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Allgäu: Verschwörungstheorie: Die seltsame Welt der "Reichsbürger"

Allgäu

Verschwörungstheorie: Die seltsame Welt der "Reichsbürger"

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    Die "Reichsbürger" statten sich mit gefälschten Pässen aus.
    Die "Reichsbürger" statten sich mit gefälschten Pässen aus. Foto: Annette Zoepf

    Sie tragen eigens hergestellte Pässe bei sich, erkennen die Staatsmacht nicht an und überfluten Ämter mit überflüssigen Anfragen. „Reichsbürger“ treten im Allgäu immer häufiger in Erscheinung. Erst kürzlich war in Sonthofen ein „Reichsbürger“ angeklagt. Er erschien jedoch gar nicht erst zur Verhandlung. Spätestens seit dem spektakulären Gerichtsfall um eine „Reichsbürgerin“ in Kaufbeuren ist diese Gruppierung auch im Allgäu vermehrt im Gespräch. Doch wer sind diese „Reichsbürger“ eigentlich und was sind ihre Motive?

    "Reichbürger" glauben an den Fortbestand des Deutschen Reichs

    Hinter der „Reichsbürger-Bewegung“ verbirgt sich ein diffuser Komplex aus verschiedenen Gruppierungen. Darunter die „One People Publics Trust“ („OPPT“), „Freemen“ und „Germaniten“. Gemeinsam haben alle, dass sie den deutschen Staat in seiner jetzigen Form nicht anerkennen. Sie glauben an den Fortbestand des Deutschen Reiches und behaupten, die Bundesrepublik sei eine Firma. Sie statten sich mit gefälschten Pässen und teilweise auch Uniformen aus. Nach Angaben der Polizei sind im Allgäu aber keine solche Gruppierungen beheimatet. Lediglich Einzelpersonen seien bekannt, exakte Zahlen liegen der

    Die Anhänger sind zumeist keine Nazis

    Auch wenn man es wegen ihres Namens meinen könnte: Nur wenige Anhänger der „Reichsbürger-Bewegung“ pflegen rechtsextremes Gedankengut. „Die meisten sind eher Verschwörungstheoretiker, Querulanten oder sehen sich aus bloßem Eigennutz nicht als Deutsche Bürger, weil sie zum Beispiel keine Steuern zahlen wollen“, teilt das Innenministerium mit. Manche Sachen klingen sehr skurril: So finden sich auf der Internetseite der OPPT Artikel über Kokosöl als Zahnpastaersatz oder das Thema „Seerecht“ auf dem Planeten Mars.

    Für die Behörden werden die "Reichsbürger" zunehmend zum Problem

    Die „Reichsbürger-Bewegung“ steht zwar nicht unter Beobachtung, der Verfassungsschutz hat sie aber trotzdem im Blick, denn „aus diesem Graubereich heraus kann sich wieder harter Extremismus entwickeln“, heißt es beim Innenministerium. In Sachsen hatten bereits 2012 „Reichsbürger“ in gefälschter Polizeiuniform einen Gerichtsvollzieher gefesselt und festgehalten. Bei der Allgäuer Polizei treten die „Reichsbürger“ eher mit Urkundendelikten in Erscheinung. Oftmals zeigen sie bei Verkehrskontrollen Fantasieausweise, die sie im Internet bestellen. „Reichsbürger“ werden zunehmend zum Problem für die Behörden. „Meist sind die entsprechenden Leute vorher bekannt“, sagt Jürgen Brinkmann, Vorsitzender Richter am Landgericht Memmingen. Regelmäßig kommen dort Schriftsätze an, in denen „Reichsbürger“ Vorladungen und Ähnlichem widersprechen. „Sie stempeln beispielsweise den Begriff ’ungültig’ darauf“, sagt Brinkmann. Auch die Beschwerden häufen sich. „Es gibt interne Hinweise an die Angestellten für den Umgang mit schwierigen Situationen“, sagt Brinkmann.

    Der Fall Manuela H., die wegen Fahrens ohne Führerscheins in Kaufbeuren vor Gericht stand, blieb aber in seiner Dimension bis jetzt eine Ausnahme. Die 49-jährige Angeklagte hatte zur Verhandlung 20 Bekannte mitgebracht, ihre Gerichtsakte vom Tisch der Richterin gestohlen und einfach die Verhandlung vor dem Urteilsspruch verlassen. Sie wurde dann zu acht Monaten Haft ohne Bewährung in Abwesenheit verurteilt. Sie muss demnächst ihre Strafe antreten.

    Anhänger weigerte sich, beim Einwohnermeldeamt anzumelden

    Die Frau bekennt sich ebenso wie der Angeklagte aus Sonthofen zu den „Reichsbürgern“. Dieser weigerte sich offenbar, sich beim Einwohnermeldeamt anzumelden. Der 38-Jährige bezeichnet sich nämlich als „Staatsangehöriger des Freistaats Preußen“ und hat seinen Personalausweis abgegeben. Zur Verhandlung wegen des unbezahlten Bußgeldes von 78,50 Euro erschien er dann nicht.

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