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Energie: Was die radikale Heizwende für Hausbesitzer bedeutet

Energie

Was die radikale Heizwende für Hausbesitzer bedeutet

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    Wer eine Immobilie kauft, muss künftig stärker auf den Energieverbrauch achten.
    Wer eine Immobilie kauft, muss künftig stärker auf den Energieverbrauch achten. Foto: Bernd Settnik, dpa

    Immobilienmakler Dirk Wohltorf verkauft normalerweise Häuser, doch derzeit fühlt er sich oft eher als Therapeut. Manchmal müsse er während Gesprächen Taschentücher reichen, erzählt er. "Ob bei älteren Verkaufswilligen oder jungen Familien auf Nestsuche, gerade platzen reihenweise Wohnträume, die meist auch Lebensträume sind", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Grund, so der Vize-Vorsitzende des IVD, des Verbandes der Immobilienmakler, -verwalter und -gutachter: "Die völlig unausgegorenen und überzogenen Wärmewende-Pläne von Klimaschutzminister Robert Habeck." Was der Grünen-Politiker vorhabe, führe zu "völliger Verunsicherung am Immobilienmarkt". Noch sind am umstrittenen Heiz-Gesetz viele Details offen, doch die Auswirkungen auf die Hauspreise sind längst da.

    Verkäufe von Häusern und Wohnungen gehen um bis zu 25 Prozent zurück

    Rückmeldungen aus dem Kreis der rund 6000 IVD-Mitglieder lassen laut Wohltorf folgende Schätzung zu: "Die Verkaufszahlen von Häusern und Wohnungen sind in den vergangenen drei Monaten um 15 bis 25 Prozent zurückgegangen." Neben Inflation und hohen Kreditzinsen sei die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz wesentliche Ursache. Die erzielten Preise seien um bis zu 20 Prozent gefallen – allein der generelle Mangel an Wohnraum habe weitere Einbrüche verhindert. 

    Häufig werde er von Menschen kontaktiert, die sich im Laufe ihres Berufslebens ein Eigenheim zusammengespart haben, so der Makler. Von dem wollten oder müssten sie sich im Alter trennen, weil etwa ein Umzug ins Pflegeheim ansteht. Der Verkaufserlös sei eingeplant, um die gewaltigen Eigenanteile zu decken, die dort fällig werden. Meist wollten die Senioren erst einmal eine Schätzung, was ein Verkauf ungefähr einbringen werde. Typische Objekte seien etwa Einfamilienhäuser aus den 1960er und 1970er Jahren, oft in Fertigbauweise errichtet. Hunderttausende davon gebe es in Deutschland, viele gepflegt. Aber eben schlecht gedämmt und mit älteren Öl- oder Gasheizungen ausgerüstet. 

    Wie geht es mit dem Eigenheim weiter - besser erst das Dach oder die Fassade dämmen? Oder sollte man zuerst eine neue Heizung angehen?
    Wie geht es mit dem Eigenheim weiter - besser erst das Dach oder die Fassade dämmen? Oder sollte man zuerst eine neue Heizung angehen? Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa-tmn (Archivbild)

    Wenn der Schätzpreis weit unter den Hoffnungen liegt

    Die Antwort auf die Frage nach dem Schätzwert muss Wohltorf sensibel verpacken. Denn der Markt lasse in vielen Fällen nur folgende Aussage zu: "Grundstückswert minus Abrisskosten." Nicht selten klaffe zu den Hoffnungen der Besitzer eine Lücke von 100.000 Euro oder mehr – die fürs betreute Wohnen fehlten. Wohltorf erklärt: "Diese Häuser sind tot, die können Sie nicht durch einen einfachen Heizungstausch auf den Stand bringen, der künftig gefordert wird. Da reden wir von einer Kernsanierung, die sich wirtschaftlich in keiner Weise trägt." Das sei der Punkt, an dem manchmal Taschentücher nötig sind.

    Aufseiten der Interessenten ist die Ernüchterung laut Wohltorf ebenso groß. Oft kämen junge Familien, die ein günstiges Eigenheim suchen, um es nach und nach zu renovieren. Die gesunkenen Preise seien nur auf den ersten Blick ein Hoffnungsschimmer. Schnell werde klar, dass die nötigen Investitionen finanziell nicht drin sind. So blieben die Besitzer auf ihren Häusern sitzen und die Suchenden müssten frustriert aufgeben. "All diese Leute haben Angst, dass die Politik sie kaputt macht", sagt der Maklerverbandsvize. Und weil im Augenblick keiner sagen könne, was künftig überhaupt genehmigungs- und förderfähig sein wird, stagniere die Bau- und Sanierungstätigkeit – so leide der Klimaschutz sogar

    Der Dachverband fordert schnell Klarheit von Wirtschaftsminister Habeck

    Auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der Dachverband der Bau- und Immobilienbranche, sieht bei Habecks Heizungsplänen noch viele Fragezeichen. Präsident Andreas Mattner sagt unserer Redaktion: "Beim Gebäudeenergiegesetz braucht es jetzt vor allem eins: Klarheit. Deshalb sollten sich alle, die bei diesem Thema betroffen sind, an einen Tisch setzen und die letzten Kernfragen klären." Neben der Politik spiele hier "auch die Immobilienwirtschaft eine Schlüsselrolle".

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