Die Ankündigung war wuchtig. Nicht weniger als ein Aktionsprogramm zur künftigen Energieversorgung Bayerns hatte Hubert Aiwanger versprochen. In seiner ersten Regierungserklärung im Landtag gab es am Ende immerhin ein Versprechen: "Nein, das Licht geht nicht aus", beteuerte der Wirtschaftsminister der Freien Wähler – auch wenn die letzten Atomreaktoren im Freistaat 2022 vom Netz gehen werden. Weil nämlich: "Wir haben mehr Gaskraft in der Garage stehen, als wir Kernenergie vom Netz nehmen."
Zudem seien die europäischen Stromnetze schon jetzt "voll Strom", erklärte Aiwanger. Damit lasse sich "ein weiter Teil der Lücke abdecken". Dass im Europa-Netz auch viel Strom aus Kohle und Atomkraft steckt, räumte Aiwanger offen ein. Doch aus welchen Quellen der Strom komme, entscheide am Ende ohnehin der Markt.
Wie genau der künftige Energie-Mix aussehen soll, blieb bei der im typischen Aiwanger-Stil frei gehaltenen Rede hingegen trotzdem offen. Bayern hatte 2018 erstmals im großen Stil Strom importieren müssen – eine Lücke zwischen Erzeugung und Verbrauch, die bis 2022 auf stolze 30 Terawattstunden anwachsen könnte, wie Aiwanger einräumte.
Aiwanger setzt vor allem auf Aufrüstung von Wasserkraft-Anlagen
Der Minister will diese Versorgungslücke durch einen Dreiklang aus zusätzlicher Erzeugung in Bayern, Strom-Importen und -Einsparungen schließen – wobei er auch hier klare Ziele vermied. Zusätzlichen Strom in Bayern will Aiwanger dabei vor allem aus rund 3000 Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen gewinnen.
Beim Ausbau erneuerbarer Energien sieht eine aktuelle Studie Bayern im Ländervergleich nur im Mittelfeld, bei der Windenergie sogar nur auf Platz 14. Während die Solarenergie gut vorankomme, hieß es, werde die Windkraft nur ungenügend genutzt. Aiwanger setzt beim Ausbau erneuerbarer Energien vor allem auf eine Aufrüstung von Wasserkraft-Anlagen. Auch die Fotovoltaik soll weiter stark ausgebaut werden. Und auch bei der Windkraft will er trotz 10H-Abstandsregel rund 300 neue Anlagen schaffen.
Gelingen könne ein weiterer Ausbau aber nur im Konsens mit den Bürgern, findet Aiwanger. Nicht mit Zwang oder Verboten komme man voran, weshalb er das Thema "mit einem Smiley kommunizieren" wolle: "Wenn die Bürger es selber wollen, dann müssen wir sie nicht hineinprügeln."
Aiwanger: "Seien wir ehrlich: Keiner will diese Trassen"
In Sachen Stromtrassen – ein in der Koalition mit der CSU heikles Thema – gab sich Aiwanger erneut vieldeutig: "Seien wir ehrlich: Keiner will diese Trassen", sagte er. Die Entscheidung für neue Trassen sei "nicht Gottes gleich unantastbar". Eine Auffassung, die der Linie der Söder-Regierung widerspricht, die solche Trassen offiziell "ohne Wenn und Aber" befürwortet. "Wer den notwendigen Leitungsbau infrage stellt, riskiert, dass Bayern am Ende tatsächlich der Stecker gezogen wird", hielt CSU-Generalsekretär Markus Blume deshalb Aiwanger am Landtagspodium zart-kritisch vor. Der Freie-Wähler-Chef hätte seine Zustimmung "ein bisschen deutlicher sagen können".
Die Opposition war da weniger zimperlich. Aiwangers Meinung zu Trassen hänge davon ab, "in welchem Wirtshaus er gerade spricht", schimpfte der grüne Abgeordnete Martin Stümpfig. "Und wir wissen immer noch nicht, wo die Energieversorgung in Zukunft herkommt", so Stümpfig. Er kritisierte, vor allem die CSU habe vieles jahrelang "verpennt". Die Grünen fordern 1500 neue Windräder und eine Verdreifachung der Solar-Energie allein für Bayern.
Während die AfD eine Wiederbelebung der Atomkraft forderte, warnte FDP-Fraktionschef Martin Hagen vor den schwerwiegenden Folgen, die Aiwangers "energiepolitischer Provinzialismus" für den Industrie-Standort habe: "So kann man ein Land wie Bayern nicht regieren."
Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Aiwangers Masterplan zur Energiepolitik: Durchwursteln
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