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Augsburger Polizistenmord: Verräterische Blutspuren an der Tasche

Augsburger Polizistenmord

Verräterische Blutspuren an der Tasche

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    Die Polizei hat bei den Tatverdächtigen im Fall des ermordeten Augsburger Polizisten Mathias Vieth weitere Waffen gefunden.
    Die Polizei hat bei den Tatverdächtigen im Fall des ermordeten Augsburger Polizisten Mathias Vieth weitere Waffen gefunden. Foto: Polizei

    Es ist ein furchterregendes Waffenarsenal, das die mutmaßlichen Polizistenmörder Rudi R. (56) und Raimund M. (58) gehortet haben sollen: Bei weiteren Durchsuchungen fand die Polizei drei Kalaschnikows, eine Maschinenpistole und acht scharfe Handgranaten.

    Insgesamt lagen in einem geheimen Lager bei einer Verwandten der Männer etwa zehn Schusswaffen. Doch eines der im Fall des Augsburger Polizistenmordes wichtigsten Beweisstücke hat die Polizei schon seit letzter Woche in Händen: Auf einer schwarzen Tasche, die in einem anderen Lager gefunden wurde, sind Blutspuren des ermordeten Polizisten Mathias Vieth, wie Untersuchungen jetzt ergaben.

    Die Beweislast gegen die Männer werde immer erdrückender, so Leitender Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz.

    Von Anfang an eine heiße Spur

    Die Tasche war von Anfang an eine heiße Spur . Wie die bei dem Schusswechsel Ende Oktober verletzte Kollegin von Vieth sagte, hatten die Mörder in der Tatnacht eine solche Tasche auf dem Motorrad dabei. Sie war ihnen so wichtig, dass sie umdrehten, um die Tasche zu holen, die sie im Zuge der Verfolgungsjagd am Tatort im Wald verloren hatten. Während der Schießerei lag die Tasche wohl auf dem Boden und bekam Blutspritzer von Vieth ab. Als die Polizei die Tasche nun fand, war sie leer. Mittlerweile steht durch DNA-Tests fest, dass Blutspuren auf der Tasche von Vieth stammen.

    Auch die Kalaschnikows sind ein Indiz. Von den bisher gefundenen Waffen hatte keine vom Kaliber her gepasst. Nun werden die Waffen einem Beschusstest unterzogen. Jeder Waffenlauf hinterlässt auf einer Kugel eine individuelle Spur. So kann abgeglichen werden, ob eine der Kalaschnikows die Tatwaffe war. Auf Vieth war wohl mit einer Kalaschnikow und mit einer Pistole geschossen worden. Noch ist nicht klar, ob sich diese Pistole im Waffenarsenal befindet.

    Der Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird am frühen Morgen des 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald von unbekannten Tätern erschossen.

    Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollen an diesem Freitagmorgen gegen drei Uhr auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren.

    Die beiden Verdächtigen flüchten sofort in den nahen Siebentischwald, die Beamten nehmen mit ihrem Streifenwagen die Verfolgung auf.

    Im Wald stürzen die Motorradfahrer. Dann kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Beamten und Tätern. Der 41-jährige Polizeibeamte wird trotz Schutzweste tödlich am Hals getroffen, seine Kollegin durch einen Schuss an der Hüfte verletzt.

    Die Täter flüchten. Eine anschließende Großfahndung, an der sich mehrere hundert Polizeibeamte beteiligen, bleibt ohne Erfolg.

    Die Augsburger Polizei richtet noch am gleichen Tag eine Sonderkommission ein. Der Soko "Spickel", benannt nach dem Augsburger Stadtteil, in dem die Tat geschah, gehören zunächst 40 Beamte an.

    Zwei Tage nach dem Polizistenmord geben die Ermittler bekannt, dass das Motorrad der beiden Täter in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2011 im Stadtgebiet von Ingolstadt gestohlen worden war. Dabei wurde die rund 15 Jahre alte Honda kurzgeschlossen.

    Drei Tage nach dem tödlichen Schusswechsel rückt die Polizei erneut mit einem Großaufgebot im Augsburger Spickel an. Taucher von Polizei und Feuerwehr suchen in den Kanustrecken des Eiskanals nach Gegenständen.

    Am 3. November wird Mathias Vieth bestattet. Am gleichen Tag stockt die Polizei die Soko "Spickel" auf 50 Beamte auf. Zugleich wird die Belohnung, die zur Aufklärung des Polizistenmordes ausgesetzt ist, auf 10.000 Euro erhöht.

    Ein Abgleich von DNA-Spuren, die am Tatort gesichert werden konnten, mit der bundesweiten DNA-Datenbank ergibt laut Polizei keinen Treffer.

    Am 7. November findet im Augsburger Dom die offizielle Trauerfeier für Mathias Vieth statt. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt an ihr teilt.

    Zehn Tage nach dem Augsburger Polizistenmord greift die Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall auf. Zwar gehen daraufhin mehrere Hinweise ein, eine heiße Spur ist aber nicht darunter.

