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Foto: Daniel Reinhardt, dpa
Foto: Daniel Reinhardt, dpa

Für einen Antikörpertest reicht es in vielen Fällen, Blut aus der Fingerkuppe zu gewinnen.

Corona-Pandemie
11.11.2021

Antikörpertest vor der Boosterimpfung? Das sollten Sie wissen

Von Markus Bär

Die Gesundheitsminister sprechen sich für Boosterimpfung aus. Immer wieder wird diskutiert, vorher zu schauen, wie gut das Immunsystem gegen Coronaviren gewappnet ist. Wie das funktioniert.

Angesichts der verschärften Corona-Lage in vielen Regionen Deutschlands wollen Bund und Länder Auffrischimpfungen – sogenannte Boosterimpfungen – nun für alle Geimpften nach sechs Monaten ermöglichen. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder diskutiert, ob vorher noch der Antikörperstatus überprüft werden sollte. „Es macht Sinn, dass jeder einen Antikörpertest macht“, hatte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betont. Doch ab wann das genau passieren sollte, wer den Test bezahlt, wo er stattfinden wird – das steht alles noch nicht fest. Antworten jedoch auf wichtige Fragen zum derzeitigen Stand beim Thema Antikörpertest geben wir an dieser Stelle.

Wie funktioniert ein Corona-Antikörpertest?

„Der Körper bildet nach einem Infekt oder einer Impfung Antikörper, die etwa zwei bis drei Wochen nach dem Kontakt mit dem Antigen nachweisbar sind“, erläutert Ulrich Koczian, Sprecher der Augsburger Apotheker. Eine Blutprobe wird dabei an ein Labor verschickt. Dort bestimmen Fachkräfte den sogenannten Titer. Das heißt vereinfacht gesagt: Die Antikörper, die bestimmt werden sollen, werden gesichtet und regelrecht gezählt. Dafür ist eine hohe Expertise notwendig.

An wen muss ich mich wenden, wenn ich meine Antikörper bestimmt haben will?

„Im Regelfall wendet man sich an seinen Hausarzt“, sagt Koczian. Der nimmt dann auch Blut ab und schickt es an ein entsprechendes Labor. Inzwischen existieren aber auch Angebote von Laboren, die diese Dienstleistung sozusagen ohne Hausarzt oder Hausärztin offerieren. Dann muss man zu einer Blutabnahmestation des Labors fahren – und das Blut geht somit direkt ans Labor.

Antikörpertest vor Boosterimpfung: Kosten

„Das kommt darauf an, welche Prüfungen vom Labor durchgeführt werden“, sagt Koczian. Der reine qualitative Antikörpernachweis kostet zwischen 20 und 25 Euro. Dabei wird sozusagen die reine Menge und Art der Antikörper bestimmt. Davon zu unterscheiden ist aber der wesentlich aussagekräftigere Neutralisationstest. Dabei wird nicht die Menge oder Konzentration von Antikörpern gegen Coronaviren gemessen, sondern inwiefern die vorhandenen Antikörper das Virus neutralisieren, also letztlich unschädlich machen. „Der Test weist nach, ob die beim Patienten vorhandenen Antikörper sich an den sogenannten ACE2-Rezeptor ihrer Zellen binden, sodass ein Eindringen der Viren über diesen Weg unmöglich wird.“ Ein solcher Neutralisationstest kostet 50 bis 60 Euro.

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Wann zahlt die Krankenkasse einen Antikörpertest?

Wenn man zum Hausarzt oder zur Hausärztin geht und diese eine medizinische Notwendigkeit feststellen, einen Antikörpertest zu machen. Eine medizinische Notwendigkeit kann etwa bei einem leichten Covid-Verlauf vorliegen. Denn dabei ist in der zweiten Woche nach Eintreten der Covid-Symptome ein Erregernachweis mit dem PCR-Test manchmal nicht mehr möglich. Dann wählt man sozusagen den indirekten Weg, indem nicht das Virus selbst, sondern die Antikörper dagegen nachgewiesen werden.

