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Autoritätsprobleme: Seehofer gerät daheim in Not

Autoritätsprobleme

Seehofer gerät daheim in Not

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    Horst Seehofer.
    Horst Seehofer.

    Während er in der Hauptstadt die Interessen der nach ihrer Bundestagswahl-Schlappe geschwächten CSU wahren soll, kommt es zur Entladung an der bayerischen Heimatfront. Sein Innenstaatssekretär Bernd Weiß tritt zurück und kehrt dem Kabinett Seehofer den Rücken - ein Rückschlag für den Chef, der mit zunehmenden Autoritätsproblemen zu kämpfen hat. Jetzt muss

    Offizieller Grund für Weiß' Rückzug ist ein heftiger Streit um den Aufbau des Digitalnetzes in Bayern. Dabei hatte der Staatssekretär selbst in einem wutentbrannten Protestbrief Seehofers Führungsstil zum Thema gemacht. Offene Rebellion droht Seehofer zum jetzigen Zeitpunkt nicht, doch hat er an Rückhalt verloren.

    Beide Kontrahenten bemühen sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch, den Eindruck zu zerstreuen, es gehe um Seehofer und nicht um den Digitalfunk. Weiß klagt, die Debatte sei in eine völlig falsche Richtung gegangen. "In der Presse ist gar von einem Machtkampf zu hören", schreibt er in seinem Kündigungsbrief an Seehofer. "Absurd." In den vergangenen Tagen hatte Weiß jedoch den Eindruck erweckt, er lege es geradezu auf einen Rausschmiss an. Der 41 Jahre alte Unterfranke beschwerte sich in einem mittlerweile berühmten Brief bitter über eine "völlig ungerechtfertigte Rauswurfdrohung" Seehofers und schloss mit den Worten, wenn er seine Aufgaben nicht erfüllen könne, sei das "keine Basis" für eine Zusammenarbeit.

    Vordergründiger Auslöser des Eklats: Das Finanzministerium lehnte Weiß' Vorschlag zur Kostenaufteilung beim Aufbau des Digitalnetzes ab, Seehofer stellte sich nicht auf die Seite des Staatssekretärs. Über die Rücktrittsankündigung des 41-Jährigen sagt er im Beisein von Weiß: "Ich respektiere sie, aber ich bedauere sie."

    Einen Verbleib im Kabinett Seehofer hält Weiß für unmöglich, obwohl der Ministerpräsident ihm das angeboten hat. "Wenn ich dies tun würde, wäre ich aber künftig die Sollbruchstelle Deines Kabinetts", schreibt er. Aller Loyalitätsbekundungen zum Trotz räumt Weiß aber auch ein, dass sein Rückzug Seehofer schadet: "Sowas stärkt nicht den Ministerpräsidenten, sowas stärkt mich nicht", sagt er anschließend. In der CSU-Landtagsfraktion hat sich Weiß mit seinem kompromisslosen Davonstürmen wenig Freunde gemacht - doch die Kritik an Seehofer teilen viele christsoziale Abgeordnete.

    Nun ist Seehofer zwar den aufsässigen Staatssekretär los, doch muss er gleichzeitig mehrere andere Brände bekämpfen. In der CSU_hat sich nach der dritten Wahlschlappe innerhalb von eineinhalb Jahren massiver Unmut angestaut. Bei seinem Amtsantritt im Herbst 2008 erklärte Seehofer es zu seiner Mission, die CSU zu alter Stärke zurückzuführen. Nach nur einem Jahr im Amt ist die CSU von der absoluten Mehrheit weit entfernt - und nun sieht es so aus, als sei das Projekt vorzeitig gescheitert. Eigentlich hat sich der CSU- Vorstand parteiinterne Ruhe verordnet, um Seehofer und die ganze Partei bei den Koalitionsverhandlungen nicht zu schwächen. Von Ruhe ist derzeit aber wenig zu spüren.

    Viele in der CSU machen Seehofer persönlich für das unerwartet schlechte Abschneiden verantwortlich. In der CSU-Landtagsfraktion erinnert sich plötzlich mancher, dass er den Ingolstädter sowieso noch nie mochte. Beklagt werden hinter vorgehaltener Hand vor allem fehlende Glaubwürdigkeit und Sprunghaftigkeit des Chefs. Und das Staatssekretärs-Debakel hat helle Empörung an der kommunalen Basis der CSU ausgelöst. Gemeindetagspräsident Uwe Brandl warnte vor einem "gewaltigen" Vertrauensverlust bei den Kommunen. "Was ist nur mit dem Ministerpräsidenten los?", fragt er. Brandl ist CSU-Mann. Von Carsten Hoefer /dpa

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