Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Schmiergeld: Die unendliche Geschichte

Augsburg

Schmiergeld: Die unendliche Geschichte

    • |
    Dieter Holzer (links) soll dem ehemaligen Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls dabei geholfen haben ein Millionenvermögen zu verstecken.
    Dieter Holzer (links) soll dem ehemaligen Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls dabei geholfen haben ein Millionenvermögen zu verstecken. Foto: dpa

    Vor 18 Jahren deckten Augsburger Steuerfahnder und Staatsanwälte einen Schmiergeldskandal mit bundespolitischen Dimensionen auf. Er ist eng verbunden mit dem Namen eines in Bayern beheimateten Lobbyisten: Karlheinz Schreiber. Zum zweiten Mal steht der heute 78-Jährige gegenwärtig in Augsburg vor Gericht. Der Bundesgerichtshof hatte Teile seines Urteils, das ihn für acht Jahre ins Gefängnis schickte, aufgehoben.

    Staatssekretär Pfahls wurde nach fünf Jahren Flucht in Paris festgenommen

    Doch dies wird nicht der letzte Prozess in dem Korruptionsskandal sein. Denn auch Dieter Holzer, ein anderer Lobbyist mit einst weltweiten Geschäftsbeziehungen, der im Übrigen am Donnerstag im Schreiber-

    Der Fall Schreiber: eine Chronologie

    Karlheinz Schreiber, eine Hauptfigur im CDU-Spendenskandal, beschäftigt seit 15 Jahren die Justiz. Eine Chronologie des Falles.

    Oktober 1995: Nach der Durchsuchung seines Hauses in Kaufering bei Landsberg setzt sich Schreiber nach Pontresina in der Schweiz ab.

    September 1997: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erlässt Haftbefehl wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung.

    März 1999: Schreiber flüchtet mit seinem kanadischen Pass nach Ottawa.

    August 1999: Schreiber wird in Toronto gefasst. Die deutsche Justiz beantragt seine Auslieferung. Gegen eine Kaution von 1,2 Millionen kanadischen Dollar (740 000 Euro) kommt er im September wieder auf freien Fuß.

    März 2000: Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhebt Anklage gegen Schreiber wegen Bestechung, Beihilfe zur Untreue, gemeinschaftlichen Betrugs und Steuerhinterziehung. Er soll dem Fiskus rund zehn Millionen Euro vorenthalten haben.

    Januar 2001: Schreiber weigert sich, ohne die Zusicherung eines freien Geleits zum Prozess nach Augsburg zu kommen. Das Landgericht Augsburg trennt sein Verfahren deshalb von anderen ab.

    Mai 2004: Das höchste Gericht der Provinz Ontario ordnet Schreibers Ausweisung an, er geht in Berufung.

    Juni 2004: Schreiber wird nach kurzer Auslieferungshaft erneut gegen die schon 1999 hinterlegte Millionenkaution freigelassen.

    Juli 2005: Der deutsche Bundesrat beschließt eine Verschärfung der Verjährungsregeln («Lex Schreiber»). Danach ruht die Verjährung von Straftaten, solange sich der Beschuldigte im Ausland aufhält und die deutschen Behörden seine Auslieferung betreiben.

    Februar 2007: Das oberste kanadische Gericht weist Schreibers Einspruch gegen seine Überstellung nach Deutschland ab.

    Juni 2007: Schreiber verklagt Kanada vor einem Bundesgericht in Halifax (Provinz Neuschottland) wegen angeblicher «Rechtsbrüche» auf Schadenersatz von 35 Millionen Dollar. Der Richter weist die Klage ab.

    November 2007: Das Berufungsgericht von Ontario gibt grünes Licht für Schreibers Auslieferung. Schreiber beantragt ein Berufungsverfahren - sein dritter Gang zum Supreme Court. Das Berufungsgericht von Ontario setzt die Auslieferung bis zum Votum des Obersten Gerichtshofs aus.

    Dezember 2007: Schreiber, seit 4. Oktober in Abschiebehaft, wird gegen die inzwischen auf 1,31 Millionen kanadische Dollar erhöhte Kaution vorerst wieder auf freien Fuß gesetzt.

