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Ernährung: Absätze eingebrochen: Wie kam es zur Pommes-Krise in Bayern?

Ernährung

Absätze eingebrochen: Wie kam es zur Pommes-Krise in Bayern?

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    Geschüttelt und frittiert: Pommes sind auf der ganzen Welt beliebt, verzehrt werden sie aber meist außer Haus. Das stellt die Branche vor Probleme.
    Geschüttelt und frittiert: Pommes sind auf der ganzen Welt beliebt, verzehrt werden sie aber meist außer Haus. Das stellt die Branche vor Probleme. Foto: Ina Fassbender, dpa

    Aus dem Landkreis Donau-Ries wanderten in den vergangenen Wochen viele Blicke nach Belgien. Dort, im Nachbarland Deutschlands, richtete die Pommes-Industrie jüngst einen eindringlichen Appell an die Bürger. Hunderttausende Tonnen nicht verbrauchter Pommes-Kartoffeln drohten zu verfaulen. Eine Pommes-Krise, wegen der alle Belgier mindestens zweimal wöchentlich Pommes essen sollten, nein, müssten. „Zweimal wöchentlich? Uns wäre fünfmal lieber“, sagt Philip Stevenije und schmunzelt. Er ist Betriebsleiter von Aviko in Rain am Lech, dem einzigen Hersteller von Tiefkühl-Pommes-frites bayernweit. Dem Zentrum der bayerischen Pommes-Krise.

    Kartoffel ist nicht gleich Kartoffel. Während Speisekartoffeln, die normalerweise Zuhause auf dem Teller landen, so beliebt sind wie lange nicht, ist der Absatz von Pommes-frites-Kartoffeln komplett eingebrochen. Sie sind extragroß, bleiben wegen ihres höheren Stärkegehalts länger stabil und sind deshalb besonders in der Gastronomie beliebt. Ob zum Schnitzel in der Gastwirtschaft, an der Bude um die Ecke oder im Fußball-Stadion: Pommes werden meist außer Haus gegessen. Das ist momentan kaum oder nur äußerst eingeschränkt möglich – mit enormen Konsequenzen für Aviko und das anliegende Kartoffel-Centrum Bayern (KCB): Drei Wochen stand der Betrieb komplett still. Am Montag lief die Produktion wieder an.

    Pommes-Produktion in Rain am Lech stoppt: " Das tat richtig weh"

    Im KCB landen – unter normalen Umständen – 800 bis 1000 Tonnen Pommes-Kartoffeln pro Tag. Sie werden dort sortiert, gewaschen und dann zu Aviko auf die andere Straßenseite transportiert. „Hier ist immer etwas los, hier rührt sich nonstop etwas“, sagt der Betriebsleiter der Sortieranlage, Josef Färber. „Dass wir hier in den letzten Wochen die Vögel zwitschern gehört haben, diese Stille – das hat richtig wehgetan. Ein bedrückendes Gefühl.“

    Mit 300 Landwirten aus dem Umkreis hat das KCB Verträge, es muss die Pommes-Kartoffeln abnehmen. Wohin nun mit dieser Flut? Drohen nach den „Butter-Bergen“, die jahrzehntelang Lager in ganz Europa füllten, nun Kartoffel-Berge? „So weit kommt es nicht“, sagt Färber. „Die Pommes-Kartoffeln sind nur begrenzt haltbar, deshalb haben wir viel an Stärkefabriken, Biogasanlagen oder Landwirte verkauft, die die Kartoffeln als Viehfutter nutzen.“ So lukrativ wie das normale Tagesgeschäft seien diese notgedrungenen „Ausweichmanöver“ aber bei weitem nicht, sagt Färber. Er sei deshalb froh, dass die Produktion wieder angelaufen sei.

    Pommes-Krise in Bayern: 35.000 Tonnen produziert Aviko weniger

    Eigentlich lief das Geschäft noch bis März rund. „Wir hatten bis kurz vor der Corona-Krise umgekehrten Druck. Die Verkaufsprognosen waren so gut, dass wir eigentlich noch mehr produzieren sollten“, sagt Philip Stevenije vom Pommes-frites-Hersteller Aviko in Rain am Lech. „Das hat sich innerhalb von Tagen ins Gegenteil verkehrt.“ Jetzt habe der Produktions-Standort, der zum niederländischen Aviko-Konzern gehört, erstmals Kurzarbeit anmelden müssen. „Wir sind zuversichtlich, dass die Produktion langfristig wieder ansteigen wird, aber die Situation jetzt ist schon ein gewaltiger Rückfall. Wir werden in diesem Jahr 35.000 Tonnen weniger Pommes produzieren.“ Und wenn ab jetzt jeder Bayer fünfmal die Woche Tiefkühl-Pommes-frites isst? „Ich fürchte, da müssen wir realistisch bleiben.“

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