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21-Jährige erleidet Schlaganfall: Das sind Symptome

Medizin

Schlaganfall mit 21: Alles begann mit einer kitzelnden Nase

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    Wenn Symptome eines Schlaganfalls auftreten, ist höchste Eile geboten. In Deutschland erleiden pro Jahr etwa 270.000 Menschen eine solche plötzlich eintretende Durchblutungsstörung im Gehirn.
    Wenn Symptome eines Schlaganfalls auftreten, ist höchste Eile geboten. In Deutschland erleiden pro Jahr etwa 270.000 Menschen eine solche plötzlich eintretende Durchblutungsstörung im Gehirn. Foto: Stephan Jansen, dpa

    Ein Abend Ende Mai. Vanessa Andersen fährt von der Arbeit nach Hause. Die Spätschicht ist gerade vorbei, es ist Viertel nach acht. „Ich habe mich irgendwie nicht so recht wohlgefühlt“, erzählt die 21-Jährige aus Sielenbach im Landkreis Aichach-Friedberg. „Aber ich habe mir nichts weiter dabei gedacht.“ Doch der Abend nimmt eine Wendung, mit der niemand gerechnet hätte. Zuerst ist da plötzlich dieses Gefühl, dass ihre Nase kitzelt, so, als hinge da eines ihrer langen blonden Haare. Kurz darauf spürt sie, wie ihre rechte Gesichtshälfte taub wird. Und als ihr Freund ihr sagt, dass ihr Mundwinkel nach unten hängt, weiß die junge Frau, die als medizinische Fachangestellte arbeitet, dass da etwas absolut nicht stimmt. Sie fährt ins Krankenhaus nach Aichach. Ihr Zustand verschlechtert sich weiter. Sie kann nicht mehr richtig schlucken, die Arme und Beine nicht mehr normal bewegen. Und dann bekommt sie Probleme beim Sprechen. Die Diagnose steht schnell: Schlaganfall. Am nächsten Tag wird sie in die Augsburger Uniklinik verlegt.

    Vanessa Andersen ist einer von etwa 270.000 Menschen, die der Deutschen Schlaganfall-Hilfe zufolge in Deutschland jedes Jahr eine solche plötzlich einsetzende Durchblutungsstörung im Gehirn erleiden. Von einem Schlaganfall sind der Stiftung zufolge vornehmlich ältere Menschen betroffen. Die Altersgruppe ab 60 Lebensjahren erleidet demnach fast 80 Prozent aller Schlaganfälle. Aber: Auch rund 30.000 Menschen unter 55 Jahren sind betroffen. Und auch mindestens 300 Kinder erleiden jährlich einen Schlaganfall. „Die Erkrankung tritt in allen Altersgruppen auf, meist aber bei Menschen über 60 Jahren. Aber zehn bis 20 Prozent unserer Patienten sind jüngere Menschen zwischen 20 und 50 Jahren“, sagt Professor Dr. Markus Naumann, Direktor der Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie am Universitätsklinikum Augsburg, einem der größten Schlaganfallzentren in Deutschland. 2023 wurden dort 2200 Schlaganfall-Patienten behandelt. Alle vier bis fünf Stunden kommt ein neuer Fall in die Klinik.

    Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht oder Diabetes zählen zu den Risikofaktoren

    Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes, zu wenig Bewegung und Übergewicht gelten unter anderem als klassische Risikofaktoren. Jetzt haben bayerische Wissenschaftler einen weiteren entdeckt. Forscherinnen und Forscher der Neurologie am Universitätsklinikum Augsburg haben zusammen mit dem Helmholtz Munich - dem Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass nächtliche Hitze das Risiko für Schlaganfälle deutlich erhöht. In ihrer Untersuchung haben sie Daten des Klinikums zu 11.000 Schlaganfällen analysiert, die über 15 Jahre gesammelt wurden. Die Auswertung zeigt konkret, dass extrem warme Nächte das Schlaganfallrisiko um sieben Prozent erhöhen. Von 2006 bis 2012 hatten die Nachttemperaturen im Untersuchungsgebiet im Raum Augsburg jährlich zwei zusätzliche Schlaganfälle zur Folge, von 2013 bis 2020 waren es jährlich 33 zusätzliche Fälle. Das klingt nach nicht sonderlich viel - „aber hochgerechnet sind das Hunderttausende Menschen, die global durch die Hitze einen Schlaganfall erleiden und ihn vielleicht nicht überleben“, sagt Naumann, der an der Studie beteiligt war.