Wie steht es mit den sogenannten Selbsttests?

„Die Spezifität und Sensitivität dieser Tests ist inzwischen akzeptabel“, sagt Ulrich Koczian. Sie liege zwischen 98 und fast 100 Prozent. Bei den Selbsttests kauft der Kunde ein Testkit, entnimmt Blut aus der Fingerbeere und trägt das Blut auf eine Trockenblutkarte auf. Diese schickt er dann ins Labor, wo die Auswertung stattfindet. Von Selbsttests aus dem Internet, die ohne Labor durchgeführt werden, ist abzuraten, da diese oft zu unspezifisch sind und beispielsweise auch auf andere Coronaviren positiv reagieren. Prinzipiell ist die Durchführung des Tests und die anschließende Interpretation des Testergebnisses durch den Hausarzt oder die Hausärztin der beste Weg, betont der Augsburger Apotheker.

Was kostet ein solcher Selbsttest?

Er ist ähnlich teuer wie ein Neutralisationstest. Und liegt bei 50 bis 60 Euro, sagt Koczian.

Häufig taucht die Frage auf, warum der Genesenen-Status nur ein halbes Jahr gilt? Warum ist das so? Sind dann in der Regel alle Antikörper verbraucht?

„Es gab einen Zeitpunkt, da hat man mit den seinerzeit vorhandenen Daten festgelegt, dass Genesene etwa acht Monate einen Schutz durch ihre Antikörper genießen“, erklärt Koczian. Weil sich dieser Wert natürlich von Mensch zu Mensch etwas unterscheide, habe man zwei Monate „Sicherheitspuffer“ eingeplant. So kam die Zeitspanne von einem halben Jahr zustande. „Inzwischen liegen mehr Daten vor. Es gibt Hinweise, dass man als Genesener wohl eher zwölf Monate Schutz ausweist.“ Das müsse die Ständige Impfkommission (Stiko) aber neu bewerten und dann entsprechend entscheiden.

Warum kann ich nicht einen Antikörpertest machen und bin dann damit, sofern ich über ausreichend Antikörper verfüge, „4G“ – also entweder geimpft oder getestet oder genesen oder habe eben genügend Antikörper?

Ein solches Antikörpertest-Ergebnis gilt bislang nicht, sagt Koczian. Das habe damit zu tun, dass man immer noch nicht genau weiß, ob ein hoher Titer eher als ein niedriger gegen Covid helfe – auch wenn das wahrscheinlich sei. Man wisse aber von Patientinnen und Patienten mit niedrigem Titer, die gut geschützt seien. Und von Menschen mit hohem Titer, die schwere Corona-Verläufe erleiden. Das habe natürlich auch damit zu tun, wie alt der Betreffende sei, ob er Vorerkrankungen habe, bestimmte Medikamente nehmen muss. „Wer etwa wegen Rheuma Immunsuppressiva verabreicht bekommt, hat natürlich ein beeinträchtigtes Immunsystem, das ihn in puncto Widerstandskraft gegen Covid anders aufstellt als bei einem Gesunden.“

Warum hat der eine Mensch lange Zeit Antikörper, der andere nicht?

Das ist eine individuelle Sache, jeder Körper ist einzigartig. „Außerdem ist das Immunsystem sehr komplex“, sagt Koczian. Es besteht unter anderem aus Immunglobulinen, die schnell, aber eher unspezifisch, also eher ungezielt, auf ein Antigen wie das Coronavirus reagieren. Und T-Zellen, also Gedächtniszellen, die sehr effektiv auf das Virus reagieren – allerdings langsamer. „Und das alles, also das Verhältnis von Immunglobulinen und B- und T-Zellen wie auch die Reaktionsgeschwindigkeit, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.“ Darum reagiere auch jeder anders auf den Infekt – oder eben auch auf die Corona-Impfung.

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