    August 2008: Das Berufungsgericht von Ontario verwirft den vierten Antrag Schreibers gegen seine Auslieferung.

    August 2009: Nach einer letzten Niederlage vor Gericht wird Schreiber nach Deutschland geflogen.

    18. Januar 2010: Vor dem Landgericht Augsburg beginnt das Verfahren gegen Schreiber. Den Vorwurf der Bestechung hat das Gericht wegen Verjährung allerdings aus dem Haftbefehl genommen.

    Mai 2010: Karlheinz Schreiber wird wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Das ist eine der höchsten Strafen, die je in Deutschland für dieses Delikt ausgesprochen wurden.

    September 2011: Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt das Schreiber-Urteil des Augsburger Landgerichts in Teilen auf. Der Fall muss neu verhandelt werden.

    Mai 2012: Schreiber wird aus der Haft entlassen. Grund dafür ist sein Gesundheitszustand. Anfang März erlitt der 78-Jährige in U-Haft einen Herzinfarkt.

    September 2012: In Augsburg beginnt der Revisionsprozess gegen Schreiber.

    Oktober 2013: Die Staatsanwaltschaft plädiert für zehn Jahre Haft.

    November 2013: Schreiber wird zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

    Sie hatten Ludwig-Holger Pfahls, wie sie zugegeben haben, dabei geholfen, sein Millionenvermögen zu verstecken. Als er nach fünfjähriger Flucht in Paris festgenommen wurde, hatte der frühere Staatssekretär behauptet, völlig mittellos zu sein.

    Lobbyist Dieter Holzer in U-Haft

    Angeklagt der Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung stand Pfahls 2005 in Augsburg erstmals vor Gericht und wurde zur Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Doch Pfahls hatte gelogen. Insgeheim besaß er, getarnt durch Mittelsmänner wie Holzer, neben viel Bargeld sogar eine schicke Villa in Südfrankreich – was aufmerksamen Steuerfahndern dann doch nicht verborgen blieb. 2011 ist der heute 70-Jährige wegen betrügerischen Bankrotts verurteilt worden. Gegenwärtig verbüßt er eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren.

    Inzwischen Freigänger, darf Pfahls sich tagsüber frei bewegen. In den zurückliegenden Wochen tauchte er mehrmals im Augsburger Landgericht auf, um im Schreiber-Prozess als Zeuge auszusagen.

    Sein Freund Dieter Holzer sitzt dagegen noch in München-Stadelheim in Untersuchungshaft. Sein Vorstrafenregister weist allerdings auch mehr Eintragungen auf. So hatte der Lobbyist 2009 vor dem Landgericht Düsseldorf gestanden, der früheren Verteidigungsstaatssekretärin Agnes Hürland-Büning (CDU) geholfen zu haben, Steuern in Höhe von 1,7 Millionen Euro zu hinterziehen. Bereits ein Jahr zuvor war Holzer in Augsburg wegen Falschaussage verurteilt worden. Er hatte im Prozess gegen Max Strauß nachweislich gelogen.

    "Geschenke" ohne Gegenleistung

    Holzer ist da sehr wahrscheinlich nicht der Einzige gewesen. So liegen seit Jahren zwei Anklagen gegen den früheren Thyssen-Manager Winfried Haastert bei Gericht. 2007 im Prozess gegen den Politiker-Sohn und dann noch einmal 2010, im ersten Prozess gegen Karlheinz Schreiber, soll er gelogen haben. Der heute 71-Jährige will damals nichts von Schmiergeldern bemerkt haben, die 1991 an Pfahls beim Panzergeschäft mit Saudi-Arabien geflossen sind.

    Der frühere Personalvorstand bei Thyssen ist bereits wegen Steuerhinterziehung und Untreue rechtskräftig verurteilt. Haastert, der nachweislich von Schreiber 770 000 Euro in bar erhalten hat, behauptet, diese seien ein „Geschenk“ gewesen – ganz ohne Gegenleistung.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden