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Artenschutz: Runder Tisch: Der Streit um die Bienen geht in die nächste Runde

Artenschutz

Runder Tisch: Der Streit um die Bienen geht in die nächste Runde

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    Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war erfolgreich. Am Mittwoch beginnt der Runde Tisch, zu dem Ministerpräsident Markus Söder geladen hatte.
    Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war erfolgreich. Am Mittwoch beginnt der Runde Tisch, zu dem Ministerpräsident Markus Söder geladen hatte. Foto: Florian Wolf (Symbolfoto)

    Am Runden Tisch dreht man sich gerne mal im Kreis. Das wird, nach allem, was man hört, auch am heutigen Mittwoch so sein, wenn Initiatoren und Gegner des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ sich um 10 Uhr im Raum S103 der Staatskanzlei erstmals zusammensetzen.

    Vier Stunden Zeit sind für einen ersten Austausch von Argumenten eingeplant und selbst die größten Optimisten rechnen bestenfalls damit, dass die Vertreter der Parteien und Verbände sich unter Leitung des CSU-Politikers Alois Glück auf ein Verfahren verständigen können, wie es weitergehen kann.

    Vorher freilich wird es viel um Psychologie gehen. Der Bauernverband sieht sich von den Initiatoren des Volksbegehrens an den Pranger gestellt. Umgekehrt werfen die Initiatoren dem

    Lassen sich diese verhärteten Fronten nicht aufbrechen, so befürchten Pessimisten, könnte sich der Runde Tisch nach einer Selbstumkreisung gleich wieder auflösen.

    Initiatorin Agnes Becker will Nägel mit Köpfen machen

    „Wir wollen endlich Nägel mit Köpfen machen“, hatte die ÖDP-Politikerin Agnes Becker bereits bei der Vorstellung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ im Mai 2018 gesagt. Das Bienensterben sei dabei ein griffiges Symbol für eine durch die ungebremste Wachstumsideologie aus dem Gleis geworfene Natur.

    Schon damals hatte die ÖDP ein breites Bündnis hinter sich versammelt, um aus dem bayerischen Naturschutzgesetz ein „Gesetz für umfangreichen Artenschutz“ zu machen. Neben SPD und Grünen unterstützte etwa der Imkerverband oder die Genussbewegung Slow Food das Volksbegehren.

    Der BUND Naturschutz wollte sich anfangs dagegen nicht beteiligen – wegen „rechtlicher und inhaltlicher Mängel“. Im Laufe des Jahres revidierte der BN aber seine Meinung und schloss sich dem Bündnis an.

    Kernthema des Volksbegehrens sei nicht nur, wie die Artenvielfalt in Bayern besser geschützt werden könne, erklärte der langjährige ÖDP-Landeschef Bernhard Suttner. Es gehe auch um den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft. „Wir müssen die Richtung ändern, die Ideologie vom ‚Wachsen oder Weichen‘ aufkündigen und die naturnahe bäuerliche

    Das Volksbegehren war das erfolgreichste der Geschichte

    Am Ende stand das erfolgreichste Volksbegehren der bayerischen Geschichte – und ein „nicht mehr zurückdrehbarer Wendepunkt der bayerischen Umweltpolitik“, wie Agnes Becker findet: Das Kräfteverhältnis zwischen industrialisierter Landwirtschaft und den Befürwortern von Artenschutz und bäuerlicher Landwirtschaft habe sich schon jetzt verschoben: „Auch der von Ministerpräsident Söder einberufene Runde Tisch wird nicht mehr dahinter zurückkönnen.“

    Dem Gespräch werde sich die ÖDP zwar nicht verweigern, so Becker. Das Volksbegehren sei aber die Messlatte: „Weniger Artenschutz wird mit uns nicht zu haben sein.“

    So sehen es auch die anderen Unterstützer: Die Gegner des Volksbegehrens müssten „realisieren, dass der strikte Artenschutz auch auf dem Land große Unterstützung hatte und nicht nur in den Städten“, findet etwa BN-Landeschef Richard Mergner: Wer, wie etwa der Bauernverband, in den letzten Wochen „den Teufel an die Wand gemalt“ habe, müsse nun „die Chance ergreifen, Naturschutz und Landwirtschaft endlich zu versöhnen“.

