik und zu wenig Sitzplätzen erzählen. "Ich fahre seit 28 Jahren mit der Bahn nach München. Mit dem D-Zug früher ging es schneller", erzählt Werner Hirsch.

    Erinnerungen kommen hoch an Tage, an denen der Feierabend teils Stunden später begonnen hat, immer wegen Zugausfällen. Pendler zahlen oft mehrere hundert Euro pro Monat für die Fahrkarte - für manchen mindestens ein Zehntel des Nettolohns. Und dafür gebe es, so rechnet einer vor, so massive Verspätungen, dass man eineinhalb Wochen pro Jahr außerplanmäßig irgendwo stehend zubringe. Beim Fahrgastverband Pro Bahn gehen momentan so viele Beschwerden ein wie schon seit Jahren nicht mehr.

    Zum einen sind die schadhaften ICE-Achsen und die kürzeren IC-Ersatzzüge schuld an den momentanen Problemen. Denn die Fernverkehrszüge werden von vielen Pendlern genutzt. Zum anderen gibt es im Großraum Augsburg Schwierigkeiten mit der Regional-S-Bahn. Das ambitionierte Projekt sollte im Dezember mit deutlich mehr Zügen und regelmäßiger Vertaktung starten, doch der Zughersteller Alstom konnte die dafür bestellten 37 neuen Triebwagen nicht liefern, weil es Probleme mit dem für die Zulassung zuständigen Eisenbahnbundesamt gab. Diese Schwierigkeiten gibt es auch in anderen bayerischen Städten, die auf den neuen Triebwagen warten. Mit aus anderen Bundesländern zusammengeliehenen antiquierten Zügen fährt die Bahn nun ihren dichteren Takt.

    Augsburg ist wie gesagt aber nicht der einzige Brennpunkt. Der Freistaat, der für die Bereitstellung des öffentlichen Nahverkehrs zuständig ist und damit die Bahn oder ein anderes Unternehmen beauftragt, zahlt einen Zuschuss für jeden Zug - oder eben nicht. Für verspätete Züge behält Bayern pro Jahr etwa zehn Millionen Euro ein.

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