Die Kriminalität in Baden-Württemberg wächst rasant. Im Südwesten sind im vergangenen Jahr deutlich mehr Körperverletzungen und Raubüberfälle registriert worden. Das geht aus Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Die Polizei verzeichnete demnach im vergangenen Jahr allein 93.442 sogenannte Rohheitsdelikte - dazu zählen Raub, räuberische Erpressung oder Körperverletzung. Das entspricht einer Steigerung von mehr als acht Prozent im Vergleich zum Jahr 2022.
Auch die Sexualdelikte haben demnach 2023 leicht zugenommen - um gut zwei Prozent auf 12.671 Fälle. Dazu zählen unter anderem Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexuelle Belästigung. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass die Gewaltkriminalität insgesamt und die Messerangriffe im Land deutlich zugenommen haben.
Insgesamt stieg die Zahl der registrierten Straftaten nach dpa-Informationen im Jahr 2023 um mehr als acht Prozent auf 594.657 Fälle. Die Häufigkeitszahl, also die Zahl der Delikte auf 1000 Einwohner, wuchs im Land von 4994 auf 5345.
Die gute Nachricht: Die Aufklärungsquote stieg im vergangenen Jahr ebenfalls - von 61,4 auf 63,5 Prozent. 48 Prozent der Tatverdächtigen hatten keinen deutschen Pass - der mit Abstand höchste Wert seit vielen Jahren. Innenminister Thomas Strobl (CDU) will die Kriminalstatistik für Baden-Württemberg offiziell am Donnerstag vorstellen.
Bundesweit ist die Kriminalität auf dem Vormarsch. Die Polizei hat im vergangenen Jahr in Deutschland so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht mehr. Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger ist hoch. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verkündete am Dienstag bei der Vorstellung der bundesweiten Statistik dennoch: "Deutschland ist weiterhin eines der sichersten Länder der Welt."
Drei Faktoren könnten 2023 nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA) beim Kriminalitätswachstum eine Rolle gespielt haben: Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die hohe Inflation und starke Zuwanderung innerhalb eines kurzen Zeitraums, die für den Einzelnen zu schwierigen Lebensbedingungen und schlechteren Integrationschancen führen kann.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft im Südwesten ist jedenfalls empört. Fußgängerzonen, Parkanlagen, Plätze und Straßen seien zu Angsträumen geworden, kritisierte Landeschef Ralf Kusterer. Für das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat seien die Zahlen ein Desaster. Und die tatsächliche Kriminalität sei in Wirklichkeit noch viel höher, sagte Kusterer und verwies auf ein hohes Dunkelfeld an Straftaten. Verschiedenste Delikte wie Cyberkriminalität würden gar nicht erfasst, weil sie nicht den örtlichen Polizeipräsidien zugewiesen werden könnten. Kusterer forderte mehr Personal für die Polizei und eine volle Ausschöpfung der Strafrahmen der Justiz zur Abschreckung.
Der Gewerkschaftsboss kritisierte den starken Anstieg ausländischer Straftäter in der Statistik. "Es geht bei der Benennung von Täterstrukturen nicht um die Diffamierung ausländischer Menschen, von denen nach wie vor der größte in Deutschland lebende Anteil keine Straftaten begeht. Wer Kriminalität erfolgreich bekämpfen will, muss sich der Frage, wer welche Tat wie, wo und wann begeht, annähern." Kusterer forderte, dass straffällige Ausländer, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit seien, "nach Verbüßen der Strafe, oder auch bereits vorher, möglichst unverzüglich außer Landes gebracht werden." Das gelte auch für alle mit einer doppelten Staatsbürgerschaft.
Viele sicherheitspolitischen Notwendigkeiten, so Kusterer, würden an den Grünen scheitern. Er warf ihnen ein strukturelles Misstrauen in den Staat und besonders den Sicherheitsbehörden gegenüber vor.
Bundesagrarminister Cem Ödzemir, der in Baden-Württemberg als Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl gehandelt wird, betonte mit Blick auf die bundesweit rasant steigende Kriminalität: "Wer nach Deutschland kommt, um Schutz zu suchen und hier straffällig wird, kann keine Nachsicht erwarten. Der muss unser Land wieder verlassen." Das könne man auch nicht als soziales Problem bagatellisieren. Es wäre dennoch zu einfach, alles auf die gestiegene Migration zu schieben. Mehr Videoüberwachung an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen könne ein Baustein gegen Kriminalität im öffentlichen Raum sein.
(dpa)