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AstraZeneca-Impfung: Untersuchung nach Tod von Allgäuer Krankenschwester

AstraZeneca-Impfung

Untersuchung nach Tod von Allgäuer Krankenschwester

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    Der Impfstoff von AstraZeneca kommt nicht aus den Schlagzeilen.
    Der Impfstoff von AstraZeneca kommt nicht aus den Schlagzeilen. Foto: Soeren Stache, dpa

    Entsetzen und Trauer sprechen aus den Zeilen, die der Allgäuer Klinikverbund am Montagnachmittag verschickt. „Wir sind zutiefst erschüttert über diesen tragischen Vorfall“, wird Professor Dr. Ricardo Felberbaum zitiert. Er ist Ärztlicher Direktor am Kemptener Krankenhaus. Dort ist am Samstag eine 55-jährige Kollegin gestorben, zweieinhalb Wochen nach einer Corona-Impfung mit AstraZeneca. Nach Informationen unserer Redaktion erlag die Frau einer Hirnthrombose. Nach internen Erkenntnissen gilt es als „sehr wahrscheinlich“, dass ihr Tod im Zusammenhang mit der Impfung steht.

    Seit Wochen kommt AstraZeneca nicht aus den Schlagzeilen. Mitte März hatte die Bundesregierung einen Impf-Stopp ausgesprochen. „Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im Zusammenhang mit der Impfung (...)“ halte man weitere Untersuchungen für notwendig, sagte ein Sprecher des Paul-Ehrlich-Instituts, das sich mit Impfkomplikationen beschäftigt. Wenige Tage später meldete sich dann die Europäische Arzneimittelbehörde EMA zu Wort und stellte fest, dass das Vakzin „sicher und effektiv“ sei. Es werde aber eine Warnung vor möglichen seltenen Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen bei den Nebenwirkungen aufgenommen. AstraZeneca wird seither wieder verimpft.

    Die Pflegerin kam mit Kopfschmerzen in die Notaufnahme

    Die 55-jährige Pflegerin, die in der Immenstädter Klinik arbeitete, hatte die Erstimpfung gegen Corona nach Informationen unserer Redaktion am 3. März bekommen. Demnach haben sich nach sieben bis acht Tagen „Symptome gebildet“. Die Frau kam mit Kopfschmerzen in die Notaufnahme der Immenstädter Klinik. Ab 19. März wurde sie dann stationär in dem Krankenhaus behandelt und einen Tag später nach Kempten verlegt. Dort starb die 55-Jährige offensichtlich an einer Hirnthrombose.

    Da die „möglichen Zusammenhänge der Impfung mit dem Präparat von AstraZeneca noch nicht geklärt“ seien, stehe die Klinikleitung „im engen Austausch“ mit dem Gesundheitsamt Oberallgäu/Kempten und dem Paul-Ehrlich-Institut, heißt es in einem Schreiben, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikverbundes bekommen haben. Doch nach Informationen unserer Zeitung gilt es im Klinikverbund als sehr wahrscheinlich, dass der Tod der Pflegerin im Zusammenhang mit der Impfung steht.

    Laut dem Paul-Ehrlich-Institut sollten Geimpfte sofort zum Arzt gehen, wenn sie nach der Impfung mit AstraZeneca „Symptome wie Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Arm- oder Beinschwellungen entwickeln“, heißt es in einer Pressemitteilung des Oberallgäuer Landratsamtes. „Darüber hinaus sollten alle Personen, die schwere oder anhaltende Kopfschmerzen haben, die länger als vier Tage nach der Impfung anhalten oder die nach ein paar Tagen Blutergüsse über die Impfstelle hinaus haben, umgehend einen Arzt aufsuchen.“

    Geschäftsführer des Allgäuer Klinikverbundes rechnet mit Zurückhaltung gegenüber AstraZeneca

    Nach diesem Vorfall gehe er davon aus, dass innerhalb des Klinikverbunds „die Zurückhaltung gegenüber AstraZeneca zunehmen wird“, sagt Andreas Ruland, der Sprecher der Geschäftsführung. In den vier Oberallgäuer Häusern des Verbunds seien bisher etwa 450 Mitarbeiter mit AstraZeneca geimpft worden: „Über die normalen Impfreaktionen hinaus wurden keine Zwischenfälle bekannt“, sagt Ruland. Der Klinikverbund entscheide nicht darüber, welcher Impfstoff verwendet werde: „Wir verimpfen das, was wir zugewiesen bekommen.“

    Auch an den Impfzentren im Oberallgäu wird weiter mit AstraZeneca geimpft. 300 Dosen sollen in der laufenden Woche im Testzentrum in Sonthofen verabreicht werden. Der größte Teil der Impfungen wird mit dem Biontech-Präparat (1400 Dosen) durchgeführt, hinzu kommt der Moderna-Impfstoff (300). Seit dem Start der Impfungen wurden 2400 Dosen AstraZeneca verwendet. Die Patienten werden über den Impfstoff aufgeklärt.

    Weitere Fälle von schweren Nebenwirkungen nach AstraZeneca-Impfungen sind dem Gesundheitsamt nicht bekannt. Amtsleiter Dr. Ludwig Walters hat aber eine Anfrage an das Paul-Ehrlich-Institut und die Ständige Impfkommission (Stiko) gestellt, ob AstraZeneca nur noch an über 60-Jährige verabreicht werden soll. In Frankreich erhalten ausschließlich Menschen über 55 Jahren den Wirkstoff. Bis März war AstraZeneca auf Stiko-Empfehlung nicht an Ältere verabreicht worden.

    Wie eine Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts unserer Redaktion bestätigte, hatte sich die Zahl gemeldeten Sinusvenenthrombosen nach Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff bereits bis zum vergangenen Freitag auf 14 erhöht, wobei der Allgäuer Fall noch nicht miteingerechnet sei. „Mit Ausnahme eines Falles betrafen alle Meldungen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren.“ In neun der 14 Fälle traten die schwerwiegenden Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen auf.

    Auch beim Biontech–Impfstoff Comirnaty sind dem Institut zwei weitere Fälle von Hirnvenenthrombosen bekannt: „Zwei Fälle einer Sinusvenenthrombose wurden nach Impfung mit Comirnaty gemeldet“, erklärte die Sprecherin. Das Alter der Betroffenen habe bei 47 und 86 Jahren gelegen. In beiden Fällen sei jedoch kein Mangel an Blutplättchen festgestellt worden.

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