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Augsburg: Umstrittener Laborarzt Schottdorf ist tot

Augsburg

Umstrittener Laborarzt Schottdorf ist tot

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    Bernd Schottdorf im Jahr 2016.
    Bernd Schottdorf im Jahr 2016. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    Bernd Schottdorf hat eine Minen-Explosion in Simbabwe überlebt. Und er hat in Augsburg aus einer Garagenfirma Europas größtes Unternehmen für Labormedizin geformt. Doch nun hat der ebenso willensstarke wie umstrittene Laborarzt seinen letzten Kampf verloren. Er erlag einer langen schweren Krankheit, wie sein langjähriger Rechtsanwalt Martin Imbeck bestätigte. Nach Informationen unserer Redaktion litt Schottdorf seit Jahren an Krebs. Er lebte zuletzt auf dem Jagdschloss Duttenstein (Landkreis Heidenheim). Schottdorf wurde 78 Jahre alt.

    Um seine Zähigkeit und Willensstärke bemessen zu können, sollte man diese Geschichte kennen: Am 20. Oktober 1977 war der Augsburger Laborunternehmer auf einer Safari im bürgerkriegsgeplagten Rhodesien, dem heutigen Simbabwe. Der Jeep fuhr auf eine Panzermine. Die hinteren Insassen waren sofort tot. Der Fahrer rannte davon. Schottdorfs Körper war zu 75 Prozent verbrannt. Die Überlebenschance war nicht hoch.

    Doch der Mediziner schleppte sich schwerst verletzt von der Unfallstelle zum nächsten Dorf. Mit einem Hubschrauber wurde er in die Hauptstadt Salisbury gebracht. Das Morphium gegen die Schmerzen dosierte er sich selbst. Ein Pilot der British Airways brachte ihn nach Deutschland. Als er aus dem Krankenhaus kam, wog er nur noch 60 Kilo. Aber er lebte.

    Wie Schottdorf hunderte Millionen Euro machte

    In den vergangenen Jahrzehnten hat Schottdorf wohl hunderte Millionen Euro mit seinem Großlabor gemacht. Anfang der 1970er Jahre war er der Erste, der die computergestützte Laboranalyse einführte. Damit hängte er die Konkurrenz ab, weil er viel mehr Proben bearbeiten konnte. Diesen Vorteil nutzte er und machte aus seiner Mini-Firma Europas größtes Laborunternehmen. So schuf sich der Mann Feinde. Und er versuchte, alle Möglichkeiten des Gesundheitssystems zu nutzen. Häufig fiel der Begriff „Grenzgänger“, wenn es um Schottdorf ging. Das brachte ihm Anzeigen und mehrere Prozesse am Landgericht Augsburg ein.

    In den Fokus der Öffentlichkeit geriet Bernd Schottdorf zum ersten Mal Ende der 1980er Jahre – mit einer skurrilen Spionageaktion. Ein Augsburger Konkurrent schlich sich mit falschem Bart und Perücke in das Labor Schottdorf ein, um Beweismaterial zu sammeln. Der Spion wurde enttarnt und wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Doch Schottdorf war auf dem Radar der Augsburger Staatsanwaltschaft, die immer wieder meinte, der Biologe mit dem schlohweißen Haar habe die Grenzen des Abrechnungssystems überschritten.

    Landgericht Augsburg: Schottdorf hat Lücken ausgenutzt

    Erst jüngst wurde er erneut angeklagt. Die Schottdorf-Firma Syscomp soll mehrere hundert Kurierfahrer scheinselbstständig beschäftigt und die Sozialkassen so um rund 14,5 Millionen Euro geprellt haben. Diese Anklage ist mit Schottdorfs Tod hinfällig. Seine Ex-Frau, sie ist Geschäftsführerin der Laborfirma, wird sich dagegen vor Gericht verantworten müssen.

    Doch verurteilt wegen Abrechnungsbetrugs wurde der Afrika-Fan und Hobbymaler ohnehin kein einziges Mal. Das Landgericht Augsburg befand zuletzt 2016, dass Bernd Schottdorf nur Lücken im Gesundheitssystem ausgenutzt habe. Auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags ergab keine handfesten Beweise, dass Politiker die Ermittlungen der Augsburger Staatsanwaltschaft beeinflusst und zum Stillstand gebracht hätten.

    Schottdorf zog sich vor Jahren ganz aus der Firma zurück. Zuletzt arbeitete er an einem Gerät, das Pflanzenabfall in Kohlenstoff umwandeln sollte. Er nannte es unbescheiden „Schottdorf-Meiler“.

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