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Augsburg: Doppelmord von Hirblingen: Anklage fordert lebenslange Haftstrafe

Augsburg

Doppelmord von Hirblingen: Anklage fordert lebenslange Haftstrafe

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    Der Angeklagte im Gespräch mit Verteidiger Hansjörg Schmid. Schon morgen könnte ein Urteil in dem Prozess fallen.
    Der Angeklagte im Gespräch mit Verteidiger Hansjörg Schmid. Schon morgen könnte ein Urteil in dem Prozess fallen. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Im Prozess um den Doppelmord von Hirblingen hält die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Waldemar N. für überführt. Staatsanwältin Martina Neuhierl sagte am Montagnachmittag, es gebe überhaupt keine Zweifel, dass N. seine beiden Nachbarinnen ermordet habe. Eine ganze Menge an Indizien belege, dass er der Täter sei. Sie forderte eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. N.s Verteidiger verlangten dagegen, dass ihr Mandant freigesprochen wird.

    Die beiden Opfer Beate N. und Elke W. seien vor knapp einem Jahr mitten aus dem Leben gerissen worden, so Neuhierl, und zwar aus einem Leben, das sie sich schön gestaltet hatten. All dies habe Waldemar N. auf ganz brutale Weise und aus egoistischen Motiven zerstört. Der 32-Jährige habe an notorischem Geldmangel gelitten und habe sich daher entschlossen, die beiden Nachbarinnen zu überfallen und zu töten. Am Morgen des Freitag, 9. Dezember 2016, habe er sich nach seiner Nachtschicht Zutritt zur Wohnung der Frauen verschafft. Den Hausschlüssel hatte N.s Mutter – sie hatte sich seit Jahren in Urlaubszeiten um die Katze und die Pflanzen der Nachbarinnen gekümmert. Mindestens ein langes Küchenmesser habe N. dabei gehabt. Sein Ziel laut Staatsanwältin: An die Bankkarten der beiden Frauen kommen, von denen er gewusst habe, dass sie vermögend waren. Sein Motiv: Habgier.

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    Die Tat und das, was danach geschah, skizziert Martina Neuhierl so: N. habe morgens zwischen 6.30 und 9.45 Uhr zuerst Beate N. mit dem Messer und mit Schlägen attackiert, dann Elke W. Mittags habe er die Leichen der Frauen in Schlafsäcke gepackt und in den Kofferraum des Autos von Beate N. gebracht. In den folgenden beiden Tagen müsse er die Wohnung und den Keller des Hauses penibel geputzt haben. In der Nacht zum Montag soll Waldemar N. die Leichen der Frauen in der Nähe der Kläranlage von Hirblingen an der Schmutter vergraben haben. Für Staatsanwältin Neuhierl gibt es auch keinen Zweifel, dass N. die Tat allein begangen hat.

    Die Vertreterin der Nebenklägerinnen, Rechtsanwältin Marion Zech, schließt sich der Forderung der Staatsanwältin nach einer lebenslangen Haftstrafe an. Sie erinnert daran, dass eines der beiden Opfer keinerlei Abwehrverletzungen hatte und sagt zum Angeklagten: „Das, was Sie getan haben, könnte man als Hinrichtung bezeichnen, aber das wäre zu wenig. Es war ein Abschlachten, das von einem unbedingten Vernichtungswillen getragen war.“ Zech geht auch auf die Frage ein, warum es sich zwei Angehörige der Opfer antun, am Prozess teilzunehmen, Tat-Rekonstruktionen und Obduktionsberichte zu hören. Ihre Antwort: Es ist das Letzte, was die Angehörigen für die Getöteten tun können. Ein Mörder nehme nicht nur den Getöteten das Leben, sondern er nehme auch den Angehörigen einen Teil des Lebens. Im Gegensatz zu der Familie des Täters, die verdrängen und wegschieben könnten, müssten Angehörige mit der grausamen Realität leben, dass Familienmitglieder nicht mehr am Leben seien.

    Neben dem Flüsschen Schmutter hatten die Beamten kurz vor Heiligabend die Leichen der beiden getöteten Frauen aus Hirblingen entdeckt.
    Neben dem Flüsschen Schmutter hatten die Beamten kurz vor Heiligabend die Leichen der beiden getöteten Frauen aus Hirblingen entdeckt. Foto: Marcus Merk (Archivfoto)

    Verteidiger Walter Rubach kritisiert, dass die Schlussfolgerungen der Staatsanwaltschaft allesamt Rückschlüsse seien (hier lesen Sie ein Portät über den bekannten Anwalt). Er warnt davor, in solchen Indizienprozessen entlastende Hinweise von vornherein auszublenden, die nicht ins Bild der Ermittler passen. Auch davor, DNA-Spuren als „Wundermittel“ der Ermittlungsbehörden zu betrachten: „Die DNA für sich genommen sagt gar nichts“, so Rubach. Solche Spuren müssten bewertet und in einen Kontext gestellt werden. Rubach weist auf mehrere spektakuläre Ermittlungspannen mit Genspuren der vergangenen Jahre hin.

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    Zudem stellt der Verteidiger in Frage, ob der Angeklagte allein überhaupt in der Lage gewesen sein kann, die Bluttat zu begehen. „Diese und andere Fragen werden sie sich stellen müssen“, sagt Rubach ans Schwurgericht gewandt. Auch das von der Staatsanwalt angenommene Motiv Habgier bezweifelt Rubach stark. „Der Angeklagte lebte nicht in desolaten finanziellen Verhältnissen. Das stimmt einfach nicht.“ Den Bankverbindlichkeiten stünden schließlich Sachwerte gegenüber. Rubach endet mit den Worten: „Sie können meinem Mandanten alles Mögliche vorwerfen, einen Mord können Sie ihm nicht nachweisen. Daher beantrage ich Freispruch.“

    Der Angeklagte mit seinen Verteidigern Hansjörg Schmid (links) und Walter Rubach.
    Der Angeklagte mit seinen Verteidigern Hansjörg Schmid (links) und Walter Rubach. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Rubachs Kollege Hansjörg Schmid argumentiert ähnlich. Die Anklage arbeite vor allem mit Schlussfolgerungen. „Es gibt kein unmittelbares, direktes Beweismittel.“ Wenn man sich unbequemen Fragen stelle, dann müsse man zu der Überzeugung kommen, es bestünden Zweifel. Und wenn es Zweifel gebe, müsse der Angeklagte freigesprochen werden.

    Zuvor hatte sich das Verfahren um mehrere Stunden verzögert, weil das Gericht sieben Beweisanträgen der Verteidiger stattgegeben hatte. Daraufhin wurden im Eiltempo sechs zusätzliche Zeugen gehört und einige Dokumente verlesen. Der Erkenntnisgewinn blieb jedoch dürftig.  Das Urteil soll am Dienstag um 11 Uhr verkündet werden.

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