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Augsburg: Das Geld reicht kaum zum Leben: Warum Zauberer Hardy in der Fuggerei lebt

Augsburg

Das Geld reicht kaum zum Leben: Warum Zauberer Hardy in der Fuggerei lebt

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    Zauberer Hardy, der eigentlich Erhard Smutny heißt, lebt mit seinem Kaninchen Micky seit über einem Jahr in der Fuggerei.
    Zauberer Hardy, der eigentlich Erhard Smutny heißt, lebt mit seinem Kaninchen Micky seit über einem Jahr in der Fuggerei. Foto: Silvio Wyszengrad

    Mit ihm ist nicht nur ein weißes Kaninchen in die Augsburger Fuggerei gezogen. Ausnahmsweise ließ er schon eine Bewohnerin für den Jungfrauen-Trick schweben. Mit Zauberer Hardy hat die älteste Sozialsiedlung der Welt, die von Jakob Fugger 1521 gestiftet wurde, einen berühmten Bewohner. Viele kennen ihn, weil sein Gesicht seit 1978 auf seinen Kinder-Zauberkästen abgebildet ist. Zudem gibt er seit über 50 Jahren Vorstellungen für Kinder. Doch im Alter reicht dem Zauberer, der am Samstag 70 Jahre alt geworden ist, das Geld kaum zum Leben.

    Hardy, der eigentlich Erhard Smutny heißt, bittet in seine kleine Erdgeschoßwohnung am Ende der Fuggerei. Seit über einem Jahr lebt er jetzt hier. Fotos im Flur zeigen sein bislang bewegtes Leben. Hardy ist mit namhaften Persönlichkeiten abgebildet - mit Politiker Franz Josef Strauß etwa, Musiker Udo Lindenberg oder den Magiern Siegfried und Roy. Im Wohnzimmer stapeln sich Ausgaben seiner Zauberkästen aus vier Jahrzehnten, Spiele, Bücher. In einem Regal steht sogar eine Hardy-Plüschfigur. „Meine Wohnung hier ist ein Museum in einem Museum“, meint der Zauberer mit den Locken und dem Schnauzbart. Damit spielt er auch auf die Fuggerei an, die jedes Jahr Touristen aus aller Welt besichtigen.

    Im Alter wurde für Zauberer Hardy das Geld knapp

    Die Menschen, die in den 140 Wohnungen in der historischen Siedlung in Augsburgs Innenstadt ein Zuhause gefunden haben, nehmen die Besucherströme hin. Schließlich leben sie hier zu besonderen Konditionen. Die Jahreskaltmiete beträgt lediglich 88 Cent. In der Fuggerei können Augsburger wohnen, die in Not geraten sind. Das ist der Sinn der Fuggerschen Stiftung. Für Erhard Smutny war der Umzug in die Fuggerei ein Glücksfall.

    Lesen Sie dazu auch: Wer darf in die Fuggerei ziehen und was kostet das?

    „Solange man in einem Alter ist, in dem man etwas Geld beiseite legen kann, ist es okay“, sagt er freimütig. Doch diese Zeiten sind für ihn längst vorbei. Die vielen Auftritte, das Reisen, die Übernachtungen in Hotels - das Pensum, das Zauberer Hardy viele Jahre lang mit Leidenschaft erfüllte, schaffte er im fortgeschrittenen Alter nicht mehr. Das Geld wurde knapp. Die Mietwohnung in Lechhausen konnte er sich nicht mehr leisten. Rückblickend würde der Vater einer Tochter ein paar Dinge in seinem Leben anders machen.

    Sich etwa nicht von der Künstlersozialversicherung abwimmeln lassen, die freischaffenden Künstlern und Publizisten einen Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ermöglicht. „Damals aber wurde ich nicht als Zauberkünstler, sondern als Unternehmer eingestuft. Ich hätte mich dagegen wehren müssen.“ Auch Zauberer sammeln Erfahrungen. Erhard Smutny sagt, das Leben in der Fuggerei sei für ihn eine heilsame Angelegenheit. „Hier komme ich zur Ruhe.“ Mit manchen Bewohnern verstehe er sich sehr gut. Eine Dame aus der Siedlung versorgt sein weißes Kaninchen Micky, wenn er mal unterwegs ist. Neulich klingelte ein Nachbarsmädchen bei ihm, um einen Zaubertrick vorzuführen.

    Durch die Zauberei schafft er es nicht zu stottern

    Das Kind wollte von einem „echten“ Zauberer wissen, wie er die Vorführung findet. Hardy zeigte sich freilich angetan, schenkte der Kleinen sogar einen seiner Zauberkästen. Er ist froh, dass er Kinder auch heutzutage fürs Zaubern begeistern kann. Gerne tritt er hin und wieder noch in Schulen auf. Für ihn selbst bedeutet das Zaubern ein lebenslanger Heilungsprozess. Denn eigentlich stottert Hardy von Kindheit an. Bei seinen Vorführungen aber spricht er fließend. Die Zauberei verleiht ihm Selbstbewusstsein und Sicherheit. Die Tricks und Sprüche seien wie ein Faden, an denen er sich entlang hangele. „Ansonsten ist das Stottern nach wie vor da“, erzählt der 70-Jährige und fügt verschmitzt hinzu: „Besonders bei bestimmten Personen, wie Beamten. Ich kann mir heute noch keine Zugfahrkarte an einem Schalter kaufen.“

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