    Von der Söder-Regierung erwarte er zudem, „dass sie den Prozess ernsthaft vorantreibt“, so Mergner. Er will sogar noch mehr. So könnten etwa die Kommunen künftig stärker in die Pflicht genommen werden, ihre Grünflächen ökologisch zu pflegen oder neue Baumschutzverordnungen zu erlassen.

    Ludwig Hartmann will kein "Kaffeekränzchen"

    „Der Runde Tisch muss mehr sein als ein Kaffeekränzchen mit Bienenstich“, fordert auch der Grüne Ludwig Hartmann. Ein Zurück hinter die Forderungen des Volksbegehrens könne es dort auf keinen Fall geben, denn dies wäre „Verrat an den 1,7 Millionen Menschen“, die dafür unterschrieben haben. „Aus dem Gesetz wird nix herausgestrichen“, beteuert Hartmann. Umstrittene Details könne man auch über nachgelagerte Ausführungsbestimmungen regeln.

    Beim Bauernverband hatte man das Volksbegehren lange vor allem als unfaire Attacke auf die gesamte Landwirtschaft verstanden. Noch zum Abschluss der Eintragungsfrist am 13. Februar hatte etwa Bauernverbandspräsident Walter Heidl den Aktivisten des Volksbegehrens „Stimmungsmache gegen Landwirte“ vorgeworfen.

    Inzwischen scheint sich beim Bauernverband aber die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass eine komplette Verweigerungshaltung kontraproduktiv wäre. Man müsse „hintanstellen, was die letzten Wochen war“, heißt es dort nun. Man hoffe auf „eine konstruktive Sachdebatte“.

    Die grundsätzliche Zielrichtung des Volksbegehrens, den Arten- und Umweltschutz in Bayern zu stärken, sei sogar „wichtig und richtig“, findet Georg Wimmer, der Generalsekretär des Bauernverbandes. Allerdings greife der Gesetzentwurf dafür viel zu kurz. „Wer die Verantwortung für den Artenschutz einzig und allein den Landwirten zuschiebt, wird dem Problem nicht gerecht“, kritisiert Wimmer.

    Es gehe auch um Steingärten, Mähroboter oder Pestizide in privaten Gärten, um Flächenverbrauch und wachsende Verkehrsbelastungen. Zudem sei „die eigenverantwortliche Nutzung des Eigentums auch bei Fragen der Biodiversität stets zu beachten“. Freiwillige Maßnahmen müssten deshalb stets vor Verboten stehen.

    Die Waldbesitzer wollen Eingriffe ins Eigentum verhindern

    „Auch wir sind von Verboten nicht überzeugt“, sagt Hans Ludwig Körner, Geschäftsführer beim Waldbesitzerverband. Die Holzpreise seien ohnehin schlecht. „Weitere Auflagen sind da nur kontraproduktiv“, warnt er. Zwar seien die privaten Waldbesitzer offen, „neue Ideen zu entwickeln, wie Artenschutz besser funktionieren kann“. Weitere Eingriffe ins Eigentum werde man aber verhindern.

    „Unser Ziel ist eine richtige Balance zwischen Freiwilligkeit und Ordnungsrecht“, beschwichtigt Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Lange Zeit hatte die Regierungspartei das Volksbegehren und die öffentliche Meinung unterschätzt.

    Nun versucht sich Söder aus der Zwickmühle zwischen den Interessen der Landwirtschaft und dem großen Zuspruch zu Öko-Themen in der Gesellschaft zu befreien: „Unser Ziel ist, zu versöhnen, statt zu spalten“, beteuert er. Ein Ausgleich zwischen Ökologie und Landwirtschaft könne gar „eine große Chance für Bayern sein“.

    „Artenvielfalt ist nicht nur ein ländliches Thema“, findet Bayerns Städtetagspräsident Kurt Gribl (CSU). Die Kommunen seien deshalb bereit, „über bessere Lösungen zum Artenschutz nachzudenken“. Doch auch jeder einzelne Unterstützer des Volksbegehrens könne schon jetzt selbst mehr tun, fordert Gribl.

    Ob städtische Grünanlagen, Golfplätze oder private Gärten. Ob die Auswahl von Lebensmitteln oder mehr Umweltbewusstsein im Verkehr: „Wir alle müssen das Anliegen Artenschutz zur gemeinsamen Sache machen.“

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