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Allgäu Airport: Viel Lärm und rote Zahlen: Verein hält Flughafen für überflüssig

Allgäu Airport

Viel Lärm und rote Zahlen: Verein hält Flughafen für überflüssig

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    Unterschiedlich sind die Meinungen zum Memminger Flughafen: die einen halten ihn für unkomplziert, die anderen für überflüssig.
    Unterschiedlich sind die Meinungen zum Memminger Flughafen: die einen halten ihn für unkomplziert, die anderen für überflüssig.

    Der Flughafen Memmingerberg mit zuletzt fast 870 000 Passagieren wird von vielen geschätzt. Einer aktuellen Studie der Universität Augsburg zufolge bringt er im Jahr einen Zustrom an Kaufkraft von 150 Millionen Euro. Alles paletti also? „Nein“, sagt Gabriela Schimmer-Göresz, Vorsitzende des Vereins „Bürger gegen Fluglärm“. Der Allgäu Airport „ist überflüssig“. Hier werde durch staatliche Subventionen Bedarf geweckt, der gar nicht da ist.

    Sie zitieren in einer Pressemitteilung Mahatma Gandhis Satz „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier.“ Was heißt das bezogen des Flughafens Memmingerberg?

    Schimmer-Göresz: Ich halte die Kohlendioxid-Belastung durch Flugverkehr für extrem bedenklich. Dass der auch durch öffentliche Gelder subventioniert wird, ist völlig unverständlich. Ryan Air, einer der Hauptpartner in Memmingerberg, ist zudem eine Fluggesellschaft mit zweifelhaftem Ruf – nicht zuletzt, was die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten betrifft.

    Der Lärm stört Sie nicht?

    Schimmer-Göresz: Oh Gott, natürlich stört der Lärm. Ich bin als gebürtige Memmingerin wegen des Flughafens eigens 20 Kilometer weggezogen. Jetzt lebe ich mit meinem Mann im Landkreis Neu-Ulm.

    Wie viel Flugverkehr findet statt?

    Schimmer-Göresz: Das kann ich nicht genau sagen. Es gab in Memmingen sowieso immer das Argument: Was wollt ihr denn, da war früher ein Militärflughafen. Die Jets damals waren doch viel lauter.

    Nicht von der Hand zu weisen, oder?

    Schimmer-Göresz: Schon, aber die Bundeswehr ist zu Bürozeiten geflogen – von acht bis 18 Uhr. Jetzt sind die auch an den Tagesrandzeiten, von sechs bis abends um 22 Uhr unterwegs. Aktuell läuft sogar ein Antrag auf Nachtflugerlaubnis.

    Wieso wird die benötigt?

    Schimmer-Göresz: Der Flughafen ist unwirtschaftlich, die roten Zahlen wachsen. Jetzt sucht man einen Großinvestor.

    Um wen handelt es sich?

    Schimmer-Göresz: Das möchte ich nicht sagen. Nur so viel. Träfe unsere Information zu, ginge es in Richtung Frachtflug. Das ist meine große Sorge. Bei Frachtflügen würde die Nachtruhe stark gestört.

    Andererseits soll der Flughafen einer aktuellen Studie der Universität Augsburg zufolge 150 Millionen Euro zusätzlich Kaufkraft pro Jahr generieren.

    Schimmer-Göresz: Die ist vom Flughafenbetreiber selbst in Auftrag gegeben, auch das Ergebnis ist zweifelhaft. Professor Dieter Buchberger, ein Wirtschaftswissenschaftler und Mitglied unserer Bürgerinitiative, vermutet in der Studie Fehler. Beispielsweise ist die Behauptung falsch, dass die 150 Millionen Euro Kaufkraft 19 Prozent Mehrwertsteuer enthalten. Die Mehrwertsteuer für den größten Kostenblock, die Übernachtungen, beträgt nämlich nur sieben Prozent.

    Gibt es weitere Einwände?

    Das ist der Allgäu Airport

    Der Allgäu Airport auf dem ehemaligen Gelände des Militärflughafens Memmingerberg ist nach München und Nürnberg der kleinste der drei Verkehrsflughäfen in Bayern.

    1935/1936: Bau des militärischen Fliegerhorstes Memmingerberg. In den letzten beiden Kriegsjahren wird der Flughafen durch schwere Bombenangriffe massiv beschädigt.

    1954/55: Die US-Besatzungsmacht erklärt, das Gelände des Fliegerhorstes als Übungsplatz für militärische Flugzeuge nutzen zu wollen. Die Infrastruktur wird wieder instandgesetzt.

    2001: Aufgrund der Umstrukturierung der Bundeswehr wird die Schließung des Militärflugplatzes Memmingerberg beschlossen. Zuletzt ist dort das Jagdbombergeschwader 34 "Allgäu" stationiert.

    2003: Abzug der Luftwaffe. Der Flughafen wird für eine zivile Folgenutzung freigegeben. Die Genehmigung vom Luftamt Südbayern für einen zivilen Regionalflughafen erfolgt ein Jahr später.

    2007: Der zivile Luftbetrieb wird durch die TUIfly aufgenommen. 2009 kommen die Fluggesellschaften Ryanair, Air Berlin und Wizz Air hinzu.

    2010: Eine neue Ankunft wird fertiggestellt, zudem die neuen Gates 5 und 6 im Obergeschoss des Terminals eröffnet. Der Flughafen verzeichnet 912.000 Fluggäste.

    2011: Die Betreiber des Allgäu Airport beantragen beim Luftamt Südbayern die Durchführung eines luftrechtlichen Planfeststellungsverfahrens. Sie wollen insgesamt 15 Millionen Euro in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Zudem sollen die Betriebszeiten verlängert werden.

    2012: Nachdem die Planungen der Betreibergesellschaft öffentlich werden, gehen 964 Einwendungen beim Luftamt Südbayern ein.

    2013: Die Regierung von Oberbayern genehmigt sowohl die bauliche Erweiterung des Flughafens als auch die Ausweitung der Betriebszeiten. Gegner reichen Klage am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein.

    Schimmer-Göresz: Ja, manche Zahlen sind seltsam. So errechnet die Deutsche Zentrale für Tourismus im vergangenen Jahr durchschnittlich 83 Euro und die Unterallgäuer Kurorte für 2011 etwa 75 bis 120 Euro Kaufkraft pro Person und Nacht. Laut Airport-Studie gäben die Passagiere der Billigflieger über 200 Prozent eines Durchschnittsurlaubers aus. Das klingt nicht plausibel.

    Der Verfasser der Studie soll 2004 recherchiert haben, dass die Hälfte der Wintersporttouristen im Allgäu mit dem Flugzeug anreisen würde.

    Schimmer-Göresz: Stimmt. Das war auch merkwürdig.

    Können Sie eigentlich am Allgäu Airport etwas Positives finden?

    Schimmer-Göresz: Nein, das kann ich bei bestem Willen nicht.

    Aber immerhin können hier Menschen günstig fliegen, ansonsten würde Fliegen immer elitärer.

    Schimmer-Göresz: Auch von Flughafenbetreibern wurde uns schon gesagt, wie unsozial wir seien. Aber die Diskrepanz, dass sich Reiche mehr leisten können als Arme, werden sie nicht aufheben können. Außerdem haben weder Arme noch Reiche das Recht, die Luft zu verpesten.

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