Da ist der vorbildliche Ermittler Armin N., bei Kollegen beliebt und im Dienst anerkannt. Und da ist der Privatmann Armin N., der nach eigener Schilderung über Jahre hinweg harte Drogen konsumiert. Der laut Anklage seine Ehefrau mehrfach massiv attackiert, sie vergewaltigt und mit dem Tode bedroht haben soll. Wie passt das zusammen? Diese Frage blieben gestern im Verfahren gegen den Ex-Chef der Allgäuer Drogenfahndung unbeantwortet. Sachverständiger Cornelius Stadtland stellte zwar am zweiten Prozesstag vor dem Kemptener Landgericht ein psychiatrisches Gutachten über Armin N. vor – dies tat er jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Die Frage blieb bisher ungeklört: Woher stammt das Kokain?
Keine Antwort gab es gestern auch auf die Gretchenfrage in dem Koksprozess, der bundesweit für Schlagzeilen sorgt: Woher stammt der Stoff? Eine schlüssige Antwort gab es auch gestern nicht. Eine ermittelnde Beamtin des Landeskriminalamtes (LKA) sagte vor Gericht, Armin N. habe den Stoff nach seinen Angaben aus der Asservatenkammer der Kemptener Staatsanwaltschaft erhalten. Ein Beleg dafür, etwa eine Quittung, gibt es nicht. N. hatte eine Beamtin namentlich benannt, die ihm das Rauschgift übergeben habe – nach Darstellung de Polizisten zu Schulungszwecken. Die Beamtin kann sich allerdings nach eigenen Worten nicht erinnern. Sie habe den Angeklagten noch nie gesehen, hatte sie gegenüber der LKA-Ermittlerin gesagt.
Ein Staatsanwalt erinnerte sich in der Vernehmung, dass ein Mal eine größere Drogenmenge von der Staatsanwalt an die Polizei abgegeben worden sei. Der als Zeuge aussagende Ermittler habe dies als „kurios“ bezeichnet und betont: „Das war kein alltäglicher Akt.“
Der Angeklagte will das Kokain bei der Staatsanwaltschaft Kempten abgeholt und dann in sein Büro gebracht haben – vor zehn oder noch mehr Jahren. „Das war ein seltsames Gefühl, mit soviel Kokain durch die Stadt zu gehen“. Dr. Michael Uhl vom kriminaltechnischen Institut des LKA hatte die Drogen nach der Beschlagnahme zusammen mit weiteren Betäubungsmitteln und Medikamenten aus dem Besitz des Fahnders analysiert. „Eine seriöse Aussage über das Alter des Kokains kann man nicht treffen“, lautete seine Einschätzung.
Armin N. schrieb ein Entschuldigungsschreiben an seine Frau
Begonnen hatte der Tag mit dem Verlesen eines Entschuldigungsschreibens von Armin N. Das hatte er in der einjährigen Untersuchungshaft seiner Frau geschickt. Der Brief schildert das Scheitern der Beziehung. Armin N. bedauert: „Mein großer Traum, mit Dir glücklich alt zu werden, ist leider zerbrochen. “ Er sieht sich aber in gewisser Weise auch in der Opferrolle, fühlte sich von seiner Frau wegen des Rauschgiftbesitzes bedroht. „Ich möchte wissen, warum Du mich so hasst“, schreibt er. Die Ereignisse in jener Nacht zum 15. Februar vergangenen Jahres wurden nochmals beleuchtet, als ein Polizeibeamter und zwei Kollegeinnen von ihren ersten Kontakten mit dem Festgenommenen. Eine Polizistin berichtete von ihren ersten Eindrücken am Tatort in dem Haus des Ehepaars: „Ich sah blutverschmierte Bettwäsche im Schlafzimmer, einen Haarbüschel und unter dem Bett lag ein Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge.
Nicht nur das psychiatrische Gutachten am gestrigen Freitag wurde hinter verschlossenen Türen vorgestellt. Auch die Plädoyers vor der erwarteten Urteilsverkündung am kommenden Montag werden voraussichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten. Dies hat Vorsitzender Richter Thorsten Thamm gestern mit Verweis auf die Sexualstraftat und den Schutz der Ehefrau angekündigt. Auch die mögliche Unterbringung von Armin N. in einer Entziehungseinrichtung dürften dafür mit entscheidend sein.