    „Eigentlich müssten gerade ältere Menschen vor dem Schlafengehen noch einen halben Liter Wasser trinken. Aber sie machen das Gegenteil und trinken gar nichts, damit sie nachts nicht zur Toilette müssen“, sagt Professor Markus Naumann.
    „Eigentlich müssten gerade ältere Menschen vor dem Schlafengehen noch einen halben Liter Wasser trinken. Aber sie machen das Gegenteil und trinken gar nichts, damit sie nachts nicht zur Toilette müssen“, sagt Professor Markus Naumann. Foto: Uniklinikum Augsburg

    Eine Mitursache für den Anstieg ist den Forschenden zufolge der Klimawandel und die damit einhergehende Zunahme extremer Wettereignisse. Zu diesen gehören unter anderem eben besonders heiße, sogenannte tropische Nächte. „Das Problem ist, dass die Menschen durch die Hitze regelrecht austrocknen, das Blut wird dicker und droht zu verklumpen“, sagt Neurologe Naumann. „Eigentlich müssten gerade ältere Menschen vor dem Schlafengehen noch einen halben Liter Wasser trinken. Aber sie machen das Gegenteil und trinken gar nichts, damit sie nachts nicht zur Toilette müssen.“

    Schlaganfall: Bei manchen ist die Hitze der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt

    Ziel der Studie sei es unter anderem, eine App zu entwickeln, die Risikopatienten warnt, erklärt Naumann. „Sie sehen dann anhand der Hitzewarnung, dass sie aufpassen sollten, dass sie viel trinken müssen und im Schatten bleiben.“ Außerdem können die Daten den Kliniken helfen, sich besser auf mehr Patienten vorzubereiten. „Wir können dank der Ergebnisse künftig besser abschätzen, ob wir mehr Kapazitäten in der Notaufnahme brauchen. Weil wir eben wissen, wann das Risiko für Schlaganfälle erhöht ist.“

    Die Studienergebnisse auf einzelne Patienten herunterzubrechen, sei indes schwierig, sagt Naumann. „Man kann da nicht sagen, dass der Schlaganfall nur von der Hitze kommt oder vom Bluthochdruck oder von einem zu hohen Blutzucker. Das sind alles Co-Faktoren. Aber die Hitze ist bei manchen eben der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“

    Bei etwa 30 Prozent bleibt die Ursache für den Schlaganfall unbekannt

    Bei jungen Menschen wie Vanessa Andersen gelten vor allem Herzfehlbildungen, Blutgerinnungsstörungen oder Gefäßentzündungen als Risikofaktoren. Naumann räumt aber ein: „Bei rund 30 Prozent der Betroffenen bleiben die Ursachen unbekannt.“ Wie bei der 21-Jährigen. Sie hat mittlerweile eine fünfwöchige Reha hinter sich, mit Krankengymnastik, kognitivem Training, Sprachtherapie. „Die Sprachstörung ist so gut wie weg“, sagt die junge Frau. Ihr rechtes Bein zittere aber noch oft, sie kann wegen des Tremors schlecht laufen und ist auf eine Gehhilfe angewiesen. „Auch meine Kraft in meinem rechten Arm und Bein ist gering“, sagt sie. „Und ich habe Probleme mit der Feinmotorik, ich kann nicht richtig schreiben oder nach Sachen greifen.“ Die Ärzte geben ihr aber eine gute Perspektive. „Weil ich ja noch so jung bin und weil sich mein Zustand auch relativ schnell verbessert hat. Deswegen bin ich eigentlich ziemlich optimistisch.“

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