Ein Geheimnis war es nicht mehr. Wenige Wochen vor Weihnachten hatte die Airbus Group angekündigt, in der Raumfahrt- und Rüstungssparte bis 2016 rund 5800 Jobs zu streichen, einen großen Teil davon in Deutschland. Spätestens da war klar, dass es vor allem Bayern und Baden-Württemberg hart treffen würde. Im Süden finden sich die größten Standorte der seit Jahresbeginn mit der Raumfahrttochter Astrium zusammengelegten Rüstungssparte Cassidian. Nun liegen die Fakten auf dem Tisch, die Mitarbeiter sind entsetzt.
Airbus: Die Geschäfte laufen schlecht
Es ist die Wehrtochter, die im Mittelpunkt des schmerzhaften Umbaus steht, zu dem sich Konzernchef Tom Enders gezwungen sieht. Die Geschäfte laufen schlecht. Die Regierungen in Europa sparen, kürzen Waffenbestellungen oder stoppen Projekte gleich ganz. Das bekommen die Mitarbeiter am größten deutschen Rüstungsstandort des Konzerns im oberbayerischen Manching seit längerem zu spüren. Dort wird, unweit von Ingolstadt, unter anderem der Kampfjet Eurofighter montiert.
Doch es finden sich keine neuen Käufer. Bis 2017 reichen die Aufträge in den Büchern zwar noch, wie es danach weitergeht ist offen. Der Chef der neuen Sparte Airbus Defence & Space, Bernhard Gerwert, hat schon vor dem Jahreswechsel deutlich gemacht, dass es über den geplanten Stellenabbau hinaus Kürzungen geben müssen, wenn nicht neue Kunden für das Kampfflugzeug gewonnen werden. Und schon jetzt wird es den Standort mit am heftigsten treffen.
Mehr als jede vierte Stelle wird in Manching wegfallen. Von derzeit rund 3885 Mitarbeitern sollen 2875 übrig bleiben. Insgesamt stehen nach der derzeit bekannten Liste 2211 Jobs in Deutschland zur Disposition, die meisten in Bayern und Baden-Württemberg. Es sind aber nicht nur fehlende Aufträge und der harte internationale Wettbewerb um das Geschäft mit Waffen und Kriegsgerät, die dem Verteidigungsgeschäft von Airbus das Leben schwer machen.
"Unsere Produkte sind viel zu teuer oder nicht auf die Anforderungen des Marktes zugeschnitten - oder beides", schrieb Enders vor Weihnachten seinen Mitarbeitern in einem Brief. Der Manager will die Strukturen straffen und schlanker machen. Komplett trennen will sich der frühere Fallschirmjäger vom Rüstungsgeschäft aber nicht. Enders will die Sparte wettbewerbsfähiger und schlagkräftiger machen. Und am Ende soll Airbus Defence & Space vor allem Geld verdienen.
Betriebsbedingte Kündigungen als Folge
Dafür greift der Konzern auch zu Mitteln, die in großen Firmen in Deutschland selten geworden sind: betriebsbedingte Kündigungen: "Wir schätzen derzeit, dass sich die Anzahl der Entlassungen in der gesamten Gruppe am Ende auf 1000 bis 1450 Stellen beläuft", sagte ein Sprecher. Vor allem das ärgert die IG Metall. Die Gewerkschaft hatte vor Weihnachten lautstarke Proteste organisiert und angekündigt, um die Arbeitsplätze bei der Airbus Group kämpfen zu wollen.
Doch die Gewerkschaft weiß, dass es ohne Einschnitte nicht gehen wird. Entlassungen kommen für sie aber nicht infrage. "Wir verlangen, dass die Airbus Group auf Kündigungen verzichtet", sagt der IG-Metall-Sekretär Bernhard Stiedl - und fügt hinzu: "Jetzt ist die Politik gefordert. Die Gewerkschaft hofft auf Hilfe aus Berlin oder München. Doch die Möglichkeiten sind begrenzt. Zumal an der Misere aus Sicht von Airbus Berlin eine Mitschuld trägt.
Denn Enders wollte die Probleme in der Rüstung eigentlich anders lösen. Die Fusion mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems sollte das Unternehmen insgesamt stärken. Und zwar so nachhaltig, dass Enders für die Zustimmung der Regierungen sogar eine Jobgarantie anbot. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung stoppte den Deal. Tom Enders hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass deswegen an den nun folgenden radikalen Schritten kein Weg mehr vorbeiführe.
Auch Horst Seehofer meldet sich zu Wort
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat den Stellenabbau im Rüstungsgeschäft der Airbus Group als "unumgänglich" bezeichnet. Wenn man weniger Rüstung wolle, dann müsse man den Konzern entsprechend anpassen, sagte Seehofer am Dienstag am Rande einer Landtagssitzung in München. Diese Anpassung müsse aber in jeder Beziehung sozialverträglich gestaltet werden. "Das war vereinbart, und das gilt auch." Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, die Staatsregierung werde den Prozess konstruktiv begleiten. Sie werde hoffentlich an diesem Donnerstag mit Vetretern von Betriebsrat und Gewerkschaften sprechen können. dpa