In der Debatte um die schmerzfreie Kastration von Ferkeln lehnen die Bauern eine Vollnarkose der Tiere ab. Der Bayerische und der Baden-Württembergische Bauernverband, aber auch der Fleischerverband Bayern sehen die Lösung in einer lokalen Betäubung. Sie forderten am Freitag in München die Zulassung von Wirkstoffen, die bereits bei Menschen, Hunden, Katzen und Pferden eingesetzt werden. Bis zur gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2019 müsse verstärkt geforscht werden, um Alternativen zu finden. Dann dürfen Ferkel nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden.
Das Bundesagrarministerium nenne bisher vor allem die Narkose sowie die Behandlung der Tiere mit in den Hormonhaushalt eingreifenden Substanzen, um später Geruch beim Fleisch zu verhindern, hieß es. Eine Vollnarkose sei jedoch ein "Bärendienst" für den Tierschutz, denn sie belaste die wenige Tage alten Tiere extrem, sagte der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Walter Heidl. Zudem bedeute sie erhebliche Zusatzkosten, da sie nur ein Tierarzt vornehmen darf.
Das würde besonders kleine und mittlere Betriebe an den Rand der Existenz bringen. Gerade Ferkelerzeuger kämpfen ohnehin gegen niedrige Preise. Die Auswirkungen seien dramatisch, sagte Heidl. Betriebe müssten aufgeben. "Uns ist wichtig, dass wir eine Lösung finden, die sowohl dem Verbraucher und der Fleischqualität als auch dem Tierschutz und der Landwirtschaft gerecht werden kann."
Seit Jahrhunderten werden männliche Ferkel kastriert, weil männliche Hormone das Fleisch beim Kochen unangenehm riechen lassen. Bisher wurden die Hoden meist ohne Betäubung entfernt. Aus Tierschutzgründen wird das in Deutschland ab 2019 verboten.
Betäubung könne sowohl Vollnarkose als auch örtliche Schmerzausschaltung bedeuten, sagte der Veterinärrechts-Experte und Autor eines entsprechenden Rechtsgutachtens, Wolfgang Hansen. Bei genauem Studium der Gesetzestexte sei keine Vollnarkose gefordert.
Eine Vollnarkose sei zudem ein extrem traumatischer Eingriff, sagte Andreas Randt, Tierärztlicher Leiter beim Tiergesundheitsdienst Bayern. "Einen solchen Eingriff bei Neugeborenen zu machen, halte ich nicht für den richtigen Weg." Er berge Gefahren bis hin zum Tod der Tiere. Auch bei Säuglingen vermeide man Vollnarkosen möglichst.
In ferner Zukunft sei es vielleicht möglich, über Züchtung eine so späte Pubertät der Tiere zu erreichen, so dass die Kastration überflüssig werde, sagte Randt. "Wenn wir es züchterisch schaffen, hätten wir unser Ziel erreicht." dpa/lby