Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Allgäu: Erhebliche Medikamenten-Engpässe bereiten Sorge

Allgäu

Erhebliche Medikamenten-Engpässe bereiten Sorge

    • |
    Speziell Kombinationsimpfstoffe für Kinder und Säuglinge sind im Allgäu schwer zu bekommen.
    Speziell Kombinationsimpfstoffe für Kinder und Säuglinge sind im Allgäu schwer zu bekommen. Foto: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)

    Im Allgäu gibt es momentan erhebliche Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten. Dabei geht es vor allem um Impfstoffe – aber auch um Antibiotika und Schilddrüsenhormone. Die Gründe dafür sind vielschichtig, sagt beispielsweise der Immenstädter Apotheker Arndt Botzenhardt, der auch drei Krankenhäuser im Oberallgäu mit Medikamenten beliefert.

    „Die Lieferproblematik besteht seit etwa zwei Jahren“, sagt der Apotheker. Eines der Hauptprobleme ist seiner Ansicht nach die global steigende Nachfrage nach Medikamenten. Schwellenländer wie etwa China oder Indien, die sich früher schon allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht im großen Stil beispielsweise mit Impfstoffen eindecken konnten, tun dies nun. Zugleich gebe es weltweit einen Konzentrationsprozess in der Pharmaindustrie – mit dem Ergebnis, dass es immer weniger Hersteller existieren.

    Auch lasse sich die Produktion nicht einfach ausweiten oder beschleunigen. „Es gibt Impfstoffe, deren Herstellung bis zu 26 Monate dauert.“ Zur Produktion müssen bestimmte Bakterien gezüchtet werden. „Die wachsen nicht einfach schneller, nur weil mehr Bedarf existiert“, sagt Botzenhardt. Zwar gebe es in Deutschland ein sehr dichtes Großhändlernetz, das viele Engpässe an einem Ort durch Lieferungen aus Lagern mit einem Überschuss eines Medikamentes über Nacht ausgleichen kann. Doch das klappt nicht immer.

    Nicht alle Medikamente sind im Allgäu zu bekommen

    Die Lieferengpässe sind auch im Raum Kaufbeuren ein Thema. Dr. Peter Vogg ist dort Inhaber einer alteingesessenen Apotheke. „Zur Zeit sind die Probleme am schlimmsten bei Impfstoffen“, sagt er, „zum Beispiel gegen Hepatitis A oder Kinderlähmung“. Zum Teil müsse ein Patient Wochen oder gar ein Vierteljahr auf ein Präparat warten.

    Manchmal werde das Problem so gelöst, dass man auf ein anderes ähnliches Präparat ausweiche. Ein Weg sei auch, ein Medikament, das auf dem deutschen Markt nicht zu bekommen ist, im Ausland zu kaufen. Das sei aber deutlich teurer, sagt Vogg. Die Kosten dafür muss teils der Patient tragen.

    Der Memminger Apotheker Franz Binder hat schon bei der Apothekerkammer nachgefragt, woher die Knappheit bei vielen Mitteln kommt. „Man gab mir die Auskunft: Es müssen derzeit einfach zu viele Menschen versorgt werden.“ Das Thema Flüchtlinge habe man bei der Kammer zwar nicht in den Mund genommen. Aber Binder glaubt, dass viele Mittel bei Asylbewerbern zum Einsatz kommen und auch deshalb ein Engpass herrscht. „Nur sagen will das keiner so recht“, meint er.

    Sein Kollege Arndt Botzenhardt hingegen glaubt nicht, dass die Flüchtlinge Ursache für den Mangel an Medikamenten sind. Denn den Engpass habe es schon längst gegeben, bevor die Asylbewerberwelle losging. So sieht das auch Dr. Martin Pfefferle (Waltenhofen), Apothekensprecher für den Bereich Kempten. Die Knappheit gerade bei Impfstoffen gebe es schon deutlich länger. „Verheerend ist die Lage vor allem bei den Kombinationsimpfstoffen.

    So gibt es etwa eine Sechsfachimpfung für Säuglinge und Kleinkinder gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und Hirnhautentzündung. „Diese ist nur schwer zu bekommen“, sagt Pfefferle. Der behandelnde Arzt muss dann entscheiden: Wartet man, bis das Medikament zur Verfügung steht? Oder impft man jeden Wirkstoff einzeln (einzeln seien die Präparate einfacher zu bekommen). Was aber bedeutet: Das betreffende Kind muss mehrfach gepikst werden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden