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Augsburg: Polizistenmord: Darum wird ab Herbst ein zweites Mal verhandelt

Augsburg

Polizistenmord: Darum wird ab Herbst ein zweites Mal verhandelt

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    Der Prozess um den Mord an dem Augsburger Polizisten Mathias Vieth geht in eine neue Runde. Ab Herbst wird wieder verhandelt, der Fall von Vorne aufgerollt. Warum? Die Antworten.
    Der Prozess um den Mord an dem Augsburger Polizisten Mathias Vieth geht in eine neue Runde. Ab Herbst wird wieder verhandelt, der Fall von Vorne aufgerollt. Warum? Die Antworten. Foto: Schöllhorn/Archiv

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth war am 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald erschossen worden. Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollten an diesem frühen Morgen auf einem Parkplatz am Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren. Diese flüchteten. Im Wald kam es zu einem Schusswechsel - Vieth wurde dabei getötet.

    Einer der beiden Täter, Rudolf Rebarczyk, wurde im Februar 2014 wegen Polizistenmordes zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt.  Im Herbst nun wird gegen seinen Bruder Raimund M. verhandelt. Auch er saß schon vor über einem Jahr auf der Anklagebank. Dann aber wurde der Prozess gegen ihn vorläufig eingestellt. Warum das so war, was nun passierte und wie es jetzt weitergeht - die Antworten:

    Warum wurde Rudolf Rebarczyk wegen Mordes verurteilt, sein Bruder aber nicht?

    Rudolf Rebarczyk und Raimund M. standen beide gemeinsam wegen des Mordes an Mathias Vieth vor dem Schwurgericht. Mehrere Monate lang wurde gegen beide verhandelt. Im November 2013 platzte der Prozess gegen Raimund M. dann. Denn der damalige Sachverständige Ralph-Michael Schulte hielt den 61-Jährigen für zu krank, um weiter verhandeln zu können. M. leidet an Parkinson. In der mehrmonatigen Isolationshaft habe sich sein Zustand weiter verschlechtert.

    Was geschah mit dem kranken Raimund M.?

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    Im Oktober 2011 wurde der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth im Dienst erschossen. Die beiden Täter werden später verurteilt.

    Während Rudolf Rebarczyk weiter vor Gericht stand und schließlich verurteilt wurde, trennte das

    Ist Raimund M. verhandlungsfähig?

    Raimund M. habe in der Klinik nicht mit Ärzten gesprochen, heißt es. Dennoch ist Gutachter Christian Graz der Ansicht, genug beobachtet zu haben. Er ist sich sicher, dass M. verhandlungsfähig ist. Graz schreibt in seinem Gutachten, dass M. durch Krankheit und Alter nur leicht beeinträchtigt sei. Er könne aber auch komplexe Sachverhalte aufnehmen.

    Muss der Fall komplett neu aufgerollt werden?

    Ja. Zwar hatte das Gericht schon im Urteil gegen Rudolf Rebarczyk festgestellt, dass auch M. an dem Mord beteiligt war, er sogar als erstes mit einer Pistole das Feuer auf den Polizeibeamten eröffnete; dennoch müssen alle Indizien und Zeugenaussagen nun erneut gesichtet und bewertet werden.

    Das Gericht hat Raimund M. im Urteil gegen Rebarczyk als Mittäter genannt. Sind die Richter befangen?

    Der Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird am frühen Morgen des 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald von unbekannten Tätern erschossen.

    Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollen an diesem Freitagmorgen gegen drei Uhr auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren.

    Die beiden Verdächtigen flüchten sofort in den nahen Siebentischwald, die Beamten nehmen mit ihrem Streifenwagen die Verfolgung auf.

    Im Wald stürzen die Motorradfahrer. Dann kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Beamten und Tätern. Der 41-jährige Polizeibeamte wird trotz Schutzweste tödlich am Hals getroffen, seine Kollegin durch einen Schuss an der Hüfte verletzt.

    Die Täter flüchten. Eine anschließende Großfahndung, an der sich mehrere hundert Polizeibeamte beteiligen, bleibt ohne Erfolg.

    Die Augsburger Polizei richtet noch am gleichen Tag eine Sonderkommission ein. Der Soko "Spickel", benannt nach dem Augsburger Stadtteil, in dem die Tat geschah, gehören zunächst 40 Beamte an.

    Zwei Tage nach dem Polizistenmord geben die Ermittler bekannt, dass das Motorrad der beiden Täter in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2011 im Stadtgebiet von Ingolstadt gestohlen worden war. Dabei wurde die rund 15 Jahre alte Honda kurzgeschlossen.

