Im Dauerstreit um Energiewende und Klimaschutz in Bayern kann offenbar auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nicht für Versöhnung sorgen. Wie schon beim „Energiedialog“ seiner Vorgängerin Ilse Aigner (CSU) vor rund vier Jahren konnten auch bei Aiwangers „Energiegipfel“, der am Montag in München zu Ende ging, die widerstreitenden Interessen von über 100 Experten und Verbandsvertretern nicht unter einen Hut gebracht werden.
„Wir haben eine sehr breite Meinungsvielfalt vor uns“, sagte Aiwanger mit Blick auf die unveränderten „Extrempositionen der Verbände“. Natur- und Klimaschützer misstrauen seiner Ankündigung, die erneuerbaren Energien „massiv“ auszubauen. Vertreter der Wirtschaft warnen vor Unsicherheiten bei der Stromversorgung, steigenden Strompreisen und der Abwanderung von Industriearbeitsplätzen ins Ausland.
Das sind Aiwangers „ehrgeizige Ziele“ in der Energiepolitik
Schon kurz nach seinem Amtsantritt als Wirtschaftsminister hatte Aiwanger versprochen, für „neuen Schwung“ in der Energiepolitik zu sorgen. Am Montag legte er sich auf, wie er sagt, „ehrgeizige Ziele“ für die kommenden drei Jahre fest. Bis zum Jahr 2022, so Aiwanger, „soll die Photovoltaik-Leistung durchschnittlich pro Jahr um mindestens 500 Megawatt gesteigert werden. Zudem sollen 300 neue Windkraftanlagen in Bayern entstehen und 3000 zusätzliche Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung mit insgesamt 500 Megawatt errichtet werden.“
Um die Kraft der Sonne mit Photovoltaik zu nutzen, will Aiwanger, wie er sagt, „massiv auf die Dächer rauf“. Den Ausbau der Windkraft will er trotz der umstrittenen 10-H-Abstandsregelung, deren Abschaffung gegen den Willen der CSU nicht durchsetzbar gewesen sei, durch Beratung und Unterstützung der Kommunen bei einem „Dialogprozess“ mit den Bürgern vorantreiben. Wasserkraft und Biogas spielen in seinen Plänen nur noch eine untergeordnete Rolle. Hier sei er froh, so Aiwanger, wenn er den Bestand halten könne. Er werde einen „vernünftigen Mittelweg“ einschlagen, sagte der Minister. Sein Konzept sei „konkret, ambitioniert und realistisch“.
Grüne geißeln Pläne als „mutlos, planlos, ambitionslos“
Martin Stümpfig, der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, geißelte Aiwangers Ankündigungen dagegen als „mutlos, planlos, ambitionslos“. Er verwies darauf, dass die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien in Bayern im Jahr 2018 erstmals seit vielen Jahren wieder zurückgegangen sei. „Bei den Erneuerbaren verliert der Freistaat den Anschluss an die anderen Bundesländer“, sagte Stümpfig und warf Aiwanger vor, dies „kampflos“ hinzunehmen.
Richard Mergner, der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, hat bereits angekündigt, für künftige derartige Energiegipfel nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Er habe bei der Veranstaltung ein „Déjà-vu“ erlebt. Gegenüber Aigners Energiedialog vor vier Jahren gebe es praktisch keine Fortschritte. Aiwanger bleibe bisher weit hinter seinen früheren Forderungen zurück. „Das sind hier alles flotte Sprüche“, sagte Mergner.
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