Es waren an sich harmlose „Star Wars“-Spiele eines damals Elfjährigen Ende Oktober 2013, die für eine Landwirtsfamilie im Westallgäu zu einer wirtschaftlichen Katastrophe führten. Das Urlauberkind hatte auf dem Hof in Maissiloballen eingestochen, das Futter vergammelte unbemerkt, über 30 Kühe starben nach der Verfütterung, ein Schaden in Höhe von 172.000 Euro entstand.
Der Landwirt klagte gegen Kind und Vater. Doch das Landgericht Kempten wies in dem Zivilprozess die Klage ab. Der Bub habe die Konsequenzen bei seinem Spiel nicht überschauen können und sei darum nicht haftbar zu machen. Ebenso wenig habe der Vater seine Aufsichtspflicht verletzt.
In der Fantasie des Jungen waren die Siloballen Außerirdische
Schon vor zweieinhalb Jahren hatte unsere Zeitung über den tragischen Fall berichtet. Die württembergische Urlauberfamilie, bestehend aus dem Elfjährigen, seinem Vater, seiner Schwester und den Großeltern, hatte schon circa zehnmal Urlaub auf dem Westallgäuer Bauernhof gemacht. Man kannte sich also gut.
Wie nun aus dem Urteil ersichtlich wurde, wusste der Bub auch, dass er die Siloballen, die auf dem weitläufigen Hof gelagert wurden, nicht beschädigen dürfe. Das war ihm so manches Mal von der Gastgeberfamilie gesagt worden. Der Junge war aber der Meinung, in den Ballen befinde sich Heu, auf dem später die Kühe liegen. Eines Tages spielte der Elfjährige „Krieg der Sterne“ und stach mit einem Stecken in die Ballen, die er in seiner Fantasie zu Außerirdischen umgewidmet hatte.
Das merkte zunächst niemand. Das Futter verdarb, ohne dass der Bauer dies bemerkte. Nachdem er die Silage verfüttert hatte, starben über 30 Kühe. Teure Tierarztkosten fielen an, beim Milchgeld gab es hohe Einbußen, neue Kühe mussten angeschafft werden. Das Geld dafür musste sich die Landwirtsfamilie leihen. Ein Versuch, Schadensersatz von der Haftpflichtversicherung der Urlauberfamilie zu bekommen, scheiterte. Begründung des Unternehmens: Damit ein Schadensfall vorliegt, hätte der Elfjährige absichtlich den Tod der Kühe herbeiführen müssen. Das sei aber nicht der Fall.
Schadensersatz-Klage scheitert
Dann verklagte der Landwirt den Buben und den Vater auf Schadensersatz. Das Gericht entschied nun: Der Vater habe seine Aufsichtspflicht nicht verletzt, denn es entspreche dem „Erkundungsdrang“ eines Elfjährigen, umherzuschweifen. Der Vater müsse ihn nicht ständig beaufsichtigen. Der Bub habe die katastrophalen Folgen auch nicht absehen können oder „billigend in Kauf“ genommen. Das Urteil ist aber nicht rechtskräftig. „Der Kläger hat Berufung eingelegt“, sagte Alfred Reichert, Vizepräsident des Landgerichts Kempten.