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Allgäu: Ermittlungen versandet: Ölfleck-Attentäter wird wohl nie gefasst

Allgäu

Ermittlungen versandet: Ölfleck-Attentäter wird wohl nie gefasst

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    Vor über sechs Jahren ist zwischen Markt Rettenbach und Ottobeuren ein Familienvater getötet worden. Der mutmaßliche Mörder wird wohl nie gefasst.
    Vor über sechs Jahren ist zwischen Markt Rettenbach und Ottobeuren ein Familienvater getötet worden. Der mutmaßliche Mörder wird wohl nie gefasst. Foto: Polizeipräsium Schwaben/dpa-Archiv

    Es ist ruhig geworden um den Täter, der wohl vor über sechs Jahren mit einem Ölfleck auf einer Straße im Unterallgäu einem Familienvater das Leben genommen hat. So ruhig, dass mit einer Festnahme des Serien-Attentäters wohl nicht mehr ernsthaft gerechnet werden kann. Erst neue Hinweise würden die Ermittlungen der Polizei wieder ankurbeln, aber die Beamten erreicht kaum noch etwas Verwertbares.

    "Seit Monaten tendiert das Hinweisaufkommen gegen null", sagt Polizeisprecher Christian Eckel. Immer noch werde ausgewertet, ob sich anderswo ähnliche Fälle ereignen. Eine Besonderheit dieser Ermittlungen sei das nicht, auch über einige andere Fälle halte sich die Polizei auf diese Art und Weise auf dem Laufenden. "Das ist einfach Teil der täglichen Polizeiarbeit", so Eckel.

    Mehrere Jahre standen die Ermittlungen in der Öffentlichkeit. Zwei Mal ging die Polizei damit zu "Aktenzeichen XY ... ungelöst". Die Ermittlungsgruppe "Ölfleckmörder", in der phasenweise Dutzende Polizisten zusammengearbeitet haben, gibt es schon seit weit über einem Jahr nicht mehr.

    Ein Täter soll für acht Ölfleck-Attentate verantwortlich sein

    Der letzte Fall, den die Polizisten der Serie zurechnen, ist mittlerweile über sechs Jahre her. Im Unterallgäu starb ein damals 47-jähriger Familienvater. Wegen einer Ölspur in einer Kurve schlitterte der Mann mit seinem Motorrad in ein entgegenkommendes Auto und starb noch an der Unfallstelle.

    Es war der grausame Schlusspunkt einer Serie, die die Polizei über Jahre hinweg einem einzigen Wiederholungstäter zurechnet. Acht Mal fanden sich in Bayern und Baden-Württemberg Ölflecken auf Fahrbahnen. Alle acht Mal hatte ein Unbekannter wohl Glasflaschen mit Öl vorsätzlich auf die Straße geworfen.

    Die Ölfleck-Attentate

    6. April 2007: Bei Bad Schussenried im Landkreis Biberach werden auf der Landstraße zwischen Ingoldingen und Reichenbach vier Ölflecken entdeckt. Die Brisanz des Vorfalls wird damals nicht erkannt: Mitglieder der örtlichen Feuerwehr beseitigt lediglich die Spuren, die Polizei wird nicht eingeschaltet.

    29. April 2007: Auf der Staatsstraße 2214 bei Rennertshofen (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) kommt ein 48-Jähriger mit seinem Motorrad auf einem Ölfleck ins Rutschen und stürzt. Der Mann verletzt sich. Es stellt sich heraus: Ein Unbekannter hatte auf der Strecke insgesamt zwei Öllachen gelegt. Das Altöl hatte sich in Glasflaschen befunden, die auf der Fahrbahn zerbrochen wurden.

    28. Oktober 2007: Auf der Staatsstraße 2033 bei Wittislingen im Landkreis Dillingen gerät ein 31-Jähriger mit seinem Auto am Ausgang einer Kurve auf einer Ölspur ins Schleudern. Das Auto überschlägt sich und bleibt neben der Fahrbahn auf dem Dach liegen. Der Fahrer wird im Autowrack eingeklemmt und schwer verletzt. Beamte entdecken am Unfallort grüne Glassplitter und eine Verschlusskappe, zudem sieben zertrümmerte Flaschen auf den Strecken von Hausen nach Zöschlingsweiler und zwischen Wittislingen und Ziertheim.

    30. Oktober 2007: Auf der A92 Richtung Deggendorf werden bei Freising auf einer Strecke von 1,5 Kilometern insgesamt zwölf Ölflecken entdeckt. Sie wurden durch zerbrochenen Glasflaschen gelegt. Mehrere Verkehrsteilnehmer können einen Unfall gerade noch verhindern.

    12./13. April 2008: Auf Straßen bei Leibertingen im Landkreis Sigmaringen werden insgesamt 19 Ölfallen entdeckt, glücklicherweise kommt es zu keinem Unfall.

    21. Dezember 2009: Ein Zeuge will beobachtet haben, wie in der Nacht auf der Staatsstraße 2212 zwischen Höchstädt an der Donau und Binswangen (Landkreis Dillingen) aus einem vor ihm fahrenden Fahrzeug mit Anhänger etwa fünf Flaschen auf die Fahrbahn geworfen werden.

    21. März 2010: Bei Schwendi (Landkreis Biberach) zwischen Regglisweiler und Orsenhausen werden an drei Stellen Ölflecken aufgefunden. Die Ermittlungen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verlaufen wie schon 2008 im Landkreis Sigmaringen ergebnislos.

    17. April 2011: Ein 37-jähriger Familienvater gerät auf der Staatsstraße 2013 zwischen Markt Rettenbach und Ottobeuren (Landkreis Unterallgäu) mit seinem Motorrad in einer Kurve auf eine Ölspur und schlittert frontal in ein entgegenkommendes Auto. Der Mann stirbt noch an der Unfallstelle. Die Ermittlungen der Polizei ergeben, dass die Ölspur absichtlich gelegt wurde.

    Bei Wittislingen überschlug sich ein Autofahrer, weil er auf schmierigem Altöl die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte.
    Bei Wittislingen überschlug sich ein Autofahrer, weil er auf schmierigem Altöl die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hatte. Foto: Foto: Polizei

    Ähnliche Fälle, etwa in Traunstein vor knapp zwei Jahren, konnten mit der Serie nicht in Verbindung gebracht werden. Auch bei Dießen am Ammersee fand man 2013 Ölflecken und zerbrochene Flaschen auf der Straße. Die Spuren stimmten aber nicht völlig mit der Serie überein, so schloss die Polizei auch einen Nachahmungstäter nicht aus.

    DNA des mutmaßlichen Täters ist bekannt

    Der unbekannte Täter benutzte stets Wein- oder Sektflaschen.
    Der unbekannte Täter benutzte stets Wein- oder Sektflaschen. Foto: Foto: Kripo

    Wer ist der Täter, der für die Serie verantwortlich ist? Profiler der Polizei gingen direkt nach dem mutmaßlichen Mord im Unterallgäu noch von einem Hass auf Motorradfahrer aus. Einige Zeit nach Beginn der Ermittlungen änderte sich die Einschätzung: Vielmehr stärkte der Täter wohl sein Selbstwertgefühl, indem er Angst und Verunsicherung verbreitete. Die DNA des mutmaßlichen Täters ist bekannt - es fehlt der passende Abgleich.

    Falls Hinweise aufkommen sollten, sei die Polizei laut Eckel bereit, wieder in umfangreiche Ermittlungen einzusteigen. Bis dahin scheint es, dass ein Mörder wohl ohne Strafe davonkommt.

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