Bei der jüngsten Kommunalwahl in Baden-Württemberg haben kleine Vereinigungen und Bündnisse überraschende Erfolge gefeiert - sehr zur Sorge des baden-württembergischen Städtetags. Die Räte zersplitterten zunehmend, warnte der Dachverband der größeren Kommunen am Montag.
An einer Umfrage unter den 201 Verbandsmitgliedern hätten sich 100 Rathäuser beteiligt, teilte der Städtetag mit. In mehr als 40 Prozent dieser Kommunen säßen nach der Wahl mehr Gruppierungen und Fraktionen im Gemeinderat als zuvor, nur in 15 Prozent der Fälle sind es weniger. Spitzenreiter sind laut Verband Freiburg und Pforzheim mit je 17 Listen, es folgt Ulm mit 15 Listen. In Stuttgart und Heidelberg sitzen bald je 14 Listen zusammen.
"Die Oberbürgermeister der baden-württembergischen Städte sind sich einig: Die zunehmende Zersplitterung tut der Demokratie nicht gut und erschwert die Arbeit im Gremium", kritisierte der Städtetag. Je zersplitterter ein Gemeinderat sei, desto länger und aufwendiger seien seine Entscheidungsprozesse.
"Der Erfolg von Kommunalpolitik hängt aber nicht nur von guten Entscheidungen ab, sondern oft auch von schnellen Beschlüssen", sagte Ralf Broß, Vorstandsmitglied des Städtetags. Wegen vieler Wortmeldungen verlängerten sich zudem die Sitzungen. Das mache dieses Ehrenamt deutlich unattraktiver. Eine mit Wahlrechtsexperten besetzte Kommission des Landes müsse einen oder mehrere Änderungsvorschläge zum geltenden Recht vorlegen, forderte der Verband.
Gut möglich, dass der Städtetag da beim Land offene Türen einrennt. Denn Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl hatten sich bereits in der vergangenen Woche dafür ausgesprochen, Änderungen des Kommunalwahlrechts zu diskutieren. Strobl sagte in Stuttgart, er befürchte einen Verlust von Berechenbarkeit und Stabilität. Das sei auch für die Wirtschaft vor Ort ein Nachteil. Die Einführung einer Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen sei aber schwierig. Kretschmann sprach von einem ernsthaften Problem. Er warnte vor der Gefahr, dass reine Partikularinteressen vertreten werden.
(dpa)