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Allgäu: Faszination Vögel: Was Thomas Blodau an den Tieren so begeistert

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Faszination Vögel: Was Thomas Blodau an den Tieren so begeistert

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    Thomas Blodau ist gerne in der Natur. Er lebt mit seiner Familie im Allgäu und engagiert sich seit vielen Jahren für den Landesbund für Vogelschutz. Am Stadtrand von Kempten hat er mit seiner Kreisgruppe zusammen eine Idylle geschaffen.
    Thomas Blodau ist gerne in der Natur. Er lebt mit seiner Familie im Allgäu und engagiert sich seit vielen Jahren für den Landesbund für Vogelschutz. Am Stadtrand von Kempten hat er mit seiner Kreisgruppe zusammen eine Idylle geschaffen. Foto: Ralf Lienert

    In Scharen kamen sie damals. Aus fernen Ländern. Und schienen doch zu wissen, wo sie zu Hause sind. Wo jemand auf sie wartet. Sehnsüchtig. Wo schon ein Nistkasten für sie vorbereitet ist. Thomas Blodau war sechs, vielleicht sieben Jahre alt. Ein kleiner Bub also, den aber schon damals eine große Liebe gepackt hat. Angetan hatten es ihm die Stare. Diese schönen Vögel mit dem glänzenden Gefieder, dem weiten Flügelschlag, dem wunderbaren Gesang. Sie faszinierten ihn. Auf sie wartete er im Frühjahr. Jedes Jahr wieder. Sie beobachtete er. Oft über Stunden.

    So große Brachflächen mitten in der Stadt, auf denen viele Vögel brüten wie damals in Thomas Blodaus Kindertagen in Kempten, gibt es kaum noch. Doch Starenschwärme sind noch heute ein viel bewundertes Naturschauspiel. Und nicht nur Stare begeistern. Die grazilen Bewohner der Bäume, die fantastischen Flieger und eleganten Schwimmer auf Seen erfahren generell eine viel stärkere Aufmerksamkeit. Der Landesbund für Vogelschutz, kurz LBV, spricht von einem sprunghaften Anstieg des Interesses an Vögel. Quer durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten. Gerade seit Ausbruch der Pandemie.

    Seit der Corona-Krise nehmen viele Menschen ihre Umgebung anders wahr

    Erklärt ist dies leicht: Corona veränderte das Leben vieler Menschen extrem. Der Radius begrenzte sich plötzlich – auf den eigenen Balkon, den eigenen Garten, die heimische Region. Fernreisen sind noch immer vielen zu riskant. Stattdessen wird Urlaub im eigenen Land bevorzugt. Da schaut man dann schon mal genauer hin, was um einen so herum fliegt, hüpft, läuft und singt.

    Es war aber auch das Bienen-Volksbegehren, erklärt Thomas Blodau, das die heimische Vogelwelt in den Mittelpunkt rückte. Immer mehr Menschen fragen bei ihm an, wie sie sich für den Vogelschutz engagieren können. „Viele wollen wirklich aktiv werden“, sagt der 47-Jährige. „Sie beobachten selbst, dass immer weniger Arten zu sehen sind und das bereitet ihnen einfach Sorge.“ Zudem wollen auch immer mehr Kommunen und Mitglieder der Kirchen wissen, wie sie ganz konkret Vögel schützen können. „Früher mussten wir als LBV um Unterstützung betteln, das hat sich komplett gedreht“, sagt Blodau.

    Mit Apps kann man Vogelstimmen erkennen

    Hilfreich ist auch die Technik, erklärt Blodau: Apps, die Vogelstimmen erkennen, Videos, die das Leben der Vögel zeigen. Eine ganz wichtige Rolle spielen Webcams. „Die Menschen verfolgen dann regelmäßig die Aufzucht beispielsweise unserer Turmfalken.“ Und rufen verzweifelt an, wenn sie mitansehen müssen, dass die schwächeren Geschwister an die lebenden verfüttert werden. „Aber auch das ist Natur“, sagt Blodau. Er sitzt im Naturgarten des LBV Kempten-Oberallgäu, einer blühenden Idylle, in der es auf einer Blumenwiese, aber auch rund um den kleinen Teich nur so wimmelt von Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlingen. Aus dem hohen Gras ist ein ausdauerndes Zirpen zu vernehmen, im Teich sitzt ein Wasserfrosch und irgendwo hoch oben in den Bäumen hat sich eine Amsel platziert und tiriliert so prächtig, dass man meinen könnte, sie müsse nun den Beweis antreten, dass dies hier ein Vogelparadies ist.

