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Axt-Attentat: Vor einem Jahr: Was das Würzburger Axt-Attentat verändert hat

Axt-Attentat

Vor einem Jahr: Was das Würzburger Axt-Attentat verändert hat

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    In der Nacht des 18. Juli 2016 bot sich den Einsatzkräften ein schreckliches Bild. Ein Flüchtling holte in einem Regionalzug eine Axt hervor und schlug wahllos auf Fahrgäste ein.
    In der Nacht des 18. Juli 2016 bot sich den Einsatzkräften ein schreckliches Bild. Ein Flüchtling holte in einem Regionalzug eine Axt hervor und schlug wahllos auf Fahrgäste ein. Foto: (Archiv) Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Die Axthiebe eines 17-Jährigen waren am 18. Juli 2016 von furchtbarer Zerstörungskraft: Opfer waren vier Touristen aus Hongkong in einem Zug nach Würzburg sowie eine Spaziergängerin im Stadtteil Heidingsfeld. Die Bluttat zerschlug auch die Illusion, weit weg von den Metropolen dieser Welt sei man sicher vor dem islamistischen Terror. Nun war erstmals Deutschland Zielscheibe geworden.

    Es wurde an jenem Montagabend schon dunkel, als der 17-jährige Flüchtling das Haus seiner Pflegeeltern in Gaukönigshofen (Landkreis Würzburg) verließ. Er wolle Fahrrad fahren und es könne "etwas länger" dauern, log er – während Axt und Messer bereits in seiner Tasche waren. Gegen 21 Uhr bestieg er im acht Kilometer entfernten Bahnhof in Ochsenfurt den Regionalzug in Richtung Würzburg. Er ging zunächst zur Toilette, dann rannte er schreiend und die Axt schwingend durch den Zug, schlug rechts und links auf Menschen ein. Bei einem Notruf hört die Einsatzzentrale im Hintergrund den Schrei "Allahu akbar". Irgendwer betätigte die Notbremse, der Täter floh in Heidingsfeld aus dem Zug und griff noch eine Frau an, die er schwer verletzte.

    Anschlag in Würzburg: Helfer wussten nicht, wo sich der Täter aufhielt

    Vor Ort bot sich Polizei und Rettungsdienst ein furchtbares Bild: Schwer verletzte Menschen, blutverschmierte Waggons – und die Ungewissheit, ob die Helfer nicht selbst in Gefahr waren: Wo sich der Täter aufhielt, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand. Auch nicht, ob er Einzeltäter oder ein weiterer Angriff geplant war. Schließlich erschoss ein Sondereinsatzkommando der

    Das Minutenprotokoll der Axt-Attacke

    Kurz vor 21 Uhr verlässt die Regionalbahn nach Würzburg mit 24 Fahrgästen den Bahnhof Ochsenfurt.

    Ein 17-jähriger Flüchtling bereitet in der Zug-Toilette den Anschlag vor.

    Nur wenige Minuten später stürmt der Jugendliche mit einer Axt und einem Messer auf eine asiatische Touristengruppe zu. Durch die Attacke werden zwei Männer und eine Frau schwer, eine zweite Frau leicht verletzt.

    21.10 Uhr Der erste Notruf geht bei der Polizeieinsatzzentrale ein. Der Standort des Zuges ist noch unbekannt.

    Jemand zieht die Notbremse. Der Täter flüchtet aus dem Zug.

    21.13 Uhr Der zweite Notruf. Der Zeuge kann Standort und Ausmaß des Ereignisses benennen und eine Täterbeschreibung geben.

    Der 17-Jährige greift auf seiner Flucht eine Spaziergängerin an und verletzt sie schwer.

    21.20 Uhr Polizisten finden die schwer verletzte Frau.

    21.21 Uhr Der erste Krankenwagen kommt in der Nähe des gestoppten Zuges an.

    21.55 Uhr Zwei Beamte eines Spezialeinsatzkommandos schießen auf den Täter und verletzen ihn tödlich. Unklar ist wegen unterschiedlicher Zeugenaussagen, ob ein zweiter Täter noch auf der Flucht ist.

    Gegen 22 Uhr Eine Sportarena in der Nähe wird als Betreuungsort für die unverletzten Betroffenen festgelegt; 15 Fahrgäste stehen unter Schock.

    24 Uhr Die Polizei gibt Entwarnung und schließt einen "möglichen weiteren Täter" aus.

    2.09 Uhr Der medizinische Einsatz vor Ort ist offiziell beendet.

    Polizei und Landeskriminalamt suchen in der Nacht und am nächsten Tag weiter nach Spuren und finden in einem Gebüsch das Handy des Täters und die SIM-Karte. (dpa)

    Doch die Angst blieb – zu Recht, wie sich zeigte. Bereits vier Tage später schockte in München ein Amoklauf die Nation: Ein 18-Jähriger erschoss am und in einem Einkaufszentrum in Ein Jahr nach dem Amoklauf von München: Das Leben ohne Armela) Am 24. Juli kehrte der Terror zurück: In Ansbach sprengte sich ein Islamist vor dem Eingang eines Musikfestivals in die Luft und verletzte 15 Menschen (Kommentar zu diesen Ereignissen).

    Zu den Hintergründen des Anschlags von Würzburg ermittelt der Generalbundesanwalt bis heute. Medienanfragen bleiben mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen unbeantwortet. Ungewiss ist unter anderem noch immer, ob das Alter und die angegebene afghanische Herkunft des Täters stimmen. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geht es den Behörden vor allem "um das Aufdecken des Netzwerks, das hinter dem Täter stand".

    Attentat in Würzburg hat viel verändert

    Neben dem Radikalisierungsverlauf des Täters halten auch Experten wie Professor Peter Neumann den mutmaßlich direkten Kontakt zur Terrormiliz "Islamischer Staat" für entscheidend. Ein sichergestelltes Handy hatte bewiesen, dass der Täter bis kurz vor seiner Tat mit einem Unbekannten in Kontakt gestanden hatte, der ihm Anweisungen gab. Zuvor hatte der mutmaßliche IS-Mann dem 17-Jährigen vorgeschlagen, mit einem Auto in eine Menschenmenge zu fahren. Das lehnte er mit der Begründung ab, dass er keinen Führerschein besitze. Am Tag nach der Tat beanspruchte der IS die Täterschaft für sich.

    Die Nacht des 18. Juli 2016 führte in vielen Facetten zu Veränderungen: Flüchtlinge gerieten unter Generalverdacht. Helfer sind verunsichert, wie man erkennen soll, dass sich ein Flüchtling radikalisiert. Die Polizei ändert Ausrüstung und Ausbildung. Feuerwehr und Rettungsdienste müssen – zum eigenen Schutz – Einsatzkonzepte veränderten Voraussetzungen anpassen.

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