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Augsburg: Nach Tumult bei Islamisten-Prozess: Wie oft rasten Angeklagte aus?

Augsburg

Nach Tumult bei Islamisten-Prozess: Wie oft rasten Angeklagte aus?

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    Haidar A., 26, – hier mit Anwalt Walter Rubach – steht in Augsburg vor Gericht, weil er laut Anklage fünf Richter und einen Staatsanwalt ermorden wollte. Weil er wiederholt um sich spuckte, muss er jetzt eine Haube tragen.
    Haidar A., 26, – hier mit Anwalt Walter Rubach – steht in Augsburg vor Gericht, weil er laut Anklage fünf Richter und einen Staatsanwalt ermorden wollte. Weil er wiederholt um sich spuckte, muss er jetzt eine Haube tragen. Foto: Jörg Heinzle

    Solche Bilder gibt es im Strafjustizzentrum nur selten. Ein Angeklagter, der an Händen und Füßen gefesselt ist und über dem Kopf eine Spuckhaube tragen muss. Eine stabile Glasscheibe, die den Angeklagten von der Richterbank trennt. Haidar A., 26, ist auch kein gewöhnlicher Angeklagter.

    Er ist angeklagt, weil er während einer Gerichtsverhandlung einem Polizisten die Pistole entreißen und fünf Richter sowie den Staatsanwalt erschießen wollte. So dramatisch wie im Fall von Haidar A. spitzt sich die Lage in bayerischen Gerichtssälen nur selten zu – dass Angeklagte ausrasten, gibt es aber immer wieder.

    Die Zahl der Ausraster vor Gericht bewegt sich nach Einschätzung der bayerischen Justiz seit Jahren in einem ähnlichen Bereich. Bayernweite Zahlen werden nach Angaben des Justizministeriums dazu zwar nicht erhoben. Größere Probleme an den

    Am Augsburger Landgericht gab es schon mehrere Vorfälle

    Am Augsburger Landgericht gab es vor rund zwei Jahren kurz hintereinander mehrere Vorfälle im großen Schwurgerichtssaal. Neben dem mutmaßlichen sechsfachen Mordversuch durch Haidar A. gab es nur kurz zuvor noch eine zweite Eskalation.

    Ein gerade zu einer Gefängnisstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilter Angeklagter warf seinen Stuhl in Richtung der Richter. Eine Justizwachtmeisterin und zwei Kollegen stürzten sich auf den 21-jährigen Angeklagten, einen afrikanischen Asylbewerber, und überwältigten ihn unter Einsatz von Pfefferspray. Die Richter bestraften den Stuhlwurf bei der Verhandlung wenige Monate später als versuchte Körperverletzung und die leichten Verletzungen, die zwei Justizwachtmeister bei der Rangelei erlitten, als vorsätzliche

    Einlasskontrollen gibt es in Bayern inzwischen an allen Gerichten, seitdem ein Angeklagter im Januar 2012 in Dachau einen Staatsanwalt erschossen hat. Der Täter hatte damals unbemerkt eine Pistole in den Gerichtssaal mitgebracht.

    Ein 26-jähriger Syrer soll versucht haben, bei einem Prozess in Augsburg die Richter und den Staatsanwalt mit der Dienstwaffe eines Polizisten zu erschießen. Deshalb steht er nun vor Gericht. Zum Prozessauftakt gab es ein Gerangel mit den Sicherheitskräften.
    Ein 26-jähriger Syrer soll versucht haben, bei einem Prozess in Augsburg die Richter und den Staatsanwalt mit der Dienstwaffe eines Polizisten zu erschießen. Deshalb steht er nun vor Gericht. Zum Prozessauftakt gab es ein Gerangel mit den Sicherheitskräften. Foto: Bernd Hohlen

    Eine Spuckhaube als letztes Mittel

    Dass ein Angeklagter eine sogenannte Spuckhaube tragen muss, versuche man als Richter zu vermeiden, sagt Simone Bader. Das sei das letzte Mittel, wenn ein Angeklagter nicht zur Räson zu bringen sei. Eine Spuckhaube werde nur dann genutzt, wenn ein Angeklagter bereits durch Spucken aufgefallen sei und es trotz Ermahnung wieder tue. So ist es auch bei Haidar A. Er hatte schon in der ersten Gerichtsverhandlung in Richtung der Richter gespuckt. Damals hatte ihn das Schwurgericht zu fast 13 Jahren Haft verurteilt, weil er versucht hatte, einen Mitbewohner in einem Asylheim mit einem Messer zu enthaupten. Weil er mit dem Urteil nicht einverstanden war, rastete er aus – und griff dabei auch nach der Dienstwaffe. Als er nun beim Prozess wegen dieses Vorfalls wieder spuckte – in Richtung der Pressefotografen – ordnete die Vorsitzende Richterin Sandra Mayer an, dass ihm die Haube aus dünnem Stoff übergezogen wird. Als er danach sagte, er verspreche, sich jetzt korrekt zu verhalten, entgegnete sie: „Sie hatten Ihre Chance.“

    Die Hauben, die man für rund fünf Euro auch im Internet kaufen kann, wurden im Jahr 2016 auch bei der bayerischen Polizei eingeführt. Alle Dienststellen seien damit ausgestattet, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums. Ob die Beamten sie auch im Streifenwagen dabeihaben, entscheide jedes Präsidiumselbst. Die Spuckschutzhaube sei nur dann zugelassen, so die Sprecherin, wenn aufgrund der Verhaltensweise des Betroffenen ein entsprechender Angriff zu erwarten sei. Ein rein präventiver Einsatz sei nicht erlaubt. Die Erfahrungen der

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