    Tierarzt ist Thomas Blodau zwar nicht geworden. Obwohl er das als Kind mit seiner Liebe zu den Staren und zur Natur werden wollte. Doch der gelernte Industriemechaniker, der heute als Programmierer arbeitet, ist Vorsitzende des LBV Kempten-Oberallgäu. Auch wenn er beruflich nichts mit Vögeln zu tun hat, fast seine ganze Freizeit widmet er ihnen. Zumal seine beiden Kinder auch gerne in der Natur sind, wie er erzählt, und seine Frau ebenfalls beim LBV engagiert ist. Ihre Fürsorge gilt allerdings vor allem Fledermäusen. Doch Blodau hat schon oft bemerkt: „Es sind vor allem Männer, die Vögel beobachten.“

    Blodau kann den Vögeln stundenlang zusehen

    Doch was fasziniert ihn eigentlich so sehr an den gefiederten Gesellen? Über Blodaus Gesicht huscht ein Lächeln. Er schlägt einen Spaziergang vor, beginnt zu erzählen. Von seiner Mutter, die Vögel geliebt hat und von der er diese Hingabe vielleicht geerbt hat. Von seinen Staren natürlich, „denn ich habe sie als Bub wirklich als meine Stare betrachtet, die zu mir zurückkommen“. Von so weit her. „Diese riesigen Entfernungen, die diese Tiere zurücklegen, das hat mich tief beeindruckt.“ Wenn die Stare in seinem selbst gebauten Nistkasten ihre Jungen bekamen, war sein Kinderglück perfekt. „Doch was war ich auf die Elstern sauer, die vorbeikamen, alle rausholten und gefressen haben.“

    Stare fliegen im Frühjahr und im Herbst in großen Schwärmen.
    Stare fliegen im Frühjahr und im Herbst in großen Schwärmen. Foto: Carsten Rehder, dpa (Archiv)

    Bald waren es aber nicht mehr nur Stare, die Blodau in ihren Bann zogen. „Als Jugendlicher packte ich immer wieder mein Rad und mein Fernglas, fuhr an den nächsten Weiher, um all die Vögel dort zu beobachten.“ Viele Stunden, ganze Tage verbrachte er dort. Fasziniert davon, wie man so schwerelos vom Boden abheben und majestätisch in die Lüfte gleiten kann: „Ich glaube, dass die Fähigkeit zu fliegen und die Erhabenheit der Flugbewegungen viele Vogelfreunde fasziniert. Vögel stehen für Freiheit. Für Weite.“

    Wer Thomas Blodau zuhört, merkt aber auch, dass ihn die Schönheit dieser Tiere fesselt. Die Farbenpracht ihrer feinen Federn, ihre Zartheit, ihre Kraft – und ihr Gesang. „Gerade unsere Amsel gehört zu den besten Sängern“, schwärmt Blodau, bleibt stehen und lauscht, weil gerade eine ein Solokonzert gibt. „Wer Vögel beobachtet, merkt schnell, dass diese Tiere nicht nur instinktgesteuert sind“, erzählt Blodau. „Schauen Sie sich nur mal eine Gruppe Spatzen an, was die für einen Spaß miteinander haben können, wie die ihr Leben genießen.“ Hinzu kommt die Klugheit dieser Tiere. „Wissenschaftler haben beispielsweise herausgefunden, dass sich Dohlen menschliche Gesichter merken können.“ Längst weiß man, wie intelligent Krähen sind.

    Doch Thomas Blodau sieht sich nicht nur als Vogelschützer. Sondern vor allem als Naturschützer. „Vögel sind keine Selbstläufer“, betont er und ergänzt: „Ohne Insekten keine Vögel.“ Viele Menschen, die zu ihm kommen, wollen etwas für die Vögel tun, müssen aber erkennen, dass sie vor allem etwas für den Naturschutz tun müssen. „Und viele kommen, weil Google die Leute mit Informationen erschlägt. Das ist oft viel zu viel.“ Daher will Blodau, der mit seiner Familie in einem Bauernhaus in Dietmannsried lebt, Naturschutz vorleben. Daher der LBV-Naturgarten. Dass dort auch ein Starenkasten zu finden ist, versteht sich von selbst. Ohne Stange. „Das macht es Räubern wie den Elstern schwerer, die Jungen zu klauen.“ Sieht Blodau einen Star, freut er sich noch heute wie ein kleiner Junge.

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