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Augsburg: Goldfinger-Prozess: Staatsanwaltschaft hält Richter für befangen

Augsburg

Goldfinger-Prozess: Staatsanwaltschaft hält Richter für befangen

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    Das Steuergestaltungsmodell mit Goldhandel im Ausland wurde von den Ermittlern „Goldfinger“ getauft, nach dem bekannten James-Bond-Film.
    Das Steuergestaltungsmodell mit Goldhandel im Ausland wurde von den Ermittlern „Goldfinger“ getauft, nach dem bekannten James-Bond-Film. Foto: Bas Czerwinski, dpa

    Keine Woche ohne spektakuläre Entwicklung im Augsburger Goldfinger-Prozess: Nachdem das Gericht am vergangenen Mittwoch überraschend die Einstellung des Verfahrens vorgeschlagen hatte, reichte die Staatsanwaltschaft nun postwendend einen Befangenheitsantrag gegen Johannes Ballis, den Vorsitzenden Richter der 10. Strafkammer am Landgericht Augsburg, ein. Sie sieht „Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit“ Ballis’ zu rechtfertigen.

    Das Gericht hatte bei der jüngsten Verhandlung deutlich gemacht, dass es die Vorwürfe der Anklage als weitgehend unbegründet betrachte. „Gerade die Hauptverhandlung hat ergeben, dass die Angeklagten kein Steuerhinterziehungsmodell entworfen und vertrieben haben“, sagte Ballis. Er empfahl, alle Verfahren aus diesem juristischen Komplex gegen eine Geldauflage einzustellen. Damit bezog er sich nicht nur auf die beiden angeklagten Münchner Rechtsanwälte und Steuerberater Martin H. und Diethard G., sondern auch auf die rund 100 Millionäre, die ihr Geld in dem umstrittenen Goldfinger-Modell angelegt hatten.

    So funktioniert der "Goldfinger"-Steuertrick

    Der "Goldfinger"-Steuertrick kurz erklärt

    Vereinfacht ausgedrückt funktioniert „Goldfinger“ so: Die Goldhandelsfirma musste in einem Land gegründet werden, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen hat. Auf diese Weise konnten Verluste beim Ankauf von Gold in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden.

    So wurden Einkünfte aus dem Verkauf des Goldes im Jahr darauf steuerlich kompensiert. Die Steuerlast konnte massiv gedrückt werden.

    Im besten Fall konnte im ersten Jahr der Steuersatz auf null Prozent gesenkt werden. Im nächsten Jahr erhöhte sich der Steuersatz nur minimal, weil der Betroffene ohnehin nahe am Spitzensteuersatz lag.

    Beim „Goldfinger“-Modell hat der Gesetzgeber über Jahre ein Schlupfloch gelassen. Vor allem bei Einkommensmillionären war dieser Trick beliebt, sie konnten ihre Steuerlast massiv reduzieren. Doch seit 2013 ist die Steuervermeidung über dieses Modell gesetzlich verboten.

    Der Bundesfinanzhof in München, das höchste deutsche Finanzgericht, hatte 2017 allerdings zwei spezielle „Goldfinger“-Modelle unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig akzeptiert. Hier stellt sich aber die Gerechtigkeitsfrage. Denn dieses Modell können sich nur Reiche leisten, weil dafür hohe Summen und teure Top-Steuerberater nötig sind. (hogs)

    Staatsanwaltschaft hält Beweisaufnahme im Goldfinger-Prozess für nicht abgeschlossen

    Die Staatsanwaltschaft ist allerdings der Meinung, dass die Ausführungen des Vorsitzenden Richters „eine Festlegung bezüglich des Schuldgehalts und zu den zu erwartenden Strafen für die Angeklagten“ dokumentierten, und zwar „zu einem Zeitpunkt, an dem die Beweisaufnahme bei weitem noch nicht abgeschlossen ist“, wie es in einer Mitteilung heißt. Eine andere Strafkammer des Augsburger Landgerichts muss nun über den Befangenheitsantrag entscheiden.

    In dem Prozess geht es um ein Steuerspar-Modell, das nach dem James-Bond-Film „Goldfinger“ benannt ist. Vermögende Bürger sollen über den Handel mit Gold oder anderen hochwertigen Gegenständen im Ausland Millionensummen an Steuern gespart haben.

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