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Augsburger verurteilt: Falscher Arzt operierte jahrelang an Münchner Top-Klinik

Augsburger verurteilt

Falscher Arzt operierte jahrelang an Münchner Top-Klinik

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    Falscher Arzt operierte jahrelang an Münchner Top-Klinik
    Falscher Arzt operierte jahrelang an Münchner Top-Klinik

    Von Peter Richter, Augsburg Für viele ist Arzt längst kein Traumberuf mehr, für Lothar B. schon. Trotz seiner teils märchenhaften Karriere dürfte es aber auch sein Trauma sein. Denn der heute 52-jährige

    Er kann es nicht lassen, sich immer wieder als Mediziner auszugeben. Bereits fünfmal ist Lothar B. deswegen verurteilt worden. Er operierte jahrelang erfolgreich am Münchner Klinikum rechts der Isar - obwohl er kein Arzt ist. In Augsburg stand Lothar B. jetzt wieder vor Gericht.

    Bevor Richter Klaus Jelinek den 52-Jährigen wegen wiederholten Titelmissbrauchs für 14 Monate in Haft schickt - womit er ein Urteil der ersten Instanz bestätigt -, geht es im Gerichtssaal um den abenteuerlichen Lebensweg des Angeklagten. Lothar B., Sohn eines Bäckers, macht 1975 am Augsburger Holbein-Gymnasium ein eher mäßiges Abitur mit dem Durchschnitt 3,2. Das schließt wegen der Zulassungsbeschränkung das ersehnte Medizinstudium erst einmal aus.

    Doch der Student gibt nicht auf, wechselt 1981 das Fachgebiet und beginnt endlich Medizin zu studieren. Nebenbei jobbt er an der Technischen Universität, wo er EDV-Projekte betreut. Die verschaffen ihm intime Einblicke in den Alltag im Klinikum rechts der Isar - und Zugang zu wichtigen Stempeln.

    Denn Lothar B. versagt bei Prüfungen immer wieder, schafft nur das Grundstudium. Aus der Traum, Arzt zu werden? Nein. Lothar B. fälscht Dokumente, die ihm sowohl Promotion wie Approbation bescheinigen, und bewirbt sich beim Klinikum rechts der Isar. Der 35-Jährige wird tatsächlich als Assistenzarzt in der Frauenklinik angestellt.

    Die folgenden acht Jahre nimmt der Hochstapler, zuletzt Oberarzt, bei mehr als 100 Frauen Eingriffe vor. Operiert von Krebs befallene Brüste, entfernt die Gebärmutter. In all den Jahren unterläuft ihm nicht ein Kunstfehler, wie es später im Urteil des Landgerichts München II heißt. Im Gegenteil. Eine Ex-Patientin lobt ihn im Prozess: "Es wäre besser, wenn es mehr Praktiker ohne Titel als Theoretiker mit Titel gäbe."

    Im August 1999 kommt nur durch Zufall auf, dass Lothar B. ein Hochstapler ist. Der Frauenarzt, inzwischen als Belegarzt am Kreiskrankenhaus in Schongau tätig, wird in seiner Praxis festgenommen. Er hat den Fehler begangen, einen Strohmann unter seinem Namen zu einer ärztlichen Fortbildung zu schicken. Sein Spezi fällt als Einziger bei der Prüfung durch. Als Lothar B. selbst am Wiederholungskurs teilnimmt und besteht, wird die Ärztekammer misstrauisch.

    In München wird der falsche Doktor wegen gefährlicher Körperverletzung, Titelmissbrauchs sowie Betrugs verurteilt. Die Richter zeigen aber gewisses Verständnis für den Angeklagten. Sie belassen es bei einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Und das Gericht bescheinigt dem Angeklagten sogar eine "günstige Sozialprognose" - ein Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte.

    Zwar gelingt es dem Familienvater, zeitweise hoch dotierte Stellen bei Pharmaunternehmen zu ergattern. Doch sein Lebenslauf sei sein Problem, schilderte er jetzt einigermaßen verzweifelt dem Gericht. Bei seinen Stellensuchen führt er stets detailliert auf, was er medizinisch in all den Jahren gemacht hat. Unerwähnt bleibt aber, dass er dazu nicht befugt war.

    Ein großes Pharmaunternehmen wollte ihn sogar zum Leiter ihrer Forschungsabteilung machen. Die von seinem beruflichen Werdegang beeindruckten Firmenmanager gaben erst im letzten Moment jemand anders den Vorzug. Dass er erneut in Verdacht geriet, hat der 52-Jährige einem Missgeschick zu verdanken. Bei einer Routinekontrolle im Zug war Polizisten aufgefallen, dass der 52-Jährige einen abgelaufenen Arztausweis hatte.

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