    Dezember 2011: Die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird auf insgesamt 100.000 Euro erhöht.

    Am 29. Dezember 2011 nimmt die Polizei in Augsburg und Friedberg zwei Verdächtige fest. Es handelt sich um die Brüder Rudi R. (56) und Raimund M. (58). Schnell wird bekannt: Der Jüngere hat bereits 1975 einen Augsburger Polizisten erschossen.

    Nach der Festnahme entdecken die Fahnder etliche Waffen und auch Sprengstoff. Belastet wird einer der Verdächtigen durch DNA-Spuren, die am Tatort gefunden wurden.

    Auf die Spur der beiden Männer kamen die Ermittler über ein Fahrzeug. Der Wagen war in Tatortnähe beobachtet worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Brüder des Öfteren mit diesem Wagen unterwegs waren.

    Mitte Januar ergeht auch Haftbefehl gegen die Tochter von Raimund M.. Bei ihr wurden Anfang Januar drei Schnellfeuergewehre und acht Handgranaten gefunden, die ihr Vater und dessen Bruder Rudi R. versteckt haben sollen.

    Im Juli 2012 wird die Tochter von Raimund M. verurteilt. Das Gericht spricht sie wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz, wegen Geldwäsche, Hehlerei und Diebstahl schuldig.

    August 2012 Die Augsburger Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Brüder Raimund M., 60, und Rudi R., 58, wegen Mordes am Polizisten Mathias Vieth. Außerdem listet die Anklage fünf Raubüberfälle auf.

    Es zeichnet sich ein Mammutprozess ab. Das Landgericht Augsburg setzt mehr als 49 Verhandlungstage an.

    21. Februar 2013: Der Mordprozess gegen die Brüder beginnt unter großen Sicherheitsvorkehrungen - und mit einem Eklat. Rudi R. beschimpft den Staatsanwalt als "Drecksack".

    August 2013: Das Gericht hat den Mordkomplex abgearbeitet und beginnt mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen. Viele Beobachter rechnen mit einem Mordurteil.

    September 2013: Ein Gutachter stellt fest, dass sich M.s Gesundheitszustand nach 15-monatiger Isolationshaft so verschlechtert hat, dass er verhandlungsunfähig ist.

    November 2013: Das Gericht setzt den Prozess gegen M. aus. Er bleibt vorerst in Haft. Gegen seinen Bruder Rudi R. wird normal weiterverhandelt.

    Februar 2014: Rudi R. wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an.

    September 2014: Der neue Prozess gegen Raimund M. beginnt.

    Februar 2015: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Augsburger Urteil gegen Rudolf R.

    Die Staatsanwaltschaft rechnet sowohl die Funde der vergangenen Woche (etwa 20 Schusswaffen) als auch die aktuellen Funde beiden Verdächtigen zu. Die Herkunft der Waffen ist unklar. Beide Männer schweigen weiter. M. wird von dem Augsburger Anwalt Werner Ruisinger vertreten. Sein Mandant mache momentan keine Aussagen, so Ruisinger, der M. mehrmals im Gefängnis besucht hat. R. hat wohl noch immer keinen Verteidiger benannt.

    Rudi R. ging keiner Arbeit nach

    Unklar ist noch, ob die Polizei gegen Personen aus dem Umfeld der Männer ermitteln wird. „Wir prüfen, wer in welcher Weise involviert ist“, so Nemetz. Dies gelte auch für mögliche Taten der Beschuldigten in der Vergangenheit. Die neuesten Waffenfunde machte die Polizei in einem Geheimlager bei einer Verwandten der Männer. „Es gibt aber keine Anhaltspunkte, dass sie etwas wusste“, so Nemetz. Wer die Frau ist, sagen die Behörden nicht, um sie vor der Öffentlichkeit zu schützen.

    In der gutbürgerlichen Wohnanlage im Augsburger Stadtteil Lechhausen, wo R. zuletzt mit seiner dementen Mutter lebte und wo zufällig erst im Sommer ein Mord Schlagzeilen machte, bei dem ein 42-Jähriger einem 38-Jährigen die Kehle aufgeschlitzt haben soll (wir berichteten), waren die Waffen wohl nicht gelagert, auch wenn die Polizei dort am Dienstag noch mal alles auf den Kopf stellte. 

    Nachbarn äußerten sich schockiert. Warm scheint mit R. kaum jemand geworden zu sein. Wenn man ihn gefragt habe, was er beruflich mache, sei er einsilbig geworden. Offenbar ging R. keiner Arbeit nach und bezog keine Sozialleistungen. Um seine Mutter habe er sich gut gekümmert, heißt es. Die alte Frau ist anderweitig untergebracht. In M.s Wohnung im nahen Friedberg, wo er mit seiner Frau zusammenlebte, bemerkten Nachbarn keine größere Polizeiaktion mehr. Angeblich gab es zuletzt aber weitere Durchsuchungen in Friedberg und Kissing.

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