    Drei Tage nach dem tödlichen Schusswechsel rückt die Polizei erneut mit einem Großaufgebot im Augsburger Spickel an. Taucher von Polizei und Feuerwehr suchen in den Kanustrecken des Eiskanals nach Gegenständen.

    Am 3. November wird Mathias Vieth bestattet. Am gleichen Tag stockt die Polizei die Soko "Spickel" auf 50 Beamte auf. Zugleich wird die Belohnung, die zur Aufklärung des Polizistenmordes ausgesetzt ist, auf 10.000 Euro erhöht.

    Ein Abgleich von DNA-Spuren, die am Tatort gesichert werden konnten, mit der bundesweiten DNA-Datenbank ergibt laut Polizei keinen Treffer.

    Am 7. November findet im Augsburger Dom die offizielle Trauerfeier für Mathias Vieth statt. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt an ihr teilt.

    Zehn Tage nach dem Augsburger Polizistenmord greift die Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall auf. Zwar gehen daraufhin mehrere Hinweise ein, eine heiße Spur ist aber nicht darunter.

    Dezember 2011: Die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird auf insgesamt 100.000 Euro erhöht.

    Am 29. Dezember 2011 nimmt die Polizei in Augsburg und Friedberg zwei Verdächtige fest. Es handelt sich um die Brüder Rudi R. (56) und Raimund M. (58). Schnell wird bekannt: Der Jüngere hat bereits 1975 einen Augsburger Polizisten erschossen.

    Nach der Festnahme entdecken die Fahnder etliche Waffen und auch Sprengstoff. Belastet wird einer der Verdächtigen durch DNA-Spuren, die am Tatort gefunden wurden.

    Auf die Spur der beiden Männer kamen die Ermittler über ein Fahrzeug. Der Wagen war in Tatortnähe beobachtet worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Brüder des Öfteren mit diesem Wagen unterwegs waren.

    Mitte Januar ergeht auch Haftbefehl gegen die Tochter von Raimund M.. Bei ihr wurden Anfang Januar drei Schnellfeuergewehre und acht Handgranaten gefunden, die ihr Vater und dessen Bruder Rudi R. versteckt haben sollen.

    Im Juli 2012 wird die Tochter von Raimund M. verurteilt. Das Gericht spricht sie wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz, wegen Geldwäsche, Hehlerei und Diebstahl schuldig.

    August 2012 Die Augsburger Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Brüder Raimund M., 60, und Rudi R., 58, wegen Mordes am Polizisten Mathias Vieth. Außerdem listet die Anklage fünf Raubüberfälle auf.

    Es zeichnet sich ein Mammutprozess ab. Das Landgericht Augsburg setzt mehr als 49 Verhandlungstage an.

    21. Februar 2013: Der Mordprozess gegen die Brüder beginnt unter großen Sicherheitsvorkehrungen - und mit einem Eklat. Rudi R. beschimpft den Staatsanwalt als "Drecksack".

    August 2013: Das Gericht hat den Mordkomplex abgearbeitet und beginnt mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen. Viele Beobachter rechnen mit einem Mordurteil.

    September 2013: Ein Gutachter stellt fest, dass sich M.s Gesundheitszustand nach 15-monatiger Isolationshaft so verschlechtert hat, dass er verhandlungsunfähig ist.

    November 2013: Das Gericht setzt den Prozess gegen M. aus. Er bleibt vorerst in Haft. Gegen seinen Bruder Rudi R. wird normal weiterverhandelt.

    Februar 2014: Rudi R. wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an.

    September 2014: Der neue Prozess gegen Raimund M. beginnt.

    Februar 2015: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Augsburger Urteil gegen Rudolf R.

    Auf den ersten Blick könnte das wie eine Vorverurteilung aussehen. Unter Paragraf 24 der Strafprozessordnung ist aber geregelt, dass Richter nicht allein deshalb abgelehnt werden können, weil sie in demselben Fall schon einmal entschieden haben. Knackpunkt ist, dass es eine neue, umfangreiche Beweisaufnahme geben muss. Das hat Richter Wiesner angekündigt.

    Wie wird der Prozess gegen Raumund M. ablaufen?

    Im Prinzip genau so, wie das erste Verfahren. Allerdings hat der Gutachter empfohlen, dass es maximal zwei Verhandlungstage pro Woche geben, und die Termine nicht länger als sechs Stunden dauern sollten.

    Wann wird ein Urteil fallen?

    Der Prozess gegen den 61-Jährigen soll im Herbst beginnen. Das Gericht plant mit Terminen bis Mai nächsten Jahres.

    Welche Strafe droht dem mutmaßlichen Polizistenmörder?

    Raimund M. muss mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe rechnen.

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