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Kirchenaustritte: 400.000 Katholiken treten aus, Kirchenkrise verschärft sich

Kirche

400.000 Menschen treten aus der katholischen Kirche aus

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    Den Kirchen laufen die Mitglieder davon. Auch 2023 war die Zahl der Austritte enorm hoch.
    Den Kirchen laufen die Mitglieder davon. Auch 2023 war die Zahl der Austritte enorm hoch. Foto: Christoph Schmidt, dpa

    Nach dem historischen Negativrekord von mehr als 520.000 Austritten aus der römisch-katholischen Kirche in Deutschland 2022 ist die Zahl im Jahr 2023 zurückgegangen. Allerdings blieb sie auf hohem Niveau: Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz vom Donnerstag kehrten der Kirche genau 402.694 Katholikinnen und Katholiken den Rücken. Zum Vergleich: 2021 waren es knapp 360.000, 2020 fast 222.000.

    "Die Zahlen sind ein Indikator der Wirklichkeit. Wir müssen uns ehrlich machen und Entwicklungen wahrnehmen", sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz ist. Die Zahlen seien "alarmierend", so Bätzing weiter. "Sie zeigen, dass die Kirche in einer umfassenden Krise steckt." Resignation, Angst oder Rückzug seien jedoch die falschen Antworten. Bätzing, der als Reformer gilt, betonte: "Reformen allein werden die Kirchenkrise nicht beheben, aber die Krise wird sich ohne Reformen verschärfen." Es gelte zudem, nach Zukunftsfeldern zu suchen, die nahe an der Lebenswirklichkeit der Menschen seien. Besonders junge Leute und deren Familien seien in den Blick zu nehmen.

    Die Bindung zu traditionellen kirchlichen Strukturen wie der Pfarrei schwindet

    Einige Bistümer wiesen darauf hin, dass mehr Menschen an den Wochenend-Gottesdiensten teilnahmen. Der Augsburger Bischof Bertram Meier etwa freute sich darüber, dass im Jahr 2023 "wieder annähernd das Vor-Corona-Niveau erreicht" worden sei. Allerdings besuchten deutschlandweit lediglich 6,2 Prozent der Kirchenmitglieder den Gottesdienst (2022: 5,7 Prozent).

    Christian Klenk, Kommunikationswissenschaftler an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, sagte unserer Redaktion: "Die Menschen für den klassischen Gottesdienst am Sonntagmorgen zu gewinnen, wird immer schwieriger." Die Bindung zu traditionellen kirchlichen Strukturen wie der Pfarrei schwinde. Daher brauche es als Ergänzung neue Formen für bestimmte Zielgruppen oder Formate mit Eventcharakter – wie eine "Nacht der offenen Kirchen" oder ein Festival für junge Menschen. Ob es gelingen könne, über Social Media neue Gläubige zu gewinnen, sei fraglich. Es könnten aber vor allem jene Gläubigen, die nur losen Kontakt zur institutionellen Kirche hätten, mit niedrigschwelligen Onlineangeboten erreicht und im besten Fall wieder an die Kirche herangeführt werden, so Klenk.

    Bamberger Erzbischof Gössl: Die "Volkskirche" wird es "so nicht mehr geben"

    Wie schwierig das werden dürfte, zeigt ein weiterer Blick auf die "Kirchenstatistik 2023". Aus der geht ein breiter Abwärtstrend hervor: weniger Taufen, weniger kirchliche Trauungen, weniger Erstkommunion-Kinder, weniger Firmungen, weniger Pfarreien, weniger Priester, weniger Ständige Diakone. Der Würzburger Bischof Franz Jung sagte, das Vertrauen in die Institution Kirche sei "bei vielen Menschen massiv beschädigt". Die hohe Zahl der Austritte zeige das deutlich. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl sagte: Mit weniger Gläubigen, weniger Seelsorgern und weniger Finanzmitteln werde die Kirche neue Wege finden müssen, die noch vorhandenen Ressourcen effektiv einzusetzen. Die "Volkskirche" werde es "so nicht mehr geben". Damit sein Bistum handlungsfähig bleibe, müssten bis 2035 im Jahresbudget 20 Millionen Euro eingespart werden.

    Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im Mai mitgeteilt, dass es 2023 – wie im Vorjahr – rund 380.000 Austritte gab. "Wir werden eine kleinere und ärmere Kirche", stellte die amtierende Ratsvorsitzende der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, fest. Zum Ende des vergangenen Jahres waren in Deutschland noch gut 18,5 Millionen Menschen Mitglieder einer der 20 evangelischen Landeskirchen. Die Mitgliederzahl der 27 katholischen (Erz-)Diözesen in Deutschland belief sich auf rund 20,3 Millionen.

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